Supervulkan erschüttert die Häuser in Italien – und zermürbt die Menschen

Der Super-Vulkan der phlegräischen Felder in Italien kommt nicht zur Ruhe: Ständige Beben zermürbt die Menschen in der Region, erste Familien wurden evakuiert.
Pozzuoli – Schon wieder hat am Super-Vulkan der phlegräischen Felder in Italien die Erde gebebt. Am Mittwoch (4. Oktober) um 10:46 wurde ein Beben der Stärke 2,6 nahe dem Solfatara-Krater registriert. Am Dienstag hatte es bereits morgens um 4:15 Uhr einen etwas schwächeren Erdstoß wenige Hundert Meter südlich des berühmten Kraters bei Pozzuoli gegeben. Sechs Stunden vorher hatte sich ein starkes Beben der Stärke 4.0 ereignet, hier lag das Epizentrum etwas weiter östlich.
Die starken Erdstöße werden stets von Dutzenden kleineren Beben gefolgt, man spricht darum von Schwarmbeben, die typisch für Regionen mit vulkanischem Untergrund sind. Und immer wieder berichten die Anwohner von lautem „Brüllen“.
Supervulkan in Italien lässt Erde beben: Steine fielen von Häusern auf die Straße
Die ständigen Beben, die auch in den westlichen Stadtteilen Neapels zu spüren sind, verursachen Schäden an den Gebäuden. In Pozzuolis Stadtteil Agnano stürzten Mauerteile auf eine Straße, sie trafen Gott sei Dank nur Autos, wie man auf einigen Videos sieht. Einige Bewohner posten Fotos von herabgefallenen Putz in ihren Häusern. Viele Bürger hatten die Nacht auf Dienstag aus Angst vor einem noch stärkeren Beben in ihren Autos geschlafen. Die Schäden waren erst am nächsten Tag zu sehen.

Die Lage am Super-Vulkan spitzt sich den Berichten des Nationalen Geophsyikalischen und Vulkanologischen Instituts INGV zu: So habe sie sich die Hebung des Bodens in und um Pozzuoli beschleunigt, ohne dass genaue Daten genannt werden. Zuletzt hob sich der Boden um 1,5 Millimeter im Monat. Das ist zwar nicht so schnell, wie bei der letzten Krise im Jahr 1984, als die Stadt Pozzuoli evakuiert wurde. Insgesamt hat sich der Boden mittlerweile mehr gehoben, als damals. Seit November 2005 stieg das Niveau um etwa 113 Zentimeter, seit Januar 2016 um rund 80 Zentimeter. In diesem Jahr hat sich die Erde schon um 25,5 Zentimeter gehoben.
Heftige Erdbeben in Italien: Video zeigt die Schäden am Tag danach
Auch die Thermometer an den Messtationen in den heißen Quellen des Solfatara zeigten mit 95 Grad höhere Werte. Allerdings macht sich das INGV offiziell mehr Sorgen um die Beben, als um einen bevorstehenden Vulkanausbruch. „Die Messwerte weisen auf keinen unmittelbar bevorstehenden Ausbruch hin“, versucht das INGV zu beschwichtigen. Die Experten vermuten, dass es heißes Wasser und Gas ist, das von einer Magmakammer in etwa acht Kilometer Tiefe erhitzt wird, die einzelne kleinere Lava-Kamine nach oben treibt.
Wenig Erfahrungen mit dem Verhalten von Supervulkanen
Allerdings gibt es wenig Erfahrungen bezüglich des Ausbruchs von Supervulkanen wie der phlegräischen Felder. Der letzte Supervulkan, der ausbrach, war 1815 der Tambora in Indonesien, der zwischen 110 und 160 Kubikkilometer Lava und Asche ausstieß. Die phlegräischen Felder brachen vor 39.000 Jahren etwa fünfmal so heftig aus.
Damals töteten pyroklastische Ströme, also bis zu 700 Grad heiße und bis zum 80 km/h schnelle Aschewolken, jedes Leben in bis zu 70 Kilometern Entfernung. Vor 15.000 Jahren gab es einen weiteren katastrophalen Ausbruch mit 40 Kubikkilometern Lava und Asche.
Experte warnt vor Ausbruch – Bewohnern zeigen sich zynisch: „Sterben wir verbrannt oder untr Schutt?“
Der Vulkanologe Giuseppe Mastrolorenzo, ebenfalls Forscher am INGV, hält so eine wie diese beiden Supereruptionen in absehbarer Zeit für möglich. Der letzte lokal begrenzte Vulkanausbruch in den phlegräischen Feldern fand 1538 statt, es entstand dabei der heutige kleine Vulkankegel Monte Nuovo, 26 Schaulustige, die während der Eruption am Kraterrand standen, starben.
„Ich möchte auch nicht, dass so ein kleiner Vulkan in meinem Keller ausbricht“, witzelt ein Mitglied der Facebook-Gruppe „Die aus der Roten Zone des Vulkans des phlegräischen Felder“. Eine Userin kommentiert die Berichte des INGV sarkastisch so: „Nichts, was wir nicht schon wussten. Wir wollen wissen, welchen Tod wir sterben müssen. Sterben wir verbrannt oder unter Schutt?“ Also in anderen Worten: Ist der Supervulkan die größere Bedrohung oder sind es die Erdbeben?
Supervulkan grollt: Sind Erdwärmebohrungen am Erwachen schuld?
Einige glauben, dass Geothermiebohrungen im Napolitaner Stadtteil Agnano im Jahr 2020 den Supervulkan geweckt haben: Damals wurde neben einem Autohaus ein Schacht gebohrt, um mit der in der Tiefe erwarteten Hitze zu heizen oder Strom zu erzeugen. Als die Bohrung 88 Meter Tiefe erreichte, schlug eine mächtige Dampfwolke aus dem Loch, das nur mühsam wieder verschlossen werden konnte.
Tatsächlich warnte der INGV-Professor Maestrolorenzo vor dem Anbohren des Phlegräischen Vulkans: „Eine Bohrung verändert eine über Jahrtausende entstandene geologische Abfolge, in der – wenn wir das so sagen können – alles an seinem Platz ist und es auf falsche Weise schließen könnte. Dies führt zu einer Gasansammlung im Kanal und damit allgemein auch zu Explosionen.“
Ein Video von 2020 zeigt, wie der Geysir dampfte. Die Stadt Pozzuoli ordnete damals einen sofortigen Bohrstopp an. Ein Facebook-User erinnert jetzt an den Vorfall und meint: „Millionen Menschen leben im Raum der phlegräischen Felder und sind gefährdet. Von den zuständigen Behörden ist es verantwortungslos, mit dem Riesen-Vulkan im Untergrund, zu spielen. Ich weiß nicht, wer das alles autorisiert hat, aber ein Experiment im Untergrund von Neapel zu machen, ist wirklich verrückt.“