USA drohen Tiktok ohne Abspaltung von Bytedance mit Verbot

Die USA fordern die chinesischen Eigentümer Bytedance auf, seine Anteile zu verkaufen.
Peking Die US-Regierung erhöht den Druck auf den chinesischen Technologiekonzern Bytedance, die Kurzvideo-App Tiktok zu verkaufen. Andernfalls drohe ein Verbot der insbesondere bei Jugendlichen beliebten Plattform auf dem US-Markt, teilte das Unternehmen am Mittwoch mit.
Die USA werfen Tiktok vor, die nationale Sicherheit zu gefährden. Das Unternehmen weist das zurück. Ein Zwangsverkauf würde zudem das vermeintliche Sicherheitsrisiko nicht lösen, betonte die Firma in einer Erklärung. Das US-Präsidialamt lehnte eine Stellungnahme ab.
Tiktok steht als Tochter eines chinesischen Konzerns unter verschärfter Beobachtung. US-Behörden werfen dem Unternehmen vor, dass die Führung in Peking mithilfe der App Amerikaner manipulieren oder ausspionieren könnte.
Tiktok verspricht Anstrengungen beim Datenschutz
Am kommenden Donnerstag soll Tiktok-Chef Shou Zi Chew vor einem Ausschuss des US-Kongresses aussagen. Dabei soll es unter anderem um Datenschutz sowie die Beziehungen des Unternehmens zur in China herrschenden Kommunistischen Partei (KP) gehen.
Im vergangenen Jahr erklärte sich Tiktok bereit, mit dem US-Tech-Konzern Oracle zu kooperieren, um amerikanische Nutzerdaten lokal zu speichern sowie seine Software prüfen zu lassen. Zudem soll ein dreiköpfiges, von der US-Regierung genehmigtes Aufsichtsgremium eingesetzt werden.
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Insgesamt verpflichtete sich das Unternehmen, 1,5 Milliarden Dollar zu investieren, um Daten und Inhalte von US-Nutzern vor dem Zugriff oder der Einflussnahme der chinesischen Regierung zu schützen Doch die bisherigen Zugeständnisse scheinen den US-Behörden nicht auszureichen. Der Ausschuss für ausländische Investitionen in den USA (Cfius) soll eine Abspaltung gefordert haben, berichtete das „Wall Street Journal“ unter Berufung auf Insider.
Wenn es den USA tatsächlich um den Schutz der nationalen Sicherheit gehe, sei ein Eigentümerwechsel keine Lösung, heißt es in der Tiktok-Stellungnahme. Vielmehr seien transparente Schutzmaßnahmen für Daten und Systeme lokaler Nutzer vor Ort in den USA, gepaart mit einer Aufsicht durch Dritte, der beste Weg. Dies habe man bereits eigeführt.
Immer mehr Länder sehen Tiktok kritisch
Im Dezember musste Tiktok einräumen, dass Mitarbeiter persönliche Daten zweier Journalisten ausspioniert hatten. Dazu zählten unter anderem die IP-Adressen, die verraten können, wo sich eine Person befindet. Anhand der Informationen sollten mögliche Quellen der Journalisten identifiziert werden, berichtete die britische Zeitung „The Guardian“ damals mit Verweis auf eine interne E-Mail. Die Mitarbeiter wurden entlassen. Doch der Fall verdeutlicht die Problematik, dass Unternehmen in China verpflichtet werden können, mit den Behörden zu kooperieren.
Auch in anderen Ländern steht die App unter Beobachtung. Der US-Kongress, die kanadische Regierung, die EU-Kommission und das Europäische Parlament haben angewiesen, das Programm nicht mehr auf Dienstgeräten zu nutzen. Mitte Februar kündigte Bytedance an, zwei weitere Datenzentren in Europa zu eröffnen.
Damit hofft das Unternehmen, die Sicherheitsbedenken der Behörden zu zerstreuen und den Druck der Regulierungsbehörden zu verringern. Indien verbot die App nach einem geopolitischen Streit mit China komplett. Die Regierung berief sich damals auf ein Gesetz zum Schutz der „Souveränität und Integrität des Landes“.
Die chinesische Staatsführung verurteilt das US-Vorgehen gegen Tiktok. Washington würde das „Konzept der nationalen Sicherheit überstrapazieren und die staatliche Macht missbrauchen, um ausländische Unternehmen zu unterdrücken“, betonte eine Sprecherin des Außenministeriums kürzlich. In China sind ausländische soziale Medien wie Facebook, Twitter, WhatsApp, Youtube und andere gesperrt. Stattdessen dominieren lokale Anbieter wie Bytedance oder Tencent den Markt.
Dennoch diskutiert das Tiktok-Management derzeit die Möglichkeit, sich von der chinesischen Muttergesellschaft abzuspalten, um Sicherheitsbedenken zu zerstreuen. Das berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf Insider. Ein Verkauf oder ein Teilbörsengang werde dabei allerdings als letzter Ausweg betrachtet. Die chinesische Staatsführung müsste einer solchen Transaktion zustimmen. Nach Bloomberg-Schätzungen könnte das US-Geschäft von Tiktok mit 40 bis 50 Milliarden Dollar bewertet werden.
Staat besitzt „goldene Aktie“
Nach Auskunft der Tiktok-Führung befinden sich 60 Prozent der Bytedance-Aktien im Besitz globaler Investoren, darunter Sequoia Capital und KKR Japan. Die restlichen 40 Prozent gehören je zur Hälfte den Mitarbeitern sowie den Gründern des Unternehmens.
Im Zuge der Regulierungskampagne gegen Tech-Konzerne in China verkaufte Bytedance 2021 allerdings gezwungenermaßen einen Anteil von einem Prozent an eine staatliche Investmentgesellschaft, die der mächtigen Internetaufsichtsbehörde CAC untersteht. Hierbei wird von einer sogenannten „goldenen Aktie“ gesprochen, weil der Einfluss des Staates auf das Unternehmen größer ist, als eine normale einprozentige Beteiligung vermuten ließe. Deutlich wird dies auch, da seither ein Vertreter der Kommunistischen Partei im Vorstand sitzt.
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