Russland wirft den USA Bruch des Nuklearabkommens vor


Nachdem die USA Russland eine Nichteinhaltung des Atomwaffen-Kontrollvertrags „New Start“ vorgeworfen haben, äußert der Kreml seinerseits Kritik.
Moskau/Washington DC – Nach Vorwürfen aus den USA, dass die Regierung in Russland sich nicht an Vereinbarungen aus dem Atomwaffen-Kontrollvertrag „New Start“ gehalten habe, hagelt es nun auch aus dem Kreml Kritik an den Staaten: Washington habe ebenfalls gegen Abrüstungsvereinbarungen verstoßen. Die Vereinigten Staaten hätten „den rechtlichen Rahmen im Bereich der Abrüstung und Sicherheit zerstört“, sagt Kreml-Sprecher Dmitri Peskow in Moskau am Mittwoch (1. Februar) dazu.
Der russische Botschafter in den USA, Anatoli Antonow, bezeichnet die Kritik als „sensationell“ und erklärt auf Facebook, die Verantwortung für die Probleme im Atomabkommen liege „komplett bei Washington“. Sie seien demnach eine „direkte Folge des hybriden Krieges, den der Westen gegen [Russland] entfesselt hat“. Moskau habe sich „tadellos“ an das Abkommen gehalten und werde dies auch weiterhin tun.
Atomabkommen „New Start“ von Russland und USA durch „geopolitische Realität“ beeinflusst
Das US-Außenministerium hatte am Dienstag (31. Januar) bemängelt, dass Russland Inspektionen ausgesetzt und geplante Rüstungskontrollgespräche abgesagt habe. Der im Jahr 2010 geschlossene „New Start“-Vertrag ist die einzige noch bestehende atomare Abrüstungsvereinbarung zwischen den USA und Russland. Sie verpflichtet beide Länder dazu, ihre atomaren Sprengköpfe jeweils auf maximal 1550 zu reduzieren.
Russland habe die USA wiederholt davor gewarnt, dass „die Rüstungskontrolle nicht von den geopolitischen Realitäten isoliert werden kann“, erklärte Antonow weiter. Unter den gegenwärtigen Bedingungen halte er es für „ungerechtfertigt, unzeitgemäß und unangemessen“, das US-Militär in strategische russische Einrichtungen einzuladen. Bereits im August hatte Moskau angekündigt, es werde die US-Inspektionen seiner Militärstandorte im Rahmen des Abkommens aussetzen.
Durch den Ukraine-Krieg des russischen Präsidenten Wladimir Putin sind die diplomatischen Beziehungen zwischen Washington und Moskau auf einem neuen Tiefpunkt angelangt. Zudem gibt es vonseiten der russischen Regierung immer wieder Andeutungen dazu, dass Russland im Ernstfall auch nicht vor der Zündung seiner Atomwaffen zurückschrecken würde.
Atomabkommen: Russland wirft USA Eskalation des Ukraine-Krieges vor
Kreml-Sprecher Peskow ging am Mittwoch auch auf unbestätigte Berichte ein, wonach Washington der Ukraine Raketen mit einer Reichweite von bis zu 150 Kilometer liefern wolle. Er warf den USA vor, zu einer weiteren Eskalation des Ukraine-Krieges beizutragen. Allerdings relativierte er auch die Auswirkungen solcher möglicher Raketenlieferungen: „Es würde größere Anstrengungen für uns bedeuten. Aber, nochmal, es würde den Ablauf der Ereignisse nicht ändern.“
Russland äußerte nun zudem Zweifel an der Fortsetzung des Abkommens: „Es gibt wenige Hinweise darauf“, sagte Peskow laut der Agentur Interfax auf die Frage nach der geplanten Verlängerung von „New Start“. US-Präsident Joe Biden hatte kurz nach seiner Amtsübernahme vor zwei Jahren das Abkommen bis 2026 verlängert. Auch Russlands Vize-Außenminister Sergej Rjabkow bezeichnete ein Auslaufen des Abkommens über die strategische atomare Abrüstung als „sehr mögliches Szenario“ bezeichnet.
Russland und USA: Atomabkommen ist „unverzichtbares Mittel“
Peskow fügte seinen Worten allerdings dennoch hinzu: „Wir halten die Fortsetzung dieses Vertrags für sehr wichtig.“ Auch Antonow erklärte gegenüber der russischen Nachrichtenagentur RIA Novosti, dass Moskau weiterhin an dem Vertrag festhalte und bezeichnete das Abkommen als „nützliches Instrument“ für die Beziehungen zwischen den Atommächten. Allerdings könne es „keine Fortschritte bei der Rüstungskontrolle geben, ohne dass die USA überdenken, Russland eine strategische Niederlage zufügen zu wollen“.
Ein Sprecher des Außenministeriums erklärte gegenüber dem Nachrichtenportal Newsweek, dass auch die USA den Vertrag schätzten: Sie „betrachten die nukleare Rüstungskontrolle weiterhin als ein unverzichtbares Mittel zur Stärkung der Sicherheit der USA, ihrer Verbündeten und der Welt. Sie ist in Zeiten von Spannungen, in denen Leitplanken und Klarheit am wichtigsten sind, umso wichtiger“, so der Sprecher. Die Vereinigten Staaten seien weiterhin bereit, konstruktiv mit Russland zusammenzuarbeiten, um das Abkommen umzusetzen. (na/dpa/afp)