“Rheingold” von Fatih Akin: Weltpremiere auf dem Filmfest Hamburg | NDR.de – Kultur


Stand: 01.10.2022 12:39 Uhr

In Fatih Akins Gangster-Biopic “Rheingold” geht es um das Leben des Rappers Xatar, das er allerdings wie ein zähes und eindimensionales Abziehbild zeigt – ganz ohne die Glaubwürdigkeit und Authentizität seiner früheren Filme.

von Bettina Peulecke

Fatih Akin gehört zu den besten Regisseuren Deutschlands. Sein neuer Film “Rheingold”, der gestern auf dem Hamburger Filmfest seine Weltpremiere feierte, erzählt die Geschichte des Rappers Xatar, vom Gefängnis bis zum erfolgreichen Unternehmer.

VORSCHAU: Trailer: “Rheingold” (2 Min)

“Rheingold”: Story von Xatars Autobiografie “Alles oder Nix”

Mit bürgerlichem Namen heißt er Giwar Hajabi, sein Künstlername Xatar bedeutet “Gefahr”. Xatar ist aus der deutschen Hip-Hop-Szene nicht wegzudenken, er hat mehrere eigene Labels, Stars wie Schwesta Ewa gefördert und drei Alben auf Platz 1 der Charts gebracht. 2015 veröffentlichte er seine Autobiografie “Alles oder Nix”, auf der “Rheingold” basiert.

Der Regisseur, Drehbuchautor und Produzent des Films, Fatih Akin, hat ein Faible für raue Stoffe, und das Leben von Xatar ist alles andere als sanft: Drogenhandel, Kleinkriminalität, bis hin zu einem spektakulären Goldraub, der ihn 2009 berühmt machte und für den er in den Knast ging.

Aus Giwar Hajabi wird der Rapper Xatar

Geboren wurde er im Iran, sein Vater ist der Musikprofessor und Komponist Eghbal Hajabi. Anfang der 1980er-Jahre flüchteten seine Eltern in den Irak. Nach den Übergriffen Saddam Husseins auf die kurdische Minderheit kamen die Eltern und der dreijährige Sohn ins Gefängnis, wo seine Mutter gefoltert wurde.

Szene aus dem Film "Rheingold" von Fatih Akin © Warner Bros. Pictures Germany


Die ersten Jahre seines Lebens verbringt Giwar Hajabi als Sohn eines Musikprofessors und Komponisten im Iran und Irak, bevor die Familie nach Deutschland kommt.

Im Film sagt er, dass die ersten Erinnerungen seines Lebens die ans Gefängnis sind. Mit Hilfe des Roten Kreuzes kam die Familie über Paris als Asylbewerber nach Bonn. Dort lebten sie in einem Sozialbau am Rande der damaligen Landeshauptstadt.

Der junge Giwar strebt nach Geld und Ruhm. Das Gesetz der Straße ist unerbittlich. Er will nicht der sein, der verprügelt wird. Und so wird aus Giwar durch das Boxtraining Xatar. Nun verkörpert er Gefahr für die anderen. Drogen verticken gehört zum Alltag und durch einen Freund steigt er in größere Geschäfte ein.

Ein Raub bringt Xatar ins Gefängnis

Als er eine Ladung Flüssigkoks durch einen Auffahrunfall verliert, wird es brenzlig für ihn. Um dem Kartell den finanziellen Verlust zu ersetzen, plant er einen Raub bei einem Händler in Stuttgart, der Zahngold ankauft. Es geht um gut 100 Kilogramm Gold.

Der Raub gelingt, aber Xatar und seine Komplizen werden weltweit gesucht und gejagt. Schließlich landen sie im Gefängnis. Zwischenzeitlich hat Xatar auch seine Liebe zur Musik entdeckt, eine Zeitlang sogar Musikmanagement studiert. Hip-Hop ist sein Ding. Die Sache wird er im Knast verfolgen und in die Tat umsetzen.

Fatih Akins “Rheingold” fehlt Authentizität und Herzblut

Unter einer Decke, mit Diktiergerät in der Hand, rappt er seine Texte und schickt sie nach draußen. So entsteht sein erstes Album. Wieder auf freiem Fuß wird Xatar ein erfolgreicher Musiker und Unternehmer. Der deutsche Shooting Star des Jahres, Emilio Sakraya, verkörpert diesen Mann redlich, wirkt im Vergleich zum echten Xatar allerdings optisch ein bisschen wie eine Weichspüler-Variante.

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Die Fatih Akin gern zugeschriebene Street Credibility, die Glaubwürdigkeit und Authentizität seiner frühen Filme, das Herzblut wie in “Kurz und Schmerzlos” oder “Gegen die Wand”, fehlt “Rheingold”.

“Rheingold” hätte gute Chancen auf die Goldene Himbeere

Szene aus dem Film "Rheingold" von Fatih Akin © Warner Bros. Pictures Germany


In der Hauptrolle ist Emilio Sakraya (in der Mitte), der im Vergleich zum echten Xatar allerdings ein bisschen wie eine Weichspüler-Variante wirkt.

Akin erzählt keine Geschichte, er spult einfach nur ab. Er zeigt das Leben von Xatar wie ein eindimensionales Abziehbild, und dieses Zeigen dauert zähe zweieinhalb Stunden. Am Ende läuft dann noch ein bisschen Wagner, schließlich gibt es ja auch die “Rheingold”-Oper – das passt dann zwar so wie die Faust aufs Zwerchfell, ist allerdings auch die einzige schöne filmische Finesse.

Fatih Akin hat tolle Filme gemacht, er ist ein ausgezeichneter Regisseur, der den Goldenen Bären, den Golden Globe und den Goldenen Leoparden bekommen hat. “Rheingold” hingegen hätte gute Chancen auf die Goldene Himbeere. Allen Fans sei geraten: Am besten ganz schnell vergessen und sich auf seinen nächsten Film “Amrum” freuen, in dem es um die Kindheit von Kollege Hark Bohm geht.

 

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“Rheingold”

Genre:
Drama
Produktionsjahr:
2021
Produktionsland:
Deutschland, Niederlande, Marokko, Mexiko
Zusatzinfo:
Mit Julia Goldberg, Emilio Sakraya, Kazim Demirbas u.v.a.
Regie:
Fatih Akin
Länge:
140 Minuten
FSK:
ab 16 Jahre
Kinostart:
27. Oktober 2022

Dieses Thema im Programm:

NDR Info |
Kultur |
02.10.2022 | 07:55 Uhr

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