Stornierungen im Wohnungsbau nehmen zu

In Deutschland fehlt es an Wohnungen. Dennoch wird zu wenig gebaut. Doch es gibt nicht nur weniger neue Bauaufträge. Auch bestehende Bauaufträge werden immer häufiger storniert.
München – Wohnraum ist in Deutschland ein knappes Gut. Am Wohnungsmangel wird sich wohl auf absehbare Zeit wenig ändern, es wird immer weniger gebaut. 2022 wurden nach Angaben des Statistischen Bundesamtes der Bau von 354.400 Wohnungen genehmigt. Das waren 26.300 Wohnungen weniger als im Jahr 2021 und der tiefste Stand seit 2018.
Umfrage des Münchner Ifo Instituts: Immer mehr bestehende Bauaufträge werden storniert
In diesem Jahr ging es weiter mit den schlechten Nachrichten. Im Januar wurden 21.900 Wohnungen in Deutschland genehmigt, gut ein Viertel weniger als im Vorjahresmonat. „Der Wohnungsbau ist in einer Schockstarre“, kommentierte Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer Zentralverband Deutsches Baugewerbe, diese Entwicklung. Es würden Wohnungen gebraucht wie seit Jahrzehnten nicht, aber es fehlten die Aufträge.

Es kommt noch schlimmer. Es fehlen nicht nur neue Aufträge, immer mehr bereits bestehende Aufträge werden storniert. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Münchner Ifo Instituts. Meldeten im Januar noch 13,6 Prozent der Wohnungsbaubetriebe abgesagte Aufträge, waren es im Februar bereits 14,3 Prozent. „Das Neugeschäft leidet stark unter den deutlich höheren Zinsen und den gestiegenen Baukosten“, erklärte Ifo-Forscher Felix Leiss die Entwicklung.
Umfrage des Münchner Ifo-Instituts: „Im Wohnungsbau geht die Angst um“
Im Mittel seien die Auftragsbücher zwar immer noch gut gefüllt, aber etliche Unternehmen klagten bereits über einen Auftragsmangel, so Leiss weiter. 23,4 Prozent der Wohnungsbaubetriebe berichteten laut Ifo von zu wenig Aufträgen. Im Januar waren es sogar 25,3 Prozent gewesen. Vor einem Jahr lag die Zahl den Angaben zufolge bei 9,5 Prozent.
6,9 Prozent der Firmen klagten zudem über Finanzierungsschwierigkeiten, verglichen mit 5,5 Prozent im Januar und 3,1 Prozent im Februar 2022. „Im Wohnungsbau geht die Angst um“, sagt Leiss. Die Geschäftserwartungen seien auf einen neuen Tiefststand seit Beginn der Erhebung im Jahr 1991 gefallen. Der Erwartungsindikator notierte bei minus 65,6 Punkten.
Wohnungsbau in Deutschland: Auftragseingang ins Bodenlose gesunken
Es wird nicht mit einer schnellen Trendwende gerechnet. „Leider wird die Aussicht für 2023 nicht besser werden“, so Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie. Im Gegenteil, aufgrund der zu geringen Neubauförderung von 1,1 Milliarden Euro, verschärften Anforderungen an die Energieeffizienz und hohen Zinsen würden gerade Wohnungsbaugesellschaften nicht in der Lage sein, investieren zu können.
„Der Auftragseingang im Wohnungsbau ist schon jetzt ins Bodenlose gesunken“, so Müller. 2023 sei deshalb nur noch mit der Fertigstellung von bestenfalls 250.000 Wohnungen zu rechnen.