Was ein Personenschützer dazu sagt


Ein Unbefugter schloss sich in Frankfurt am Main dem Konvoi des Bundeskanzlers an. Er gelangte auf das Flughafengelände und erreichte den Kanzler.

Olaf Scholz geht am 9. Mai auf dem militärischen Teil des Flughafens BER Berlin-Brandenburg zum Flugzeug der Luftwaffe.

Olaf Scholz geht am 9. Mai auf dem militärischen Teil des Flughafens BER Berlin-Brandenburg zum Flugzeug der Luftwaffe.Kay Nietfeld/dpa

Wie konnte das passieren? Ein wildfremder Mensch ist auf das Gelände des Flughafens Frankfurt am Main gelangt und hat Bundeskanzler Olaf Scholz umarmt. Der peinliche Sicherheitsvorfall am Mittwochabend lässt das Bundeskriminalamt und die hessische Polizei schlecht aussehen. Fachleute schütteln den Kopf.

Der Kanzler hatte am Festakt zum 25. Jubiläum der Europäischen Zentralbank teilgenommen. Als er unterwegs zum Flughafen war, um zurück nach Berlin zu fliegen, schloss sich ein 48-jähriger Autofahrer mit seinem Privatwagen einfach dem Kanzler-Konvoi an. Doch anstatt ihn abzudrängen, ließen die Beamte der hessischen Polizei, die den Konvoi auf Motorrädern und in Streifenwagen begleiteten, einfach gewähren. 

Als der Konvoi auf das Gelände des Flughafens fuhr, gelangte auch das Auto des Mannes mit hinein. Nach dem Aussteigen kam er auf den Kanzler zu, schüttelte ihm die Hand und umarmte ihn. Erst in diesem Augenblick wurden die Personenschützer des BKA auf die potenziell bedrohliche Situation aufmerksam. 

Der Mann wurde danach von der Bundespolizei am Flughafen Frankfurt festgenommen. Die Bild-Zeitung berichtete zuerst über den Vorfall.

Personenschützer: Das Fahrzeug hätte abgedrängt werden müssen

Laut Dieter J. Fox ist der Vorfall eine Katastrophe. Der frühere Bundespolizist, der 14 Jahre bei der Spezialeinheit GSG9 war und 1977 an der Befreiungsaktion der „Landshut“ in Mogadischu teilnahm, bildete selbst Personenschützer aus und war Personenschutzkoordinator für den amerikanischen Botschafter und dessen Familie.

Der 76-Jährige erklärt im Gespräch mit der Berliner Zeitung, dass er den genauen Sachverhalt vom Frankfurter Flughafen nicht kenne. Über die Polizeibegleitung sagt er aber: „Sie haben augenblicklich nicht in der besonderen Schutzlage gelebt und waren völlig unaufmerksam.“ Unter Berücksichtigung des Verkehrs hätte das Fahrzeug abgedrängt werden müssen, sagt er. Auch eine Halterfeststellung zu dem unbekannten Wagen hätte bereits während der Fahrt erfolgen können.

„Ein Grundsatz des Personenschutzes lautet: Die Schutzperson darf von niemandem behelligt werden“, sagt Fox. Bei Großveranstaltungen oder Situationen, in denen ein Politiker mit einem Bad in der Menge Bürgernähe demonstriere, könne so etwas schon mal passieren. „Aber dass jemand auf ein geschlossenes Flughafengelände gelangt, das geht gar nicht.“

Kanzler Scholz fühlte sich nicht bedroht

Die hessische Landespolizei hat nach Angaben eines Sprechers gegen den 48-Jährigen, der aus dem Raum Frankfurt stammt, ein Ermittlungsverfahren wegen Hausfriedensbruchs eingeleitet. Wer wann wo welchen Fehler gemacht habe, das vermag der Sprecher nicht zu sagen. Er verweist auf das Bundeskriminalamt.

Auch die Bundespolizei, die zuständig ist für den Schutz der Flughäfen und für den fremden Autofahrer das Tor offengelassen hat, gibt sich einsilbig und verweist auf das BKA.

Dort bestätigt eine Sprecherin, dass sich „eine männliche Person unbefugt dem Bundeskanzler näherte“. Es sei niemand verletzt worden. Sie bitte um Verständnis, dass man „aus polizeitaktischen Gründen keine weiteren Auskünfte“ erteilen werde.

Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums bezeichnet den Vorgang als „natürlich inakzeptabel“. Es sei auf den ersten Blick nicht ganz ersichtlich, wo der Fehler liege. Deshalb werde die Situation analysiert. Ein Regierungssprecher teilt mit, dass der Bundeskanzler gelassen mit dem Umarmungsvorfall umgehe. Er habe sich zu keiner Zeit bedroht gefühlt.



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