Ohne Anhörung in Psychiatrie eingewiesen: Richterin verurteilt | NDR.de – Nachrichten – Niedersachsen

Stand: 06.03.2023 13:54 Uhr
Im Verfahren vor dem Landgericht Stade ist eine ehemalige Richterin schuldig gesprochen worden. Die 54-Jährige hatte Menschen ohne Anhörung in die geschlossene Abteilung einer Psychiatrie eingewiesen.
Das Landgericht sah es in seinem Urteil am Montag als erwiesen an, dass ihr Vorgehen kein Augenblicksversagen gewesen sei. Sie hätte eine Belastungsanzeige stellen können. Die Angeklagte hatte im Verfahren keinen der ihr zur Last gelegten 15 Fälle bestritten. Sie sei aber dienstlich und privat überlastet gewesen und habe nicht vorsätzlich gehandelt. Dem folgten die Richter jedoch nicht und verurteilten sie wegen Rechtsbeugung. Die 54-Jährige kann in Revision gehen. Falls das Urteil rechtsgültig wird, verliert sie ihr Richteramt.
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Gegen den Willen in Psychiatrie eingewiesen
Die Frau hatte sich bis 2020 als Betreuungsrichterin am Amtsgericht Rotenburg mit Menschen befasst, die nicht in der Lage waren, in rechtlichen Fragen Entscheidungen zu treffen. In 15 Fällen soll sie angeordnet haben, Betroffene, darunter Menschen mit geistigen Behinderungen, gegen ihren Willen in der geschlossenen Anstalt einer Psychiatrie unterzubringen – und das, ohne die Personen persönlich anzuhören.
Ermittlungen liefen seit 2018
Unter bestimmten Bedingungen kann jemand eingewiesen werden, ohne vorher angehört worden zu sein – etwa, wenn akute Suizidgefahr besteht. Aber spätestens innerhalb von 24 Stunden muss der Eingewiesene die Möglichkeit bekommen, sich zu äußern. Bei sechs der insgesamt 15 Fälle soll das nicht passiert sein. Die Ermittlungen gegen die Richterin laufen seit 2018 – was bedeutet, dass das Amtsgericht Rotenburg die Angeklagte zwei Jahre weiter als Betreuungsrichtern beschäftigt hatte, obwohl die Staatsanwaltschaft bereits gegen sie ermittelte.
