Nach Amoklauf in Hamburg: Heute ökumenische Gedenkfeier | NDR.de – Nachrichten


Stand: 19.03.2023 04:50 Uhr

In der Hamburger Hauptkirche St. Petri wird heute am späten Nachmittag der Opfer der Amoktat vom 9. März gedacht. Die großen christlichen Kirchen laden zu einem Gottesdienst ein. Auch die Zeugen Jehovas sind eingeladen. Die Gemeinde kündigte an, am kommenden Wochenende einen eigenen Trauergottesdienst zu veranstalten.

Nicht die Stadt Hamburg richtet diese Gedenkfeier aus. Es sind das Erzbistum Hamburg, die Nordkirche und die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen, die um 17 Uhr in die Hauptkirche St. Petri einladen. Hamburgs evangelische Bischöfin Kirsten Fehrs ist dabei, ebenso der katholische Erzbischof Heße. Es soll gebetet, getrauert und der Opfer der Amoktat gedacht werden. Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) “begrüßt das Engagement der christlichen Kirchen sehr und nimmt teil”, sagte sein Sprecher.

Blick von der Domstraße auf die Hauptkirche St. Petri in Hamburg. © NDR Foto: Anja Deuble

AUDIO: Ökumenisches Gedenken für die Opfer der Amoktat von Hamburg (1 Min)

Heße: “Die Gewalttat hat ganz Hamburg erschüttert”

“Ich trauere mit der Gemeinde der Zeugen Jehovas um die getöteten Menschen, auch wenn ich nicht ihren Glauben teile. Die menschenverachtende Gewalttat hat ganz Hamburg tief erschüttert und viele Menschen fassungslos und traurig gemacht. In dieser Situation ist es gut, zusammenzustehen, die Sorgen auszusprechen und vor allen Dingen gemeinsam und konfessionsübergreifend für den Frieden und ein friedliches Miteinander zu beten”, so Heße.

“Aufgewühlt und immer noch fassungslos stehen wir vor diesem Amoklauf, der über die Versammlung der Zeugen Jehovas am 9. März hereinbrach und Menschen auf so furchtbare Weise tötete und verletzte. Die Stadt trauert. Deshalb braucht es jetzt Raum, um unserer Klage und unserem Mitgefühl Ausdruck zu geben und eine Sprache dafür zu finden – mit Worten und Gesten. Zum Trauern. Zum Beten. Zur Entlastung. Und ganz besonders auch zum Trost”, erklärte Bischöfin Kirsten Fehrs.

Gedenken ersetzt keine Trauerfeier

Das Gedenken sei kein Ersatz für eine Trauerfeier der Zeugen Jehovas, heißt es von den christlichen Kirchen. Deshalb würden Fehrs und Heße im Rahmen einer Fürbitte während des Gedenkens für die Opfer, die Verletzten, deren Angehörigen sowie für die Helfenden, Retterinnen und Retter, Polizisten und Polizistinnen und Feuerwehrleute beten. Auch die Zeugen Jehovas seien eingeladen und jedem Mitglied stehe es frei, dort hinzugehen.

Zeugen Jehovas schätzen Solidarität

Am Dienstag hatte der geplante Gottesdienst der großen christlichen Kirchen für Verstimmungen gesorgt, denn die Zeugen Jehovas gehören nicht zu ihrer Arbeitsgemeinschaft. “In diese Gespräche, diese Planungen ist nicht ein einziges der Opfer involviert oder die Angehörigen, geschweige denn die Gemeinde der Zeugen Jehovas, die bestimmt einen Weg finden möchte, auf ihre Art und Weise, nach ihren christlichen Prinzipien eine Trauerfeier durchzuführen”, empörte sich Sprecher Michael Tsifidaris. Mittlerweile heißt es von dem Sprecher der Glaubensgemeinschaft, er schätze die Solidarität und Anteilnahme, die durch diese Gedenkfeier zum Ausdruck komme. “Eine offizielle Teilnahme von Jehovas Zeugen wird es jedoch nicht geben. Wir wollen unsere eigene Form wählen”, sagte der Regionalbeauftragte.

Zeugen Jehovas veranstalten Trauergottesdienst

“Wir haben uns natürlich ausgetauscht, auch mit den Initiatoren des Gottesdienst”, sagte Sprecher Michael Tsifidaris im Interview mit NDR Info. Die Gemeinde schätze diese Form der Anteilnahme, sie werde aber schon bald eine eigene Trauerfeier veranstalten, um dem Wunsch der Angehörigen und vor allem auch dem Gedenken der Opfer gerecht zu werden: “Wir sind jetzt in enger Abstimmung mit den Angehörigen, aber ich kann heute schon sagen, dass wir am übernächsten Wochenende eine zentrale Gedenkveranstaltung durchführen werden, aufgrund des großen Interesses und der überwältigenden Anteilnahme, die uns durch die Bevölkerung zuteil wird.” Die Gemeinde sei der Stadt Hamburg sehr dankbar, die sie bei der Vorbereitungsarbeit unterstütze, so Tsifidaris. Mehr Details kämen in den kommenden Tagen: “Wir werden auch Wege finden, wie die breitere Öffentlichkeit Anteil nehmen kann.” Die Stadt will ab Sonnabend für eine Woche ein Kondolenzbuch im Rathaus auslegen. Dort können Hamburgerinnen und Hamburger in der Zeit zwischen 10 und 18 Uhr ihre Anteilnahme zum Ausdruck bringen. Später soll es den Angehörigen der Opfer übergeben werden. “Wir schätzen diese Geste sehr”, sagte der Sprecher der Gemeinde.

Würdigung der Polizisten?

Fernab des Gottesdienstes wird über eine Würdigung der Polizistinnen und Polizisten nachgedacht, die am vergangenen Donnerstag sehr schnell, ohne extra Schutzkleidung anzulegen und unter Einsatz ihres Lebens den Amokschützen gestoppt haben. Vom innenpolitischen Sprecher der CDU, Dennis Gladiator, kommt der Vorschlag einer Ehrung im Rathaus – oder auf dem Rathausmarkt.

Amoklauf am Donnerstagabend in Alsterdorf

Bei der Amoktat am 9. März hattein der Straße Deelböge im Stadtteil Alsterdorf der 35-jährige Philipp F. sieben Menschen – darunter ein ungeborenes Kind – und sich selbst getötet. Noch immer befinden sich den Angaben von Dienstag nach sechs Verletzte im Krankenhaus, eine Person schwebt demnach weiterhin in Lebensgefahr.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 90,3 |
NDR 90,3 Aktuell |
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