Prozess: Bestatter als Liebes-Betrüger verurteilt | Regional

Rostock – Adrettes Auftreten, gepflegtes Äußeres, immer im Anzug und ganz viel Herz-Schmerz-Gefühl. So erschwindelte er sich das Vertrauen der Trauernden – und deren Zuneigung.
Vor dem Rostocker Amtsgericht musste sich der Rostocker Bestatter Enrico B. (49) wegen Betruges in zehn Fällen verantworten. Er soll sich an trauernde Frauen herangemacht und ihnen Liebe vorgespielt haben. Schließlich habe er die Betroffenen, so die Anklage, dazu bewegt, ihm insgesamt rund 233 000 Euro zu überweisen. Sie hatten auf eine gemeinsame Lebensplanung gehofft.
Die angeklagten Taten hatten sich zwischen Juni 2017 bis April 2018 ereignet. Nachdem sich ein abgezocktes Opfer im Internet geäußert hatte, war die Masche des Bestatters aufgeflogen. Es hatten sich in kurzer Zeit weitere Betroffene gemeldet.
Dabei handelt es sich um eine Frau (37), die ihre Tochter durch plötzlichen Kindstod verloren hatte, um eine Unternehmerin (64), deren Mann an Krebs gestorben war sowie um eine Bankangestellte (62), die der Bestatter im beruflichen Umfeld kennengelernt hatte. Sie stellten Strafanzeige gegen ihn.
Nach Angaben der Frauen hatte sich Enrico B. sehr einfühlsam und liebevoll um sie gekümmert, als sie emotional eine schlimme Zeit durchmachten. Es entwickelten sich daraus Liebesbeziehungen. Das Geld, das sie ihm geliehen hatten, sahen sie größtenteils nicht wieder. Der Mann beglich damit offenbar seine Schulden. Als die Frauen auf Rückzahlung pochten, brach er die Kontakte ab.
Die 64-jährige Unternehmerin, die dem Bestatter in mehreren Tranchen rund 140 000 Euro überwiesen hatte, sagte am Dienstag als Zeugin aus: „Nach dem Tod meines Mannes war ich froh, dass er da war“, so die Frau. Aber Enrico B. sei ein Meister der Manipulation gewesen, sagte sie. „Ich war wie unter Hypnose.“ Bis auf einen Betrag von rund 8000 Euro habe sie kein Geld zurückbekommen.
Benjamin Richert, der Verteidiger des Bestatters, weist die Vorwürfe zurück. Sein Mandat und die Frauen hätten vor allem körperliche, weniger emotionale Bindungen gehabt – wenngleich er sich zu ihnen hingezogen gefühlt habe. Eine von ihnen habe selbst behauptet, sie kehre wegen des guten Sexes immer zu ihm zurück, so der Anwalt. Enrico B. habe angeblich nie versprochen, die Frauen zu heiraten oder dauerhaft mit ihnen zu leben. „Ich hatte echte Gefühle zu den Frauen, es ging immer nur um Sex“, so der Angeklagte.
Ihr Geld werden die Klägerinnen wohl vorerst nicht zurückerhalten. Gegen den Bestatter läuft inzwischen ein Insolvenzverfahren.
Am Dienstag (16. Mai) sprach die Richterin ihr Urteil: Wegen des gewerbsmäßigen Betruges dreier Frauen in mehreren Fällen muss der Bestatter drei Jahre und zehn Monate in Haft!
Der Verurteilte hat bereits mehrere Vorstrafen unter anderem wegen Betruges. Weil neun der nun verhandelten Taten in den Zeitraum fielen, für die es bereits eine Verurteilung gibt, wurde diese aufgehoben. Stattdessen verhängte das Gericht eine Strafe von drei Jahren. Für zwei weitere jetzt verhandelte Taten außerhalb des fraglichen Zeitraums sprach das Gericht zusätzlich eine Haftstrafe von zehn Monaten aus. Außerdem ordnete es den Einzug von etwa 195.000 Euro als Wertersatz an.