Skandal um Ex-Kanzlerin der FU geht weiter (nd-aktuell.de)


Aus Datenschutzgründen alle Personalakten zu schreddern, erscheint der neuen Verdi-Betriebsgruppe dann doch etwas weit hergeholt.

Aus Datenschutzgründen alle Personalakten zu schreddern, erscheint der neuen Verdi-Betriebsgruppe dann doch etwas weit hergeholt.

Foto: dpa/Emily Wabitsch

Neue Vorwürfe gegen die geschasste FU-Kanzlerin Andrea Bör: Die Verdi-Betriebsgruppe an der Freien Universität wirft ihr vor, in Zusammenarbeit mit der ehemaligen Personalratsvorsitzenden die Arbeit des im Winter 2020 neu gewählten Personalrats systematisch behindert zu haben. Unter anderem sollen unzählige Akten des Personalrats geschreddert worden sein. Bör ist seit Jahresanfang beurlaubt, nachdem bekannt geworden war, dass sie hinter dem Rücken der universitären Gremien einen Gegenkandidaten zu Universitätspräsident Günther Ziegler hatte suchen lassen. Bis zum Abschluss eines Disziplinarverfahrens bleibt sie formal weiter die Kanzlerin der FU.

Die Verdi-Betriebsgruppe, die alle Sitze im aktuellen Personalrat hält, beschreibt in einer Pressemitteilung, dass im Dezember 2020, kurz nach der Abwahl eines verwaltungsnahen Personalrats, unzählige Akten zu Personalvorgängen vernichtet worden seien. Darunter seien für die Bezahlung relevante Stellenbeschreibungen, Dienstvereinbarungen, sogar Unterlagen zu verwaltungsrechtlichen Gerichtsverfahren gewesen. »Der neue Personalrat kam nach der Wahl in ein komplett ausgeräumtes Büro«, erzählt eine Verdi-Vertrauensperson, die anonym bleiben will.

Ohne die Akten seien Personalvorgänge der vergangenen Jahre nicht mehr nachvollziehbar. Zudem könnte man sich bei aktuellen Personalfragen nicht an vergangenen Fällen orientieren. »Es musste bei null angefangen werden«, sagt die Verdi-Vertrauensperson. Die ehemalige Personalratsvorsitzende Gilda Langkau und Kanzlerin Bör begründeten die nächtliche Schredder-Aktion mit datenschutzrechtlichen Erfordernissen. »Die meisten Akten hatten die Löschfrist noch lange nicht erreicht«, heißt es jedoch aus der Betriebsgruppe.

Die Verdi-Betriebsgruppe vermutet, dass die Akten geschreddert wurden, um eine Reihe von Stellenbesetzungsverfahren für Leitungspositionen zu verschleiern. Die Stellen wurden ohne Ausschreibung und Bewerbungsverfahren direkt an Beschäftigte der FU vergeben. Das gesetzlich vorgeschriebene Prinzip der Bestenauslese sei so umgegangen worden. Unter anderem Verwaltungsspitzen in den Fachbereichen und Referatsleitungen seien auf diese Weise besetzt worden. Besonders pikant: Auch die ehemalige Personalratsvorsitzende Gilda Langkau, laut Verdi hauptverantwortlich für das Schreddern der Akten, wurde während ihrer Amtszeit auf eine Stelle in der zentralen Universitätsverwaltung befördert. Dort leitete Langkau ein Digitalisierungsprojekt der FU – ohne zuvor je im Bereich IT gearbeitet zu haben. »Hätte es eine Ausschreibung gegeben, hätte sie sich nie gegen IT-Spezialisten durchsetzen können«, vermutet die Verdi-Vertrauensperson. Später wurde Langkau erneut befördert, heute ist sie im Stab der ersten Vizepräsidentin Verena Blechinger-Talcott für »Universitätskultur und Organisationsmanagement« zuständig.

Auf Anfrage teilt die Pressestelle der FU mit, dass der Universitätsleitung keine offizielle Meldung von verlorenen Akten vorliege. Stellen direkt zu besetzen sei in großen Organisationen üblich. »Der Freien Universität liegen keine konkreten Anhaltspunkte für missbräuchliche oder falsch erfolgte Stellenbesetzungen vor«, schreibt die Pressestelle. Langkau selbst reagierte bis Redaktionsschluss nicht auf eine nd-Anfrage.

Die Verdi-Betriebsgruppe fordert nun eine Kontrollkommission, um die Stellenbesetzungen der letzten Jahren nachzuvollziehen. Zudem sollen außertarifliche Sonderzahlungen an Beschäftigte in Leitungspositionen offengelegt werden. Für Verdi liegen die Probleme aber noch tiefer: Auch nach der Beurlaubung Börs würden beispielsweise die Betriebshandwerker und Medientechniker zu niedrig eingruppiert, im Botanischen Garten Tarifverträge durch Werkverträge mit Fremdfirmen umgangen. Die Verdi-Vertrauensperson bemerkt, wie niedrig Beschäftige überboten würden, »während eine kleine Gruppe mit zweifelhaften Methoden Karriere macht.«





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