Marktbericht: US-Schuldenstreit hat Märkte weiter fest im Griff



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Stand: 30.05.2023 22:14 Uhr

Obwohl im US-Schuldenstreit ein Kompromiss gefunden wurde, bleiben die Anleger nervös. Während die US-Börsen keine gemeinsame Richtung gefunden haben, scheiterte der DAX an der 16.000-Punkte-Marke.

Die US-Börsen haben sich nach dem verlängerten Wochenende uneinheitlich gezeigt. Während die Unsicherheit über den US-Schuldenstreit an den Märkten hoch bleibt, hält der Höhenflug der Tech-Werte an.

Der technologielastige Nasdaq 100 startete am Nachmittag 1,27 Prozent höher bei 14.479 Punkten und setzte damit seine Rally von Freitag fort, als er bereits um 2,6 Prozent nach oben gesprungen war. Letztlich ging der Index mit einem kleinen Plus von 0,4 Prozent aus dem Handel.

Treiber des Höhenflugs ist weiter der Chiphersteller Nvidia, der dank der Welle rund um Künstliche Intelligenz (KI) den dritten Tag in Folge ein Rekordhoch markierte und nun sogar beim Börsenwert die Marke von einer Billion US-Dollar geknackt hat. Der Konzern kündigte heute an, in Israel einen der weltweit schnellsten Supercomputer zu bauen.

Vor allem die Standardwerte an der Wall Street litten dagegen unter der anhaltenden Rest-Unsicherheit rund um den Schuldenstreit in den USA. Die Anleger warten erst einmal ab, ob der US-Kongress dem am Wochenende erzielten Kompromiss morgen zustimmt. Dessen Entscheidung ist noch nicht sicher. Bis zu einer endgültigen Einigung sei die Volatilität am Markt wohl weiter erhöht, schrieb Analyst Pierre Veyret vom Broker ActivTrades. Es bleibe ein gewisses Restrisiko, “denn nichts ist erledigt, bis es erledigt ist”, sagte auch Analyst Konstantin Oldenburger vom Handelshaus CMC Markets.

Der Leitindex Dow Jones gab um 0,15 Prozent auf 33.043 Punkte nach und knüpfte so an seinen Verlust aus der vergangenen Woche an. Der marktbreite S&P 500 zeigte sich stabil. Vom schwächelnden Immobilienmarkt kamen unterdessen überraschend positive Daten, denn im März stiegen die Hauspreise deutlicher als erwartet. Zudem trübte sich im Mai die vom Conference Board ermittelte Verbraucherstimmung nicht so stark ein wie gedacht.

Die Sorgen über die Debatte um die Anhebung der US-Schuldengrenze belastet auch den Frankfurter Aktienmarkt weiter. Erneut ist dem DAX über der Schwelle von 16.000 Punkten die Puste ausgegangen. Nachdem der deutsche Leitindex im Tagesverlauf klar über der runden Marke lag, schloss er letztlich mit einem Abschlag von 0,27 Prozent bei 15.908,91 Punkten. Zeitweise hatte der DAX noch etwa bei 16.061 Zählern gestanden.

Bereits gestern war er mit einem Minus von 0,2 Prozent bei 15.953 Punkten aus dem Handel gegangen. Die charttechnisch argumentierenden Fachleute von HSBC sind dennoch optimistisch: Es sei gerade einmal gut eine Woche her, als der DAX mit 16.332 Punkten einen neuen Rekordstand verbuchen konnte, schrieben die Experten in ihrem täglichen Marktkommentar. Stärke ziehe weitere Stärke nach sich, laute ein elementarer Grundsatz der Technischen Analyse, so ihre Einschätzung.

In Deutschland rechnen Banken-Ökonomen nach dem Abgleiten in eine Rezession im ersten Quartal nun auch im Gesamtjahr 2023 mit einer schrumpfenden deutschen Wirtschaft. Die Volkswirte der Deutschen Bank sagen einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 0,3 Prozent voraus, nachdem sie bislang von einer Stagnation ausgegangen waren. Die Berenberg Bank ist mit ihrer Prognose sogar von 0,0 auf minus 0,4 Prozent nach unten gegangen. Auch die Analysten der Förderbank KfW und der Commerzbank erwarten für 2023 ein leichtes Schrumpfen. Damit sind die Banken-Volkswirte deutlich pessimistischer als die Bundesregierung, die im Frühjahr ihre Prognose auf plus 0,4 Prozent angehoben hatte.

Grund für den Pessimismus sind vor allem die wenig kauffreudigen Verbraucher, die wegen der anhaltend hohen Inflation im ersten Quartal erneut Kaufkraftverluste erlitten. Die Bruttomonatsverdienste der Arbeitnehmer einschließlich Sonderzahlungen wuchsen zwar mit 5,6 Prozent zum Vorjahresquartal so kräftig wie noch nie seit Beginn dieser Statistik im Jahr 2008. Allerdings stiegen die Verbraucherpreise im selben Zeitraum mit 8,3 Prozent deutlich stärker, teilte das Statistische Bundesamt mit. Daraus errechneten dessen Experten einen realen Verdienstrückgang von rund 2,3 Prozent.

Wegen der jüngsten Tariferhöhungen sind die Löhne in Deutschland stark gestiegen.
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Auch die Stimmung in der Wirtschaft der Eurozone hat sich derweil im Mai stärker als erwartet eingetrübt. Das Barometer für das Geschäftsklima fiel um 2,5 Zähler auf 96,5 Punkte, wie aus Daten der EU-Kommission hervorgeht. Die Zuversicht in der Industrie ließ den vierten Monat in Folge nach. Auch bei den Dienstleistern und im Einzelhandel ging es bergab mit der Stimmung. Gleichzeitig deuten auch die Geld- und Kreditdaten der EZB auf eine träge konjunkturelle Entwicklung hin. Die Kreditvergabe der Banken sei nach wie vor extrem schwach, kommentierte das Analysehaus Capital Economics.

Das trübe Bild passt zur mauen Konjunkturlage. Die Wirtschaft im Euroraum ist mit wenig Schwung ins Jahr gestartet. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte von Januar bis März im Vergleich zum Vorquartal nur um 0,1 Prozent zu. Ende 2022 stagnierte die Wirtschaft noch. Die EU-Kommission rechnet in ihrer Frühjahrsprognose für die Euro-Zone in diesem Jahr mit einem Plus beim BIP von 1,1 Prozent.

Die schwachen Konjunkturdaten aus dem Währungsraum belasteten den Euro allerdings nicht nachhaltig. Nachdem er bis zum Vormittag unter Druck gestanden hatte und zeitweise bei 1,0673 Dollar auf den tiefsten Stand seit März gefallen war, erholte sich dann und wurde zuletzt mit 1,0722 Dollar gehandelt.

Auf Talfahrt blieb die türkische Lira. Gegenüber dem Euro erreichte ihr Kurs ein Rekordtief, im Verhältnis zum US-Dollar fiel er in Richtung seines historischen Tiefstands. Am Markt wurden die Kursverluste mit dem Wahlsieg von Präsident Recep Tayyip Erdogan vom Wochenende erklärt. Nach Einschätzung des Devisenexperten Ulrich Leuchtmann von der Commerzbank sind nach der Wahlentscheidung weitere Kursverluste der Lira nicht auszuschließen.

Die Ölpreise haben ihre Verluste heute ausgeweitet. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Juli kostete zuletzt 73,84 Dollar. Das waren 3,23 Dollar weniger als am Vortag. Der Preis für ein Barrel der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) fiel um 3,03 Dollar auf 69,60 Dollar. Belastet wurden die Rohölpreise nach Einschätzung von Marktbeobachtern durch Sorgen über die weitere konjunkturelle Entwicklung in China. Zuletzt waren Konjunkturdaten aus der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt mehrfach enttäuschend ausgefallen.

Zudem zeigt sich laut Händlern, dass Russland seine Ölförderung trotz anderslautender Ankündigung nicht substanziell reduziert habe. Das Land versuche vielmehr, seine Dieselexporte weiter zu steigern. Einige Raffinerien hätten nach Wartungsarbeiten wieder ihre volle Kapazität erreicht. Darüber hinaus richten sich die Blicke weiter auf den US-Schuldenstreit sowie das Treffen des Ölverbunds Opec+ am kommenden Wochenende.

Dank der wachsenden Chip-Nachfrage durch den Boom Künstlicher Intelligenz hat der Börsenwert von Nvidia heute die Schallmauer von einer Billion Dollar durchbrochen. Damit gelang dem Unternehmen als erster Chip-Hersteller überhaupt die Aufnahme in diesen exklusiven Klub von derzeit insgesamt sechs Firmen. Nvidia-Aktien stiegen zur Eröffnung der Wall Street um knapp sieben Prozent auf ein Rekordhoch von 415,50 Dollar. Dadurch wuchs die Marktkapitalisierung auf fast 1,026 Billionen Dollar.

Der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck will große Teile des Asiengeschäfts mit dem Konkurrenten Toyota zusammenlegen. So soll die Daimler-Truck-Tochter Mitsubishi Fuso Truck and Bus mit der Toyota-Tochter Hino in einer Holdinggesellschaft fusionieren, wie die Schwaben gestern mitteilten. Beide Unternehmen sollen zu gleichen Teilen beteiligt sein. Die Gesellschaft soll allerdings an der Börse in Tokio notiert werden, ein erheblicher Anteil soll daher auch an externe Investoren gehen. Die Absichtserklärung zwischen beiden Konzernen ist nicht bindend. Finanzielle Details nannte Daimler Truck nicht.

Der italienische Rekordmeister Juventus Turin ist um einen weiteren Punktabzug in der Serie A herumgekommen. Das Sportgericht des Fußballverbands FIGC verurteilte die Turiner wegen Unrechtmäßigkeiten und Finanztricks bei der Zahlung von Spielergehältern zu einer Geldstrafe von rund 718.000 Euro. Das wurde heute mitgeteilt, nachdem sich die Anwälte des Vereins und die Ankläger des FIGC auf einen Deal verständigt hatten. Dieser sieht neben der Geldstrafe vor, dass der einstige Serienchampion das Urteil in einem anderen Verfahren und damit einen empfindlichen Abzug von zehn Zählern akzeptiert.

Das indische Verteidigungsministerium setzt bei der Energieversorgung seiner Einheiten zunehmend auch auf den Brennstoffzellen-Anbieter SFC Energy. Gemeinsam mit einem indischen Partnerunternehmen habe SFC nun einen Großauftrag von 900 stationär einsetzbaren Methanol-Brennstoffzellen-Generatoren erhalten, teilte das Unternehmen mit. Produziert werden die Energiequellen in Indien. Das anfängliche Auftragsvolumen belaufe sich auf über 17,5 Millionen Euro und umfasse die Lieferung der Systeme über einen Zeitraum von einem Jahr sowie einen fünfjährigen Servicevertrag, hieß es weiter.

Wie viel Geld die Vorstände der DAX-Unternehmen verdienen, hängt immer stärker von Nachhaltigkeitsthemen ab. Dieses Jahr seien erstmals die Vorstandsvergütungen in allen 40 Unternehmen des Aktienindex ohne Ausnahme an sogenannte ESG-Kriterien geknüpft, erklärte die Personalberatung Russel Reynolds Associates. Gemeint sind damit Umwelt, Soziales und richtige Unternehmensführung. Im Schnitt hängen demnach 8 Prozent der Vorstandsvergütungen direkt vom Erreichen dieser Ziele ab.

Der Gewerbeimmobilien-Spezialist Aroundtown hat im ersten Quartal die sinkenden Immobilienwerte und Verkäufe von Immobilien zu spüren bekommen. Der operative Gewinn, gemessen an der in der Branche wichtigen Kenngröße Funds from Operations (FFO 1), fiel im Jahresvergleich um 5,3 Prozent auf 84,6 Millionen Euro. Unter dem Strich wies das Unternehmen wegen der geringeren Bewertung seiner Immobilien einen Verlust von 21,6 Millionen Euro aus. Im Vorjahreszeitraum hatte noch ein Gewinn von 124,5 Millionen Euro in der Bilanz gestanden.

Der internationale Reiseveranstalter TUI baut seine Urlaubsangebote für die Türkei 2023 deutlich aus. Die Kapazität liege etwa um 40 Prozent höher als im Vor-Corona-Jahr 2019, teilte der Konzern heute mit. TUI rechne damit, in diesem Jahr aus europäischen Ländern 2,2 Millionen Gäste in die Urlaubsregionen Antalya, Dalaman, Izmir und Bodrum zu bringen. Mehr als eine Million davon kommen aus dem deutschsprachigen Raum. Von allen deutschen TUI-Reisenden buchten etwa 15 Prozent eine Reise in die Türkei, sagte Stefan Baumert, Vorsitzender der Geschäftsführung der TUI Deutschland.

Der Airbus-Konkurrent Boeing kommt nach eigenen Angaben beim Hochfahren der Produktion für sein Großraumflugzeug 787 Dreamliner voran. Inzwischen würden vier statt zuvor drei der Maschinen pro Monat gebaut, sagte der Boeing-Manager Lane Ballard heute vor Reportern bei der Besichtigung des Werks in Charleston im US-Bundesstaat South Carolina. Im April hatte Boeing erklärt, die Produktion liege inzwischen stabil bei drei Dreamlinern im Monat. Bis Jahresende sollen dann fünf Jets monatlich die Fabrikhallen verlassen.

Die US-Investmentbank Goldman Sachs bereitet einem Medienbericht zufolge eine weitere Entlassungsrunde vor. Die Kündigungen sollen weniger als 250 Arbeitsplätze betreffen, wie das “Wall Street Journal” heute unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen berichtet. Das sei weniger als ein Prozent der Angestelltenzahl der Bank von 45.400 per Ende März. Bei Goldman war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten. Es wäre die dritte Entlassungsrunde bei Goldman in weniger als einen Jahr. Fast jede Abteilung bei Goldman habe in diesem Jahr die Ausgaben senken müssen.



Quellenlink https://www.tagesschau.de/wirtschaft/finanzen/marktberichte/marktbericht-dax-dow-aktien-geldanlage-100.html