Wahl | FDP-Spitzenkandidat Sebastian Czaja: “Berlin spielt Behörden-Pingpong”
Wieder wählen die Berliner, wieder tritt Sebastian Czaja als Spitzenkandidat für die FDP an. Warum die Hauptstadt nicht funktioniert und was er ändern will.
Silvesterkrawalle, Klimakleber, Wohnungsnot – wer von außen auf Berlin blickt, denkt schnell: In der Hauptstadt regiert das Chaos. Nicht einmal demokratische Wahlen abhalten kann die rot-grün-rote Landesregierung. Am 12. Februar werden die Berliner deshalb nun abermals zur Urne gebeten.
Einer, der besonders auf diesen Tag hinfiebert, ist Sebastian Czaja. Er tritt zum dritten Mal als Spitzenkandidat für die FDP an und hofft, dass seine Partei erstmals seit dem Jahr des Mauerfalls wieder mitregieren darf. Im t-online-Interview erklärt er, was er in der Verwaltung ändern möchte, wie er trotz Inflation und hohen Bauzinsen mehr Wohnraum schaffen will und wie oft er eigentlich Fahrrad fährt.
t-online: Herr Czaja, was kann Berlin eigentlich?
Sebastian Czaja: Diese Frage stellen sich angesichts der Wiederholungswahl viele in Deutschland, und das auch zu Recht. Berlin ist eine großartige Stadt, aber sie hat eben auch große Probleme.
Ich kann verstehen, dass sich abseits Berlins viele ins Fäustchen lachen. Aber es ist tatsächlich so: Unsere Hauptstadt hat Wachstumsschmerzen, die sich im Alltag der Menschen immer stärker zeigen. Die Berliner bekommen keine Termine beim Bürgeramt, sie kriegen keine Baugenehmigungen, sie müssen zum Teil monatelang warten, wenn sie heiraten wollen. Ist doch klar, dass sich da der Eindruck aufdrängt: Hier funktioniert nichts. Genau das müssen wir ändern.
Das sagen alle. Nur wie soll das gehen?
Dafür braucht es auf Landesebene erst einmal eine Koalition, die den Ernst der Lage erkennt – und die offensichtlichsten Dinge anpackt. Lassen Sie mich ein Beispiel nennen.
Berlin ist die Stadt, in der es die meisten Auseinandersetzungen mit Klimaklebern gibt. Das liegt auch daran, dass die Politik die Aktionen der Protestler still toleriert. Damit muss Schluss sein. Wir brauchen einen funktionierenden Rechtsstaat, der konsequent gegen Straftaten vorgeht und Gesetze umsetzt. Wenn das der Fall ist, können wir über weitere Schritte sprechen.
Eines unserer wichtigsten Ziele ist die Abschaffung der zweiten Verwaltungsebene, die Entmachtung der Bezirke, was …
… in den Ohren vieler so klingt: total öde.
Aber das ist es gar nicht. Berlin funktioniert auch deshalb nicht, weil hier zu viele Behörden und Ämter im immer selben Brei herumrühren. An der Sanierung eines einzigen Schulklos tüfteln in Berlin vier Ämter herum – und am Ende will keiner für irgendetwas die Verantwortung übernehmen. Berlin spielt ständig Behörden-Pingpong. Das müssen wir auflösen.
Ein Thema, wo Berlin wie ein Brennglas der Republik wirkt, ist der angespannte Wohnungsmarkt. Sie plakatieren den Spruch “Berlin ist schön. Bauen wir mehr davon”, wollen das Wohnungsangebot erweitern. Wie soll das klappen, wenn die Inflation die Baukosten hochtreibt und gleichzeitig die Zinsen steigen?
Indem wir erst einmal wieder ein politisches Umfeld schaffen, in dem Bauherren überhaupt Lust haben, in Berlin Gebäude zu errichten. Dafür gilt zunächst: In Berlin darf es keine Enteignungen geben. Wenn Grüne und Linkspartei weiter davon fabulieren, verhindert das den Bau neuer Wohnungen. Und wenn die Bauämter Jahre für die Genehmigung von Baustellen brauchen, gehen Investoren lieber woanders hin.
Das beantwortet nicht meine Frage. Noch einmal: Was setzen Sie den steigenden Kosten entgegen, was den immer höheren Zinsen zur Baufinanzierung?
Wir müssen mit der Wohnungswirtschaft, mit den privaten Bauherren, aber auch den kommunalen Wohnungsgesellschaften und den Baugenossenschaften darüber sprechen, wie wir sie gezielt unterstützen können. Denkbar wären da etwa finanzielle Förderungen, um die die gestiegenen Kosten abzufedern – damit am Ende endlich mehr gebaut wird.
Das sind alles spannende Ideen. Aber offenbar finden die nur wenige gut: In Umfragen pendelt die FDP in Berlin zwischen 6 und 7 Prozent. Warum tut sich eine liberale Partei in der Stadt der Freiheit so schwer?