Kommunales Wahlrecht für Ausländer: SPD rudert zurück und spricht von Schreibfehler

Die hessische SPD wollte gemeinsam mit ihrer Spitzenkandidatin Nancy Faeser ein kommunales Wahlrecht für Ausländer einführen. Der Vorschlag stieß auf Kritik und Verwunderung – kurz darauf wurde die betreffende Passage zu der geplanten Reform in ihrem Wahlprogramm korrigiert. Es war angeblich ein Versehen.
In dem SPD-Programm zur Landtagswahl hatte die Partei angekündigt, sich auf Bundesebene und im Bundesrat für ein kommunales Wahlrecht für alle einzusetzen, die länger als sechs Monate in einer hessischen Kommune leben. Solange es dieses Wahlrecht für alle nicht gibt, „muss es in jeder Kommune verpflichtend einen Ausländerbeirat geben“, stand weiter in dem Programm. Das Ganze stieß auf Widerstand von der CDU, FDP und AfD.
Die SPD-Fraktion im hessischen Landtag rudert nun zurück: So sei bereits im Mai 2022 ein Positionspapier beschlossen worden, dessen Inhalt in das Wahlprogramm eingeflossen sei. „Durch einen redaktionellen Fehler wurden aus den sechs Jahren, die in dem Fraktionspapier als Frist genannt sind, bei der Übertragung der Position in unser Wahlprogramm sechs Monate“, erklärte Generalsekretär Christoph Degen. „Die Formulierung im Wahlprogramm ist also schlichtweg falsch und gibt die Beschlusslage der SPD Hessen und der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag nicht korrekt wieder.“ Die Regelung solle außerdem nur für Nicht-EU-Ausländer mit einem unbefristeten Aufenthaltstitel gelten.
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Der Fehler wurde nach Angaben der SPD inzwischen in dem online gestellten Wahlprogramm korrigiert. Es sei ein Hinweis ergänzt worden, um die Änderung transparent zu machen. Ausländer aus EU-Staaten dürfen in Deutschland bereits seit über 30 Jahren bei Kommunalwahlen mitwählen.
CDU/CSU: „Kommunalwahlen sind keine Wahlen zweiter Klasse“
Die geplante Wahlrechtsreform für Ausländer hatte am Dienstag für mächtig Wirbel gesorgt. Verwunderung und Entsetzen machte sich breit. Da hieß es zum Beispiel, das Wahlrecht dürfe nicht „beliebig aufgeweicht werden“, warnte der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Kommunalpolitik der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, André Berghegger. „Kommunalwahlen sind keine Wahlen zweiter Klasse.“ Die Forderung lasse „Zweifel am ausreichenden Respekt gegenüber den Kommunalräten und der kommunalen Selbstverwaltung erkennen“, fügte der CDU-Politiker hinzu.
Berghegger forderte: „Stattdessen sollten sich alle Beteiligten stärker für die Integration der hier lebenden Ausländer engagieren, damit ihre Integration in eine deutsche Staatsbürgerschaft und dem damit verbundenen Wahlrecht mündet.“
Markus Söder über kommunale Wahlen für Ausländer: „absurde Idee“
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nannte Faesers Vorstoß eine „absurde Idee“. Gebraucht werde „eine wirksame Beschränkung der unkontrollierten Zuwanderung und keine Ausweitung des Wahlrechts“, schrieb Söder auf Facebook.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte in Berlin, der Vorstoß Faesers führe „zu einer weiteren Polarisierung“ in Deutschland und werde sich „negativ auf die Stimmungslage“ auswirken. Er appelliere dringend an die Ampel-Koalition, „diese falschen Signale in die Öffentlichkeit zu unterlassen“, so Dobrindt.
Der CSU-Fraktionschef im bayerischen Landtag, Thomas Kreuzer, warf Faeser vor, sie setze „ihren migrationspolitischen Irrweg“ fort. Die Bundesinnenministerin solle stattdessen alles tun, „um die Migration zu begrenzen“, forderte Kreuzer. Dass EU-Bürger bei Kommunalwahlen ihre Stimme abgeben dürften, sei richtig und Ausdruck europäischer Integration. „Aber dabei muss es bleiben“, betonte der CSU-Politiker.
FDP: Wahlrecht muss über deutsche Staatsangehörigkeit erworben werden
Kritik kam auch von FDP-Bundestagsfraktionsvize Konstantin Kuhle. „Ein kommunales Wahlrecht für Geflüchtete ist der falsche Weg“, erklärte er. „Das Wahlrecht muss grundsätzlich an die deutsche Staatsangehörigkeit gekoppelt bleiben.“ Nur wer dauerhaft in Deutschland lebe und die Voraussetzungen einer Einbürgerung erfülle, solle auch das Wahlrecht erhalten.
Kuhle warf Faeser vor, mit ihrem Vorschlag die Reformpläne der Bundesregierung zu konterkarieren, den Zugang zur deutschen Staatsangehörigkeit künftig mehr Menschen zu ermöglichen, die von ihrer eigenen Arbeit leben können. „Wenn der Zugang zum Wahlrecht – wie nach den Vorstellungen der hessischen SPD – schon ohne Einbürgerung möglich wäre, könnte man sich eine Einbürgerung sparen“, so Kuhle. „Das setzt falsche Anreize und entwertet die deutsche Staatsangehörigkeit.“
AfD: „Der deutsche Pass wird damit zur Ramschware gemacht“
Der AfD-Bundestagsabgeordnete Albrecht Glaser erklärte: „Das Wahlrecht ist ein Bürgerrecht und genuin deutschen Staatsbürgern vorbehalten.“ Es könnte sein, dass nach dem Kommunalwahlrecht für Ausländer auch das Wahlrecht bei Landtags- und Bundestagswahlen folge. „Mit dem Wahlrecht übt das Staatsvolk Staatsgewalt aus – und das setzt die deutsche Staatsangehörigkeit voraus“, betonte Glaser. Faesers Bestrebungen seien womöglich verfassungswidrig, so der AfD-Politiker.
Auf X, ehemals Twitter, schrieb die AfD: „Innenministerin #Faeser (#SPD) setzt sich als Spitzenkandidatin der hessischen Landtagswahl für ein kommunales Wahlrecht aller Menschen ein, die ‚länger als sechs Monate‘ in Deutschland leben. (…) Der deutsche Pass wird damit zur Ramschware gemacht.“