Was das für Beitragszahler und Angehörige von Pflegebedürftigen bedeutet

Karl Lauterbachs (SPD) neues Gesetzespaket zur Pflege-Entlastung tritt bald in Kraft. Ein Überblick über die wichtigsten Fragen zur neuen Pflegereform.
Berlin/München – Am Freitag (26. Mai) wurde im Bundestag entschieden, dass der Pflegebeitrag in Deutschland erhöht und gleichzeitig die Leistungen verbessert werden sollen. Damit hat die Ampel-Regierung ihre ersten Reformen in der Pflege durch den Bundestag gebracht. Während Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die Veränderungen sehr befürwortet, stoßen sie in der Opposition auf Kritik. Doch was muss ich nun vor allem als Beitragszahler wissen?

Höhere Beiträge zur Pflegeversicherung: Was bedeutet das konkret für die Beitragszahler?
Das Bundesgesundheitsministerium informiert, dass der Pflegebeitrag in Deutschland ab Juli um 0,35 Prozentpunkte des Bruttoeinkommens angehoben wird. Das wirkt sich unterschiedlich auf verschiedene Familienkonstellationen aus: Während Kinderlose dadurch zukünftig vier Prozent zahlen, erhöht sich der Beitrag bei Menschen mit einem Kind auf 3,4 Prozent.
Eltern mit mehr als zwei Kindern zahlen wiederum 3,15 Prozent, ab dem dritten bis zum fünften Kind soll der Beitrag weiter abgeschwächt werden, sodass er bei dem dritten Kind sogar weniger als heute ist. Die Beträge gelten dabei so lange, bis das Kind das 25. Lebensjahr erreicht. Der Arbeitgeberanteil beträgt immer 1,7 Prozent.
Welche Erhöhung erwartet mich als Beitragszahler?
Kinderlose: vier Prozent des Bruttoeinkommens
Eltern mit einem Kind: 3,4 Prozent
Eltern mit zwei Kindern: 3,15 Prozent
Eltern mit drei Kindern: 2,90 Prozent
Eltern mit vier Kindern: 2,65 Prozent
Eltern mit fünf Kindern und mehr: 2,40 Prozent (Quelle: Bundesgesundheitsministerium)
Lauterbach zufolge nimmt der Bund durch die Reform rund 6,6 Milliarden Euro mehr im Jahr ein. Neben den festgelegten Erhöhungen in den Pflegebeiträgen sichert sich der Bundesgesundheitsminister zudem die Option, die Beitragssätze unter bestimmten Voraussetzungen weiter zu verändern, wenn sich neue Finanzlöcher auftun. Laut Gesetzentwurf kann dies „für den Fall eines kurzfristigen Liquiditätsbedarfs“ per Rechtsverordnung erfolgen. Der Bundestag soll eine solche Verordnung aber nachträglich ändern können. Insgesamt ist die Pflegesituation in Deutschland desaströs. Im Interview erklärt ein Experte vom Pflegeschutzbund, warum das so ist und wie die Pflegeversicherung besser werden kann.
Lauterbachs Reform: Mehr Geld für häusliche Pflege sowie für Pflegebedürftige in Heimen
Gleichzeitig ist in der neuen Pflegereform geplant, das Pflegegeld zum 1. Januar 2024 um fünf Prozent anzuheben. Von der höheren Auszahlung sollen Pflegebedürftige profitieren, die daheim ehrenamtlich versorgt werden. Die Aufgabe übernehmen in der Regel Angehörige. Allerdings fällt die für 2025 geplante nächste Erhöhung des Pflegegelds geringer aus. Es soll dann um 4,5 statt wie zunächst geplant nochmals um fünf Prozent angehoben werden.
Auch Menschen in Pflegeheimen sollen ab dem 1. Januar 2024 finanziell entlastet werden. Lauterbachs Reform sieht vor, dass die Zuschläge von Pflegekassen um fünf bis zehn Prozentpunkte erhöht und direkt an die Heime gezahlt werden, um die Eigenbeteiligung zu senken. Die Höhe des Zuschlags leitet sich dabei von der Aufenthaltsdauer im Heim ab: Bei einer Verweildauer bis zu einem Jahr steigt der Zuschlag zum Beispiel von fünf auf 15 Prozent, bei einer Dauer bis zwei Jahre von 25 auf 30 Prozent.
Zuschläge für Pflegeheime: Inwiefern werden Pflegebedürftige zukünftig entlastet?
Verweildauer bis ein Jahr: Zuschlag steigt von fünf auf 15 Prozent
Verweildauer von einem bis zwei Jahre: Steigung von 25 auf 30 Prozent
Verweildauer von zwei bis drei Jahre: Steigung von 45 auf 50 Prozent
Mehr als drei Jahre: Steigung von 70 auf 75 Prozent. (Quelle: Bundesgesundheitsministerium)
Neues Gesetzespaket zur Pflege beinhaltet Entlastungsbudget für Vertretungen und weitere Änderungen
Wider Erwartungen einigten sich die Koalitionspartner außerdem auf ein Entlastungsbudget für Pflegebedürftige. Zuvor war die Regelung aus der Reform gestrichen, nun ist es doch Teil des Gesetzes. Lauterbach zufolge soll es bei der Finanzierung von Pflegeersatz helfen, wenn die zuständigen Pfleger nicht arbeiten können. Zunächst erhalten ab dem 1. Januar lediglich Eltern mit pflegebedürftigen Kindern ein Budget von 3.386 Euro. Ab 2025 soll es dann für alle Betroffenen gelten und 3.539 Euro betragen.

Die neue Pflegereform beinhaltet weitere Änderungen, die zum Beispiel eine Digitalisierung in Pflegeeinrichtung fördern sollen oder für jeden pflegebedürftigen nahen Angehörigen zehn Tage Urlaub im Jahr ermöglichen soll, für die bis zu 90 Prozent des Nettogehalts gezahlt werden sollen.
Neue Pflegereform stößt auf Kritik in der Opposition – Karl Lauterbach verteidigt sein Gesetzespaket
In der Opposition und auch anderweitig stößt die Reform vom Lauterbach auf Kritik. Verbraucherschützer haben die am Freitag (26. Mai) im Bundestag zur Abstimmung anstehende Pflegereform als unzureichend kritisiert. Laut der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) enthalte das Gesetzespaket „zu wenig Entlastung“ und „zu viel Bürokratie“. Es habe demnach zwar einige Verbesserungen gegeben, „aus Sicht Pflegebedürftiger und ihrer Angehörigen bleibt das Gesamtpaket aber eine Enttäuschung“. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) kritisierte in München, dass das Pflegesystem nicht mit Steuermitteln stabilisiert werde.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach verteidigte unterdessen seine Reform und betonte, dass mit dem Gesetzespaket deutliche Verbesserungen für pflegende Angehörige einhergehen würden. „In einer menschlichen Gesellschaft muss uns die Pflege Hochbetagter mehr wert sein“, sagte er auf einer Pressekonferenz Anfang April. Man müsse sich glücklich schätzen, dass sich so viele Angehörige der Pflege widmeten. Von insgesamt rund fünf Millionen Pflegebedürftigen in Deutschland werden fast vier Fünftel zu Hause versorgt. (nz/dpa/afp/Bundesgesundheitsministerium)