Schwedische Banken demonstrieren Stärke – Gefahr aber noch nicht gebannt


Stockholm

Turbulenzen auf dem Immobilienmarkt hatten zu Befürchtungen geführt, dass die nordeuropäischen Banken wegen ihres großen Engagements in Gewerbe-, aber auch Privatimmobilien unter Druck geraten könnten.

(Foto: Getty Images)

Stockholm Nach den jüngsten Spekulationen von Leerverkäufern gegen schwedische Großbanken haben Anleger die Quartalszahlen der Geldhäuser mit Spannung erwartet. Doch SEB, Swedbank, Handelsbanken sowie die finnisch-schwedische Nordea konnten in dieser Woche positiv überraschen: Die Gewinne der Institute stiegen beachtlich, die Kreditverluste seien „unbedeutend“, urteilten Marktexperten mehrheitlich nach dem Bekanntwerden der aktuellen Quartalszahlen.

Erst vor wenigen Tagen hatte die schwedische Notenbank erneut die Leitzinsen um einen halben Prozentpunkt angehoben. Zudem führten Turbulenzen auf dem Immobilienmarkt zu Befürchtungen, dass die nordeuropäischen Banken wegen ihres großen Engagements in Gewerbe-, aber auch Privatimmobilien unter Druck geraten könnten.

Aber die Bilanzen bestätigten sich die Einschätzung von Daniel Barr, Chef der schwedischen Finanzaufsicht, der von einer Krise der Banken nichts wissen wollte. Bereits in dem Ende März veröffentlichten „Bankbarometern“ bescheinigte seine Behörde den vier dominierenden Banken Nordea, Handelsbanken, SEB und Swedbank insgesamt gute Noten.

„Schwedische Banken haben weiterhin eine bessere Rentabilität als europäische Banken, und der Unterschied ist noch ein wenig im vergangenen Halbjahr gewachsen“, heißt es in dem Bericht.

Nach Bekanntgabe der positiven Quartalszahlen bewegten sich die Aktienkurse der Geldhäuser dennoch leicht nach unten. Anleger sind besorgt, dass Hedgefonds mit sogenannten Leerverkäufen weiter auf einen Kursverfall der Banken wetten könnten.

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Bei Leerverkäufen leihen sich etwa Hedgefonds gegen eine Gebühr Aktien bei Großinvestoren wie Pensionsfonds oder Versicherungen aus.

Sie verkaufen diese geliehenen Papiere sofort nach Erhalt und hoffen, dass sie die Aktien vor dem vereinbarten Rückgabetermin zu einem niedrigeren Preis wieder zurückkaufen können. Geht die Rechnung auf, streichen sie die Differenz zwischen Verkaufs- und Neukaufpreis als Gewinn ein.

Von diesen Leerverkäufen war dann auch vor allem Handelsbanken betroffen. Die schwedische Bank ist von den nordeuropäischen Banken am stärksten im gewerblichen Immobiliensektor engagiert. Noch im März waren elf Prozent aller Handelsbanken-Aktien an Leerverkäufer ausgeliehen.

Mittlerweile aber hat sich die Lage etwas entspannt: Mitte dieser Woche waren es nur noch etwas mehr als drei Prozent. Robert Andersson, Analyst beim Verband der Aktionäre, kann die Wetten auf fallende Kurse nicht nachvollziehen. „Mir fällt es schwer zu glauben, dass Handelsbanken Geld im Immobiliensektor verlieren wird“, erklärte er in der Verbandszeitschrift.

Kreditverluste sind „unbedeutend“

Die Kreditverluste bei Handelsbanken lagen im ersten Quartal dieses Jahres bei umgerechnet 2,6 Millionen Euro. Analysten hatten mit mehr als dem Zehnfachen gerechnet. Auch die anderen Banken wiesen sehr niedrige Kreditverluste aus.

Demgegenüber stiegen die Gewinne der Häuser beachtlich: So gibt Handelsbanken ein Ergebnis von 9,2 Milliarden Kronen (810 Millionen Euro) an. Im Vorjahresquartal waren es nur 7,2 Milliarden Kronen gewesen.

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Auch Swedbanks Ergebnis war mit 12,6 Milliarden Kronen ( 1,11 Milliarden Euro) deutlich höher als vor einem Jahr. Das Ergebnis der finnisch-schwedischen Nordea stieg auf 1,5 Milliarden Kronen (130 Millionen Euro), die SEB konnte ihr Ergebnis gegenüber dem Vorjahresquartal nahezu auf 10,9 Milliarden Kronen (960 Millionen Euro) verdoppeln.

Der Grund für die guten Ergebnisse ist der Zinsertrag, also die Differenz zwischen Einlage- und Ausleihezins. Bei der Swedbank stieg er um 77 Prozent. Nordea weist ein Plus von 35 Prozent aus, SEB von 60 Prozent und Handelsbanken von 44 Prozent.

Die Feierlaune bremste dennoch SEB-Chef Johan Torgeby. Er warnte, dass die für die Banken guten Zeiten mit hohen Kreditzinsen und niedrigen Einlagezinsen bald vorbei sein könnten. „Früher oder später ist Schluss damit“, sagte er.

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Problematisch könnten für die Geldhäuser Ausfälle bei Krediten für Gewerbe- und Privatimmobilien werden, wenn die Kreditnehmer ihre Hypotheken wegen gestiegener Zinsen bei gleichzeitigen Preisrückgängen auf dem Immobilienmarkt nicht oder nicht pünktlich zurückzahlen können.

Das ist der Grund dafür, warum Analysten die hohe Zahl flexibler Kredite besorgt. Kredite mit flexiblen Zinsen sind in Schweden seit Langem die bevorzugte Wahl. Bei Gewerbeimmobilien sieht es nicht gut aus: Sehr große Anleihevolumen werden noch in diesem Jahr fällig. 2023 müssen Immobilienunternehmen Schulden in Höhe von rund zehn Milliarden Euro zurückzahlen. Bis 2026 steigt der Refinanzierungsbedarf sogar auf 42 Milliarden Euro.

Verkauf von Immobilienobjekten

Um das zu stemmen, haben mehrere Immobiliengesellschaften bereits den Verkauf von Objekten angekündigt. Wie bei Privatkunden hatten sich auch die meisten Immobilienkonzerne über variabel verzinste Anleihen finanziert.

In den vergangenen Jahren mit extrem niedrigen Zinsen ist das gut gegangen. Jetzt allerdings geraten die Konzerne unter Druck. Und der könnte sich auf die Banken ausweiten, da rund Zweidrittel aller Kredite in Schweden Immobilienkredite sind. Das ist deutlich mehr als in den meisten anderen europäischen Ländern.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat die schwedische Regierung aufgefordert, von den Banken eine höhere Kapitaldecke zu verlangen und die Kontrollen der Banken zu intensivieren.

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