Münchnerin plagen noch heute die Bilder von schrecklichem Sonntag


Nach dem tödlichen Unfall zwischen Egling und Wolfratshausen wird eine 61-jährige Münchnerin zu einer Geldstrafe verurteilt. Die Verhandlung wurde emotional.
Wolfratshausen/Egling – Es war ein sonniger Tag, blauer Himmel, bestes Ausflugswetter. Eine Münchnerin genoss den Tag mit ihrem Nachbarn im Café Hanfstingl in Neufahrn bei Egling. Die Rückfahrt mündete jedoch nach wenigen 100 Metern in eine Katastrophe: Beim Überqueren der Staatsstraße 2070 in Richtung Ergertshausen raste eine Yamaha ungebremst in den BMW der Münchnerin. Der Motorradfahrer (56) aus dem Landkreis Fürstenfeldbruck erlag seinen schweren Verletzungen, noch bevor die Polizei die Unfallstelle erreicht hatte. Nun musste sich die Unfallverursacherin wegen fahrlässiger Tötung vor dem Wolfratshauser Amtsgericht verantworten. Die 61-jährige Verkäuferin wurde zu 6300 Euro (90 Tagessätze) Geldstrafe verurteilt.
Motorradfahrer starb bei Unfall: Münchnerin plagen noch heute die Bilder von schrecklichem Sonntag
Viel schwerer als das Gerichtsurteil lastet auf der Frau das Trauma, den Tod eines Menschen verursacht zu haben – ohne sich erklären zu können, wie es dazu kam. „Es stimmt alles“, sagte die Beschuldigte, nachdem die Staatsanwältin den Unfallhergang von jenem 12. Juni 2022 in der Anklageschrift mit wenigen Sätzen zusammengefasst hatte. „Mit einer Ausnahme: Der Motorradfahrer war für mich nicht sichtbar“, beteuerte die Münchnerin, der die Kreuzung gut bekannt war. Ebenso, dass dort immer wieder schwere Unfälle passieren. Deshalb habe sie auch am Stoppschild gehalten. „Ich bin ein vorsichtiger Fahrer, ich riskiere nichts.“
Tödlicher Unfall bei Wolfratshausen: Motorrad rast ungebremst in Auto
Aus Richtung Wolfratshausen seien in weiter Entfernung drei, vier Autos gekommen. „Von rechts kam nichts, deshalb bin ich losgefahren“, erklärte die 61-Jährige. Sie kam nur bis zur Straßenmitte, dann krachte es. „Ich habe noch gedacht: Ist der vom Himmel gefallen?“, sagte die Frau, die während der Verhandlung immer wieder kurzzeitig von Emotionen überwältigt wurde. „Ich habe den Motorradfahrer sterben sehen. Das ist schrecklich. Ich gehe mit dem Bild schlafen und stehe damit auf. Es verfolgt mich“, schilderte sie die psychische Belastung seit jenem verhängnisvollen Tag.
Viele Unfälle zwischen Egling und Wolfratshausen: Motorrad-Zusammenstoß endete vor einem Jahr tödlich
Die Angeklagte selbst war bei dem Unfall nur leicht verletzt worden, ihr Begleiter (75) auf dem Beifahrersitz erlitt unter anderem einen Beckenbruch, verbrachte einen Monat in der Unfallklinik in Murnau und weitere sechs Wochen in einem Pflegeheim und in der Reha.
Ein Gutachten brachte Details zum Unfallhergang an diesem „schrecklichen Sonntag“ (Richter Berger) ans Licht. So hatte der Motorradfahrer ein paar 100 Meter vor der Unfallstelle den Pkw einer Deiningerin überholt, kurz bevor die erlaubte Höchstgeschwindigkeit im Kreuzungsbereich auf 70 Kilometer in der Stunde reduziert wird. Ob der Biker darauf reagiert hatte, sei anhand des Trümmerhaufens, der von der Maschine übrig geblieben war, „technisch nicht mehr nachweisbar“, erklärte die Gutachterin. Nach ihren Berechnungen sei das Motorrad jedoch mit einer Geschwindigkeit von 80 bis 90 km/h unterwegs gewesen. Die Kfz-Sachverständige kam zu dem Schluss: „Bei Tempo 70 wäre es auch eng geworden, aber die Yamaha hätte dann rechtzeitig bremsen können.“
Münchnerin vor Gericht: Sie war in tödlichen Unfall verwickelt
Angesichts des „enormen Mitverschuldens des Motorradfahrers“, dessen Blut zudem positiv auf Cannabinoide getestet worden war, hielt die Verteidigung eine Einstellung des Verfahrens nach Paragraf 153a (gegen Zahlung einer Geldbuße) für angemessen. Das kam für die Staatsanwaltschaft nicht in Frage. Sie sehe die Tragik und dass es die Angeklagte „sehr, sehr belastet“, erklärte die Anklagevertreterin. „Aber im Ergebnis ist es eine Sorgfaltspflichtverletzung, und am Ende ist ein Mensch tot. Deshalb kann ich einer Einstellung nicht zustimmen.“
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Richter Berger verurteilte die Frau wegen „einem Augenblicksversagen, anders kann man es nicht beschreiben“, zu 90 Tagessätzen (die Staatsanwältin hatte 120 beantragt) zu je 70 Euro, insgesamt also 6300 Euro und verhängte ein einmonatiges Fahrverbot. „Die Last, die sie weiterhin tragen müssen, kann Ihnen kein Urteil nehmen“, so Berger in seiner Urteilsbegründung.