Wie lange ein Beitritt zum Bündnis dauern könnte

Die Ukraine will Mitglied der Nato werden, um Sicherheit zu gewinnen. Der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz findet den Beitritt richtig.
München/Berlin – Was vor einigen Jahren als unmöglich erschien, wurde in den vergangenen Monaten immer breiter diskutiert. Die Ukraine könnte ein Mitglied der Nato werden. Seit Russland die Krim annektierte, ist der Wunsch nach dem Nato-Beitritt der Ukraine groß. Im Jahr 2019 wurde der Beitrittswunsch sogar in die ukrainische Verfassung aufgenommen. Seit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges im Frühjahr 2022 ist für die Ukraine auch klar: Sie wollen in die EU. Doch weder der eine noch der andere Beitrittswunsch lässt sich so schnell umsetzten. Dabei wäre vor allem der Nato-Beitritt die maximale Sicherheitsgarantie für die Ukraine.
Nato-Beitritt der Ukraine: Bündnis könnte dem Land Sicherheit geben
„Die Nato-Verbündeten sind sich einig, dass die Ukraine Mitglied des Bündnisses werden wird“. Das sagte Jens Stoltenberg am 28. Februar 2023 in Helsinki. Ein Satz, der der Ukraine neue Hoffnung geben kann. Es handle sich jedoch um „eine langfristige Perspektive“, dennoch ist es ein Fortschritt für die Ukraine. Was ein Beitritt der Ukraine in die Nato bedeuten kann, war auch Thema in der ARD-Sendung „Anne Will“ vom 5. März 2023. Beim Thema der Sendung „‘Mit der Waffe an der Schläfe‘ – Sind Friedensverhandlungen mit Putin derzeit möglich?“, diskutierten die Gäste darüber, welche Sicherheitsgarantien der Western der Ukraine geben kann.
Zu Gast bei Anne Will war der SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert, der Linken-Politiker Jan van Aken, die Projektleiterin und Wissenschaftlerin am Institut für europäische Politik, Ljudmyla Melnyk, der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen sowie die Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Annette Kurschus.

Auf die von Anne Will vorgetragene Aussage des Nato-Generalsekretärs reagierte Kevin Kühnert: „Ob und wann das jemals passieren wird, wissen wir heute nicht“, so Kühnert. „Solche Prozesse sind mehr als nur bloße Ankündigungen“. Die Debatte darüber, ob die Ukraine in die Nato aufgenommen werden sollte, ist langwierig. Als es 2008 um die Nato-Aufnahme von Georgien ging, wurde auch eine Mitgliedschaft der Ukraine ausgeschlossen. Unter anderem auch aus Rücksicht auf Russland, das nach der Nato-Osterweiterung nicht weiter provoziert werden sollte.
Nato-Beitritt: „Müssen ernsthaft nachdenken“ – Sicherheitsgarantie für die Ukraine
Für den Vorsitzenden der Münchner Sicherheitskonferenz ist die heutige Situation völlig anders. „Ich glaube, dass wir über eine Nato-Mitgliedschaft ernsthaft nachdenken müssen“, sagte Heusgen. Selbst ein Realpolitiker wie Henry Kissinger, der immer gegen die Aufnahme der Ukraine in die Nato war, hat seine Meinung geändert. „Um Frieden in Europa langfristig zu bewahren“, muss nach einem Friedensschluss die Ukraine in die Nato aufgenommen werden, zitiert Heusgen den ehemaligen US-Außenminister.
Er selbst glaube, dass dies sehr schwierig sein wird. Doch mit der Erfahrung, dass sich Putin an zahlreiche Abkommen nicht gehalten hat, wie etwa an das Minsker-Abkommen oder die UN-Charta nicht beachtet, muss heute ernsthaft darüber nachgedacht werden, wie man der Ukraine Sicherheit geben kann. Der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz findet es richtig, dass die Ukraine in die Nato aufgenommen wird.
Eine Alternative wäre, die Ukraine „mit Waffen vollzustopfen“, wie Heusgen erklärte. Diese Option wäre für die Ukraine eine weitere Sicherheitsgarantie. „Man kann sich auf das Wort Wladimir Putins nicht verlassen“. Auch Ljudmyla Melnyk stellte die Frage in den Raum, was für Staaten wie Deutschland, USA, Frankreich oder Großbritannien einfacher wäre. Der Nato-Beitritt oder einzelne Sicherheitsgarantien?
UN-Mandat nach Friedensabkommen in der Ukraine? Putin würde „niemals schießen“
Auf die Frage, ob es auch heutiger Sicht ein Fehler war, die Ukraine nicht in die Nato aufzunehmen, antwortet der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz gespalten. Zum einen bezieht er sich auf Artikel zehn des Nato-Vertrags, welcher besagt, dass ein Mitglied zur Stabilität der Nato beitragen muss. Die Ukraine aus dem Jahr 2008 war eine „völlig andere“, betonte Heusgen. Im Nachhinein hätte man es machen müssen, dennoch wäre es zu dem Zeitpunkt nicht möglich gewesen, hebt er hervor.
Eine weitere Lösung in der Debatte stellt der Links-Politiker van Aken vor. Er sagte, dass der Nato-Beitritt 20 oder auch 30 Jahre dauern könnte. Nach Kriegsende könnte er sich ein UN-Mandat in der Ukraine vorstellen, das von chinesischen, brasilianischen oder auch indischen Soldaten ausgeführt werden würde. Er glaubt, dass solch ein Einsatz auch eine Sicherheitsgarantie für die Ukraine sein könnte. Schließlich handelt es sich bei diesen Staaten um Russlands engste Verbündete. Putin würde „niemals auf einen chinesischen Soldaten schießen“, wie van Aken sagte. (vk)