Neun Mythen, die jeder Senior kennen sollte

Um die Rente ranken sich hartnäckige Mythen und Irrtümer. Wir zeigen im Überblick, was Sie zur Altersvorsorge unbedingt wissen müssen.
Frankfurt – Kaum ein Thema ist derart komplex und viel diskutiert wie die Rente in Deutschland. Viele verbinden mit dem Ruhestand vor allem Altersarmut. Nach Angaben des Bundessozialministeriums stehen jeder fünften Rente beziehenden Person monatlich weniger als 500 Euro zur Verfügung. Angesichts der Corona-Pandemie, steigender Kosten für Verbrauchende sowie horrender Mietpreise ist die Belastung für den Geldbeutel enorm.
Doch den Durchblick im Rentensystem zu haben, ist gar nicht so einfach. Zahlreiche Irrtümer ranken sich rund um die Altersvorsorge in der Bundesrepublik. Ein Überblick, welche Mythen Rentnerinnen und Rentner kennen sollten.
1. Altersvorsorge in Deutschland: Kommt die Rente automatisch?
Eine weitverbreitete Annahme ist, dass die Rente mit dem Eintritt in den Ruhestand automatisch monatlich auf das Konto überwiesen wird. Das stimmt so allerdings nicht.

Alle Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung müssen schriftlich beantragt werden. Die Deutsche Rentenversicherung empfiehlt, den Rentenantrag etwa drei Monate vor dem beabsichtigten Beginn einzureichen.
2. Ruhestand in Deutschland: Muss die Rente versteuert werden?
Zu beachten ist auch die Versteuerung der Rente. Die Ansicht, Renten seien steuerfrei, ist weit verbreitet, aber falsch. Renten sind grundsätzlich Einkommenssteuer- beziehungsweise Lohnsteuerpflichtig. Allerdings wird das Geld nicht voll versteuert.
Wer bis 2005 in Rente gegangen ist, musste lediglich 50 Prozent seiner Bruttorente versteuern. Dieser Prozentsatz steigt jedes Jahr. Ab 2020 erhöht sich der Anteil der zu versteuernden Rente nur noch um einen Prozentpunkt pro Jahr, zuvor um zwei Prozentpunkte. Wer also 2022 in Rente geht, muss 82 Prozent der Rente versteuern. Wer 2040 oder später in Rente geht, muss damit rechnen, dass die Rente voll versteuert wird.
2022 | 82 Prozent |
2023 | 83 Prozent |
2024 | 84 Prozent |
2025 | 85 Prozent |
2026 | 86 Prozent |
2027 | 87 Prozent |
2028 | 88 Prozent |
2029 | 89 Prozent |
2030 | 90 Prozent |
3. Mindert ein Reha-Aufenthalt die spätere Rente?
Viele gehen davon aus, dass ein Aufenthalt in einer Reha-Klinik die spätere Rente verringert. Ganz im Gegenteil: Während einer Rehabilitation werden die Pflichtbeiträge zu 80 Prozent des vergangenen Bruttolohns von der Rentenversicherung gezahlt, was den späteren Rentenanspruch erhöht. Das teilte der Sozialverband VdK Baden-Württemberg mit. Zudem kann eine erfolgreiche Reha die Länge der Erwerbstätigkeit erhöhen und auch damit eine höhere Rente erzielen.
4. Gibt es die Rente erst, wenn man mindestens 15 Jahre gearbeitet hat?
Um Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu bekommen, muss man nicht mindestens 15 Jahre lang gearbeitet haben. Die Mindestversicherungszeit für die Regelaltersrente beträgt fünf Jahre – und das bereits seit 1984.
1947 bis 1963 | schrittweise Erhöhung bis 67 Jahren |
Ab 1964 | 67 Jahre |
5. Darf man zur Rente unbegrenzt hinzuverdienen?
Kann man als Rentnerin oder Rentner weiterhin arbeiten? Wer die Rente vor der Regelaltersgrenze in Anspruch nimmt oder diese aufgrund verminderter Erwerbsfähigkeit bezieht, darf maximal 6300 Euro im Kalenderjahr dazu verdienen, ohne dass die Rente gekürzt wird. Wer mehr verdient, kann den Rentenanspruch teilweise oder sogar ganz verlieren. Ist die Regelaltersgrenze erreicht, gibt es keine Grenze mehr.
Apropos: Müssen jetzt alle bis 67 arbeiten? Das stimmt nicht ganz. Erst ab dem Geburtsjahr 1964 liegt die Regelaltersrente bei 67 Jahren. Bei den Jahrgängen 1947 bis 1963 wird die Regelaltersgrenze schrittweise angehoben. Wer bis 1946 geboren ist, ist von der Regelung nicht betroffen. Auch ein früherer Eintritt in die Altersrente ist möglich, allerdings nur mit Abschlägen.
6. Kann man nach 45 Jahren mit 63 in Rente gehen?
Wer besonders langjährig versichert ist, etwa nach 45 Jahren, kann grundsätzlich früher in Rente gehen. Da das Rentenalter allerdings schrittweise angehoben wird, verschiebt sich auch hier das Eintrittsalter mit dem Geburtsjahr, informierte die Deutsche Rentenversicherung.
Alle vor 1953 Geborenen können nach 45 Jahren Versicherungszeit ohne Abschläge mit 63 Jahren in Rente gehen. Ab dem Geburtsjahr 1964 können Ruheständler mit 65 Jahren in Rente gehen. Allerdings wies die Deutsche Rentenversicherung darauf hin, dass die Altersrente für besonders langjährig Versicherte nicht vorzeitig bezogen werden kann.
7. Rente in Deutschland: Bekommen nur Frauen die Witwenrente?
Auch die Annahme, dass nur Frauen Witwenrente erhalten, hält sich hartnäckig – und ist falsch. Denn: Seit 1986 sind sowohl Frauen als auch Männer in der Rentenversicherung gleichberechtigt. Frauen und Männer haben Anspruch auf die Hinterbliebenenrente, wenn der Ehepartner oder die Ehepartnerin mindestens fünf Jahre lang Beiträge gezahlt hat.
Im sogenannte Sterbevierteljahr, also in den ersten drei Monaten nach dem Tod, gibt es die volle Hinterbliebenenrente. Danach wird das eigene Einkommen angerechnet.
8. Altersvorsorge in Deutschland: Sind die letzten Jahre vor der Rente besonders entscheidend?
Häufig heißt es, dass sich die Höhe der Rente vor allem aus den letzten Arbeitsjahren zusammensetzt. Auch das ist ein Irrtum. Die Rentenhöhe berechnet sich aus dem gesamten Versicherungsleben. Alle Versicherungsjahre werden gleich behandelt.
9. Rente: Was bringt Kindererziehung für die Altersvorsorge?
Wer sich um die Kinder kümmert und deshalb weniger oder gar nicht arbeitet, hat trotzdem einen Rentenanspruch. „Für die Zeit der Kindererziehung werden Sie in etwa so gestellt, als hätten Sie Beiträge aufgrund des Durchschnittsverdienstes aller Versicherten gezahlt“, erklärte die Deutsche Rentenversicherung.
Ab einem Geburtsjahr des Kindes vor 1992 werden pro Kind bis zu zwei Jahren und sechs Monate an Kindererziehungszeiten gutgeschrieben. Sollten die Kinder 1992 oder später geboren sein, beträgt die Gutschrift laut Rentenversicherung bis zu 3 Jahre pro Kind. „Umgerechnet bringt Ihnen ein Jahr Kindererziehungszeit ungefähr 34 Euro Rente pro Monat“, hieß es weiter.
Aber Vorsicht: Die Erziehungszeiten müssen selbst beantragt werde. Gute Nachrichten für Rentnerinnen und Rentner: Ab Juli 2022 werde die Renten in Deutschland erhöht. Das Bundeskabinett hat die Erhöhung auf den Weg gebracht. Doch es gibt auch deutliche Kritik. (kas)