Graffiti-Aktion bevor die Bagger kommen



Für die Gebäude der ehemaligen Firma Zelenka an der Frühlingstraße in Gilching hat das letzte Stündchen geschlagen. Bevor jedoch die Abrissbagger anrücken, dürfen sich Graffiti-Künstler austoben. Federführend dabei sind der Gilchinger Graffiti-Profi Lando, die Gemeinde und der Verein zur Förderung urbaner Kunst.

Gilching – Es war Melander Holzapfel alias Lando, der vor einiger Zeit die Idee hatte, für Jugendliche Flächen zu finden, die sie kreativ besprühen dürfen. „Ich hoffe, dass man sie dadurch für die Kunst sensibilisieren und vielleicht sogar davon überzeugen kann, sinnlose Schmierereien oder die Zerstörung von Graffiti-Gemälden zu lassen“, erklärt Lando. Gelegen kam da, als er vom Abriss der Zelenka-Werke hörte. Die künftigen Grundstückseigner Thomas Vilgertshofer aus Alling sowie die Gemeinde Gilching waren einverstanden. „Da gibt es tatsächlich jede Menge Mauerwerk, das sich optimal für diesen Zweck eignet“, war Lando überzeugt.

Allerdings musste bis zum 1. August gewartet werden, weil erst dann ein Teil des Geländes in den Besitz von Vilgertshofer übergegangen ist und der Rest des Areals plus die Fläche, auf dem das BRK untergebracht ist, frei geworden sind. Wie berichtet, sollen auf dem der Gemeinde gehörenden Areal Wohnungen entstehen. Das BRK zieht in die Räumlichkeiten des frei werdenden Kindergartens Wichtelhaus um.

Auch wenn das Wetter für Außenarbeiten zuletzt nicht gerade optimal war, Profis wie Nachwuchskünstler sind bereits am Werk. „Wir Erwachsenen werden die Innenräume besprühen, da spielt das Wetter keine Rolle“ erklärt Lando. „Die Jugendlichen dürfen sich an den Außenwänden austoben. Es hat rechtliche Gründe, dass sich innerhalb nur die Erwachsene verwirklichen dürfen.“

Ein ehemaliger Mitarbeiter, der 40 Jahre bei Zelenka beschäftigt war, schaute kurz vorbei, um Erinnerungsfotos zu schießen. Für ihn war die Aktion unverständlich: „Wieso werden hier noch die Wände schön bemalt? Wissen die Künstler denn nicht, dass das alles in wenigen Wochen abgerissen wird?“ Wissen sie natürlich. „Für uns ist das eine tolle Sache, so große Flächen zum Besprühen zu haben. Kunst ist aber auch vergänglich. Deshalb fotografieren wir alles und freuen uns dann noch Jahre lang über die Bilder“, erklärt Lando.

Hermann Dejako, langjähriger Geschäftsführer von Zelenka, bedauert generell die Entwicklung. „Es ist schon traurig, wenn man bedenkt, wie erfolgreich wir damals waren, und jetzt wird alles dem Erdboden gleichgemacht.“ 1926 in München gegründet, siedelte der Betrieb für innovative Industrie- und Geschäftsmöbel 1974 nach Gilching um und erhielt zweimal den Bayerischen Staatspreis für innovative Produkte. Vor einigen Jahren geriet die Firma jedoch in Turbulenzen und meldete 2013 Insolvenz an. Danach wurden die Zelenka AG und die Futureblech AG zur Futronika AG zusammengeführt. Für die Futronika wurde Gilching lediglich eine kurze Episode. Vor drei Jahren wurde der AG die Räumlichkeiten gekündigt, da das Areal zeitnah für die Nutzung von Wohnraum vorgesehen und dies auch schon beschlossen war.

Lando ist kein Unbekannter in Gilching. Im September 2022 gestaltete er die Unterführung am S-Bahnhof in Gilching-Argelsried, außerdem die Räume der Filmstation in Gilching und einige AWA-Schaltkästen in Stegen und Steinebach. Schon 199 gründete er seine erste Graffiti-Agentur. Der gebürtige Fürstenfeldbrucker sprüht bereits seit 1987, er ist ein Profi. Ihm zur Seite steht bei dem Zelenka-Projekt Marco Ziegler, bekannt unter dem Pseudonym Mr. Gum und auch schon lange im Geschäft.

Wer Lust hat, sich zu beteiligen, kann sich über den QR-Code, der am Eingang des Geländes hängt, oder auf www.verein-urbane-kunst.de anmelden. Er muss sich allerdings sputen, denn schon am 23. August sollen die Abrissarbeiten beginnen. Der größte Teil der Sprayer wird laut Ziegler ab dem Wochenende und die Woche danach auf dem Gelände unterwegs sein.

Uli Singer



Quellenlink https://www.merkur.de/lokales/starnberg/gilching-ort28732/graffiti-aktion-bevor-die-bagger-kommen-92449173.html