Netflix macht Ernst: Streaming-Anbieter sperrt Passwort-Teiler aus
Jahrelang tolerierte Netflix das Teilen von Passwörtern – doch das ist jetzt vorbei. Auch in Deutschland läuft für Account-Trittbrettfahrer die Uhr ab. Sie sollen zahlen.
Berlin/Amsterdam – Mit acht Personen aus vier Haushalten einen Netflix-Account teilen? Das war einmal, denn jetzt macht Netflix mit seiner Drohung ernst und schmeißt alle Passwort-Teiler raus. Ab sofort gilt: ein Haushalt, ein Netflix-Account. Wer weiterhin einen fremden Account nutzen will, der wird jetzt zusätzlich zur Kasse gebeten. Ganz so teuer wie ein voller eigenständiger Netflix-Account wird es aber nicht.
Nix mit Netflix: Streaming-Anbieter sperrt Passwort-Teiler aus – 4,99 für zusätzlichen Netflix-Account
Für Netflix-Nutzer in Deutschland, die einen Account über einen Haushalt hinaus teilen, wird es ernst. Der Streaming-Riese wies seine Kunden bereits in der vergangenen Woche darauf hin, dass er dafür bald zusätzliches Geld verlangen wird. Für eine Person, die nicht mit dem zahlenden Account-Inhaber unter einem Dach wohnt, sollen 4,99 Euro im Monat fällig werden. Netflix erhofft sich davon höhere Einnahmen.
Laut Netflix sollen Nutzer aus einem Haushalt auf den gemeinsamen Account weiter problemlos unterwegs oder auf Reisen zugreifen können. Als einen „Netflix-Haushalt“ bezeichnet der Dienst eine Ansammlung von Geräten, die dort ins Internet gehen, wo man sich meist Netflix ansehe. Wird über ein TV-Gerät geschaut, ordnet Netflix alle Geräte an derselben Internet-Verbindung automatisch einem Haushalt zu. Der gemeinsame Internet-Anschluss scheint damit ein zentrales Merkmal zu sein. Netflix erfasse IP-Adressen, aber kein GPS-Daten, hieß es.
Netflix sperrt Passwort-Teiler aus: Account-Sharing bei Netflix kostet ab sofort extra
Wie schnell Netflix nun durchgreifen wird, blieb zunächst offen. Entdeckte Nutzer mit einem fremden Account sollen zunächst gewarnt werden, dass ihr Zugang bald gesperrt wird. Was mit den einzelnen Netflix-Accounts jetzt noch geht:
- Wer den Netflix-Basis-Account für 7,99 Euro gebucht hat, der kann keinen weiteren Nutzer außerhalb des gemeinsamen Haushalts hinzubuchen.
- Beim Netflix-Abo mit Werbung für 4,99 Euro kann ebenfalls kein weiterer Nutzer hinzugefügt werden.
- Beim Netflix-Premium-Abo für 17,99 Euro können bis zu vier Personen in einem Haushalt Netflix schauen. Hinzugebucht können zwei weitere Plätze für je 4,99 Euro, sodass bei zwei zusätzlichen Zuschauern zu den 17,99 noch einmal 9,98 hinzukommen.
- Beim normalen Netflix-Standard-Account für 12,99 Euro können sich zwei Personen in einem Haushalt den Netflix-Zugang teilen. Bei diesem Modell ist vorgesehen, dass ein weiterer zusätzlicher Platz geschaffen werden kann für 4,99 Euro.
Im 17,99 Euro teuren Premium-Account können Kunden für bis zu zwei „Extra-Mitglieder“ bezahlen. Im Standard-Account, der 12,99 Euro im Monat kostet, ist nur ein zusätzlicher Platz vorgesehen. Beim Basis-Account für 7,99 Euro geht das gar nicht. Mit 4,99 Euro ist eine Erweiterung in Deutschland genauso teuer wie das günstigste Netflix-Abo, bei dem der Dienst mit Werbeanzeigen genutzt werden kann. Weiteres Detail: Der Zusatz-Account kann nur im Land des zahlenden Account-Nutzers aktiviert werden.
Account-Sharing bei Netflix: 100 Millionen Haushalte teilen sich ihr Netflix-Passwort
Das US-Unternehmen geht davon aus, dass in rund 100 Millionen Haushalten der Service mit Login-Daten anderer genutzt wird. Das ist gemessen an den 232,5 Millionen zahlenden Kunden im vergangenen Quartal ein hoher Anteil. Oft nutzen zum Beispiel Kinder den Account der Eltern weiter, wenn sie ausziehen – oder Freunde teilen sich einen Zugang, um Geld zu sparen. Netflix investiert jedes Jahr Milliarden in zum Teil exklusiv bei dem Dienst verfügbare Videoinhalte.
Netflix hatte das Teilen von Zugangsdaten lange toleriert. Inzwischen gibt es im Videostreaming-Geschäft aber generell einen verstärkten Fokus auf Profitabilität, nachdem die vielen Anbieter jahrelang auf der Jagd nach höheren Nutzerzahlen waren. Keiner der Konkurrenten geht allerdings so konsequent wie jetzt Netflix gegen das Teilen von Accounts vor. Die Netflix-Aktie schloss nach der Ankündigung mit einem Minus von knapp zwei Prozent.
Netflix-Passwort weitergeben: Streaming-Anbieter rechnet mit mehr Einnahmen auf lange Sicht
Netflix rechnet damit, dass die Nutzerzahl mit dem Vorgehen gegen Trittbrettfahrer zunächst sinkt. In Kanada etwa gebe es inzwischen aber mehr zahlende Nutzer und höhere Einnahmen als vorher, betonte der Dienst jüngst. Dadurch habe man sich bestätigt gefühlt. Zur Entwicklung in anderen Ländern äußerte sich Netflix bisher nicht. Vergangene Woche wurde auch der Start des Vorgehens im wichtigen US-Markt angekündigt. Dort werden pro Extra-Mitglieder 7,99 Dollar fällig.
Das Vorgehen gegen das Teilen von Accounts war schon länger angekündigt, und Netflix testete es vor dem nun bekanntgegebenen breiten Start in mehreren Ländern. In Europa waren es Portugal und Spanien. Auch Abonnenten von RTL+ sollen zukünftig mehr zahlen und tiefer in die Tasche greifen. (jon/dpa)
