Muss er jetzt in den Knast?

Die erste Anklage auf Bundesebene gegen einen ehemaligen Präsidenten steht. Doch wird es jetzt wirklich gefährlich für Donald Trump?
Donald Trump ist der erste ehemalige Präsident, gegen den von der Bundesjustiz der Vereinigten Staaten Anklage erhoben wird. Trump erklärte am Donnerstag auf seiner Online-Plattform Truth Social: „Die korrupte Biden-Regierung hat meine Anwälte informiert, dass ich angeklagt wurde.“ Trump muss am Dienstag vor einem Bundesgericht in Miami erscheinen.
Eine Bestätigung des Justizministeriums lag zunächst nicht vor. Ein Anwalt Trumps, Jim Trusty, bestätigte jedoch dem Sender CNN, Trump sei in sieben Punkten angeklagt worden, darunter vorsätzliche Aufbewahrung von Dokumenten in Verstoß gegen ein Anti-Spionage-Gesetz, Falschaussagen, Behinderung der Justiz und Verschwörung. Die Bundespolizei FBI hatte im vergangenen August bei einer Razzia in Trumps Privatanwesen Mar-a-Lago im Bundesstaat Florida rund 11.000 Dokumente beschlagnahmt. Die Unterlagen hatte Trump zum Ende seiner Amtszeit im Januar 2021 aus dem Weißen Haus nach Mar-a-Lago mitgenommen. Der amerikanische Justizminister Merrick Garland hatte im November mit Jack Smith einen Sonderermittler eingesetzt, der die Untersuchung in der Affäre übernahm. Ein weiterer Sonderermittler untersucht das Verhalten des amtierenden Präsidenten Joe Biden, der als Vizepräsident ebenfalls im großen Stil Akten nach Hause genommen und unter anderem in einer Garage verstaut hatte. Ein ähnliches Verfahren gegen Trumps Vizepräsident Mike Pence ist kürzlich eingestellt worden.
Trump kritisierte das Vorgehen der Justiz: „Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass so etwas einem ehemaligen Präsidenten der Vereinigten Staaten passieren könnte.“ In einer Videobotschaft zeigte sich Trump für seine Verhältnisse eher verstört, betonte immer wieder, dass er unschuldig sei und dass die Anklage der Versuch der Demokraten sei, seine Wiederwahl zu verhindern. Er sprach von einem „boxes hoax“, der den „Russia, Russia, Russia hoax“ abgelöst hätte. Er sagte: „Sie haben es auf mich abgesehen, weil wir jetzt in den Umfragen wieder weit vor Biden führen.“
Politiker der Demokratischen Partei von Präsident Biden begrüßten die Anklage. Der Abgeordnete Adam Schiff erklärte, die Anklage sei eine „weitere Bestätigung der Rechtsstaatlichkeit.“ Vier Jahre habe Trump sich aufgeführt, als stünde er über dem Gesetz, erklärte Schiff. „Aber er sollte wie jeder andere Gesetzesbrecher behandelt werden. Heute wurde er das.“
Die Anklage dürfte Trumps Chancen bei den Vorwahlen nicht beeinträchtigen, im Gegenteil: Trump wird versuchen, die Anklage zu nutzen, um die Republikaner hinter sich zu versammeln. In der Partei herrscht seit Wochen große Unzufriedenheit, weil die Demokraten mit der Tradition gebrochen haben, wonach nach Wahlen die Vorgänger-Regierung grundsätzlich nicht juristisch behelligt wird. „Heute ist in der Tat ein dunkler Tag für die Vereinigten Staaten von Amerika“, erklärte der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy. „Ich und jeder Amerikaner, der an die Rechtsstaatlichkeit glaubt, stehen an der Seite von Präsident Trump.“
Der republikanische Gouverneur des Bundesstaates Florida und Präsidentschaftsbewerber Ron DeSantis sprach von einer „Instrumentalisierung“ der Justizbehörden, die „eine tödliche Bedrohung für eine freie Gesellschaft“ darstelle. Das Recht werde in den USA schon seit Jahren ungleichmäßig „abhängig von der politischen Zugehörigkeit“ angewandt.
Problematischer könnten für Trump zwei weitere Verfahren werden: Der Sonderermittler Smith prüft auch eine strafrechtliche Verantwortung des früheren Präsidenten bei der Kapitol-Erstürmung vom 6. Januar 2021. Außerdem ermittelt eine Staatsanwältin im Bundesstaat Georgia zu Trumps Versuchen, nach der Präsidentschaftswahl vom November 2020 den Ausgang der Wahl in dem Südstaat zu kippen.