Gießelmann, Behrens und Seguin glänzen bei Union


Beim 2:2 gegen Augsburg empfehlen sich drei Profis des 1. FC Union für mehr. Insofern kommt für sie die lange WM-Pause doch eher ungelegen.

Mehr als nur ein kopfballstarker Zielstürmer: Unions Kevin Behrens.

Mehr als nur ein kopfballstarker Zielstürmer: Unions Kevin Behrens.Imago/Contrast

Man kann Unentschieden spielen, sich aber dennoch wie ein Sieger fühlen. Das gilt nach diesem sehr sehenswerten Bundesligaspiel vom Mittwochabend zwischen dem 1. FC Union Berlin und dem FC Augsburg, das 2:2 endete, aufseiten der Eisernen im Besonderen für Niko Gießelmann, Kevin Behrens und Paul Seguin.

Die drei waren in den vergangenen Wochen und Monaten, als die Köpenicker über mehrere Spieltage hinweg gar die Tabelle der höchsten deutschen Spielklasse anführten, zwar immer dabei, aber irgendwie auch nicht mittendrin, durften am Mittwochabend doch ein wenig überraschend von Beginn an ran und empfahlen sich dabei im aufregenden Hin und Her für mehr. Jeder für sich, jeder mit seinen Fähigkeiten. Aber der Reihe nach. 

Feine Freistoßflanke auf Behrens

Niko Gießelmann: In der Vorsaison war der 31-Jährige auf dem linken Flügel zumeist noch erste Wahl, glänzte als Vorbereiter (sieben Assists) und Torschütze (drei Treffer), musste dann aber mit ansehen, wie der sich stetig weiterentwickelnde Julian Ryerson im 3-5-2-System immer öfter seinen Platz einnahm. Beziehungsweise wie Kapitän Christopher Trimmel mit beständig guten Leistungen seinen Stammplatz gegen Ryerson, der ja an sich eher ein Mann für den rechten Flügel ist, verteidigte. Gießelmann kam schließlich nur als Back-up zum Zug, also wenn Ryerson und Trimmel aufgrund der hohen Belastung in drei Wettbewerben ein Päuschen benötigten. Bis zum Spiel gegen den FCA war Gießelmann in Liga, Pokal und Europa League noch nicht einmal auf 800 Einsatzminuten gekommen.

Das konnte ihm nicht gefallen, vor allen Dingen im Hinblick auf seinen im Sommer 2023 auslaufenden Vertrag. Gießelmann musste und wollte demnach ein Zeichen setzen – und tat dies nach ein paar wackligen Auftritten nun endlich gegen Augsburg. Mit allerlei Vorstößen, gefährlichen Abschlüssen und Standards, mit einer feinen Freistoßflanke auf Behrens, der in der 22. Minute zur zwischenzeitlichen 2:1-Führung einköpfte. Und mit einem Freistoß aus knapp 25 Metern, der in der 48. Minute gegen die Querlatte klatschte. Mit einem Lächeln trat er nach der Partie vor die Kamera, sagte: „Da hätte ich mich natürlich belohnen können – ärgerlich, aber es hat heute irgendwie zum Spiel gepasst, wie ich finde. Der Ball wollte in der zweiten Halbzeit einfach nicht rein.“ Nichtsdestotrotz wird Gießelmann nachlegen müssen, um Aussicht auf eine Verlängerung seines Vertrages zu haben.

Mehr als nur der Mann für den Lucky Punch

Kevin Behrens: Dass er will, stand nie außer Frage, nur ob er auch Bundesliga kann, wurde gern mal bezweifelt. Nun gibt 31-Jährige allerdings Beispiel, wie man sich auch im fortgeschrittenen Stürmeralter noch etwas aneignen und bei Gelegenheit eben auch reüssieren kann. Behrens, das wurde am Mittwochabend offenkundig, ist jedenfalls nicht mehr nur die Kante, die man gegen Ende einer Partie ins Gefecht wirft, um über einen Lucky Punch noch zum Torerfolg zu kommen. Nein, der gebürtige Bremer ist auf den ersten Metern schneller als ehedem, inzwischen auch dazu in der Lage, Bälle gekonnt zu verarbeiten beziehungsweise weiterzuleiten. Und klar: Er ist und bleibt einer der kopfballstärksten Offensivspieler in Deutschland.

Beeindruckend, aus welcher Höhe er beim 2:1 zum erfolgreichen Kopfball ansetzte. Bedauernswert für ihn, dass er bei einem weiteren Kopfball in der 68. Minute einen weiteren Glücksmoment verpasste und sich deshalb im Nachgang zu folgender Aussage gezwungen sah: „Wir hätten gerne das letzte Heimspiel gewonnen. Leider habe ich den einen Ball an den Pfosten gesetzt. Sonst hätten wir, glaube ich, drei Punkte gehabt.“ Schließlich ergriff er auch in eigener Sache noch das Wort, schloss dabei aber auch andere mit ein: „Das haben wir gut gemacht, die, die neu reingekommen sind.“ Stimmt, so gut, dass sich zumindest in seinem Fall der formschwache und gegen Augsburg erst in der Schlussphase eingewechselte Jordan Siebatcheu schon ein paar Gedanken machen muss.

Als verlässliche Option etabliert

Paul Seguin: Der gebürtige Magdeburger, im Sommer dieses Jahres von Fürth nach Köpenick transferiert, hat das Problem, dass er auf seiner Lieblingsposition im zentralen Mittelfeld Rani Khedira zum Konkurrenten hat. Dass es überdies auf seiner 1b-Lieblingsposition, also auf der Achter-Position, mit Janik Haberer, Andras Schäfer, Morten Thorsby und Genki Haraguchi gleich vier Kollegen mit vorzüglichen Qualitäten gibt. Seguin hat sich allerdings in diesem Kreis als eine verlässliche Option etabliert, als einer, der dank seiner technischen Fähigkeiten und dank seiner schnellen Auffassungsgabe zugleich Ruhe, aber auch mal eine besondere Idee einbringen kann.

So bereitete der 27-Jährige gegen Augsburg auf vorzügliche Weise das 1:0 durch Sheraldo Becker vor, ermöglichte Behrens in der bereits erwähnten Szene aus der 68. Minute die Chance zum 3:2, glänzte zudem im Verborgenen an der Seite von Khedira zur Linken und Ryerson zur Rechten als Balleroberer.

Für die soeben Gelobten kann man jedenfalls schon vor dem letzten Pflichtspiel dieses Jahres, der Auswärtspartie in Freiburg am kommenden Sonntag, zu einem gemeinsamen Schluss kommen: Die WM-Pause kommt für sie doch eher ungelegen.



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