Graseckbahn: Denkmalschutz hemmt Garmisch-Partenkirchner Vorzeige-Projekt


Wenn der Denkmalschutz anklopft, werden Bauprojekte komplizierter und teurer. Das gilt auch für die Graseckbahn in Garmisch-Partenkirchen. Eine neue Bahn kommt, das steht fest. Doch mussten ihre Besitzer einige Pläne begraben.
Garmisch-Partenkirchen – Sie wollten an die Wurzeln der Graseckbahn erinnern. Die Original-Tal- und Bergstation in die neue Bahn integrieren. Dr. Vincens und Dr. Sylvia Weingart wollten ein Museum erschaffen, das jeden Tag genutzt wird. Die alte Bahn lebendig halten, auch wenn bald neue, moderne Gondeln die Gäste auf den Berg bringen werden. Diese Pläne aber mussten sie nun verwerfen. Der Grund: Denkmalschutz. Denn die Graseckbahn wurde als Einzelbaudenkmal in die entsprechende bayernweite Liste aufgenommen. Das bestätigt der Markt, der Gemeinderat hat die Weingarts über diesen Schritt informiert.

Denkmalschutz: Berg- und Talstation dürfen in neue Graseckbahn nicht integriert werden
So wichtig Sylvia Weingart den Denkmalschutz findet: „In diesem Fall ist er eher kontraproduktiv.“ Denn nun müssen die Gebäude im Tal und am Berg stehen bleiben, wie sind sind. Unverändert, unangetastet. Unbelebt. „Früher oder später werden sie so zu einer Bauruine werden.“ Genau das wollten sie und ihr Mann unbedingt verhindern.
Historisches hat für die Weingarts, Besitzer der Bahn und des Hotels „Das Graseck“, einen hohen Stellenwert. „Uns blutet das Herz“, sagte Sylvia Weingart gegenüber dem Tagblatt, als vergangenes Jahr feststand: Die alte Bahn in Garmisch-Partenkirchen ist nicht zu retten. Bei einem Ausfall müsste jedes Ersatzteil extra angefertigt werden, zu bestellen gibt es keine mehr. Mehr noch geht es um die Sicherheit. Noch bekommt die Bahn TÜV, was aber ist in ein paar Jahren? Erhalten und sanieren, die Technik aufrüsten: Diese Variante hätte den beiden am besten gefallen. Alle Experten aber lehnten ab. Kein Seilbahnunternehmen will die Bahn mit der Querstütze betreiben.
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Besitzer der Graseckbahn wollten die Wurzeln der Bahn bewahren: „Das ist einfach nur schade“
Bei der Einweihung der Bahn 1953 war sie als erste waagrechte Trassenstütze noch eine Weltneuheit. Nun ist der „hängende Esel“ Teil des Denkmals und bleibt als Erinnerung am Fels. Links davon wird die neue Bahn über eine senkrechte Stütze laufen. Das war von Anfang an so geplant. Daran hat sich durch den Denkmalschutz nichts geändert. Ganz anders an der Tal- und Bergstation.
So viel Nostalgie wie möglich wollte das Ehepaar bewahren. Die alte Talstation sollte – natürlich umgebaut – auch die neue werden, die alte Technik samt Motor und Schaltraum wären als Ausstellungsraum geblieben. Jeder Gast hätte das Historische gesehen und gespürt, wenn er in die moderne Gondel gestiegen wäre. Der Maschinist, der ohnehin an der Talstation arbeitet, hätte den Besuchern Fragen zur 70-jährigen Geschichte der Bahn beantworten können. Hätte, hätte, hätte. Das Ganze bleibt ein Konjunktiv. Denn so wird es nicht kommen. „Das ist einfach nur schade“, sagt Sylvia Weingart.
Graseckbahn bekommt auch komplett neue Berg- und Talstationen: in Sachen Barrierefreiheit suchen die Planer noch nach einer Lösung
Stattdessen entsteht nun ein neues Gebäude hinterhalb des bestehenden. Größer und höher muss es werden als ursprünglich geplant, da die Gondeln nun über die Denkmalschutz-Talstation hinweg fahren müssen. Als schwieriger gestaltet sich nun der barrierefreie Zugang. Dafür suchen die Planer noch nach einer guten Lösung, die es für die Weingarts zwingend geben muss. In der Barrierefreiheit sehen sie neben der Technik einen der Hauptgründe für den Neubau. Künftig lassen sich in den Kabinen beide Sitzbänke nach oben klappen, um Rollstuhlfahrer, Mountainbikes und Kinderwagen zu transportieren. Jede Gondel fasst dann sechs bis acht – statt bisher vier bis sechs – Personen.
Umdenken musste das Ehepaar auch an der Bergstation. Wieder als solche verwenden konnte man sie wegen der leicht veränderten Trasse nicht, das stand von vorneherein fest. Doch wollten die Weingarts das Gebäude renovieren, umbauen und es dann als Veranstaltungs- und Tagungsraum nutzen mit historischem Inventar, Bildern, und einer Originalgondel. Oder als zusätzliches Gästezimmer außerhalb des Hotels mit besonderem Charme. In jedem Fall sollte die frühere Bergstation die Geschichte der Original-Graseckbahn erzählen und damit der ältesten Kleinkabinenbahn der Welt. „Jetzt aber darf man da nichts verändern“, bedauert Sylvia Weingart. „Also bleibt das Gebäude einfach so stehen, wie es ist – und keiner kommt mehr vorbei.“
Herzensprojekt Graseckbahn: viel Zeit und Geld hat das Ehepaar Weingart in Forsthaus und Bahn gesteckt
Viel hat das Ehepaar, das 2004 vom Ammersee nach Garmisch-Partenkirchen zog, bereits in ihr Projekt investiert. 2012 haben sie das Forsthaus Graseck samt Bahn gekauft. Drei Jahre lang haben sie das Haus umgebaut und 2015 als luxuriöses Gesundheits- und Wellnesshotel neu eröffnet, für etwa 80 000 Euro sanierten sie zudem die Kabinen.
Über konkrete Kosten zum Neubau der Graseckbahn wollte das Ehepaar von Anfang an nicht sprechen. Schwer lassen sie sich in der aktuellen Situation abschätzen. Von „mehreren Millionen Euro“ gehen die Mediziner aus. Mit dem Denkmalschutz ist der Betrag erneut gestiegen. „Es wird teurer, ganz klar“, sagt Sylvia Weingart. Eine Alternative zum Neubau aber gibt es nicht. Die gute Nachricht: Den Zeitplan haben die Umplanungen nicht durcheinandergebracht. Läuft alles glatt, geht die neue Graseckbahn zu Weihnachten in Betrieb.
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