Fall Luise aus Freudenberg – Buschmann (FDP) gegen voreilige Schlüsse in Debatte über Absenkung der Strafmündigkeit auf 12 oder 13 Jahre


Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) im Porträt

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) (imago / photothek / Felix Zahn)

Jede Debatte über derartige Anpassungen im Strafrecht müssten mit “kühlem Kopf” geführt werden, sagte der FDP-Politiker der “Bild am Sonntag”. Auch wenn Kinder unter 14 Jahren in Deutschland nicht strafrechtlich belangt würden, halte die Rechtsordnung Mittel bereit, um auf schwere Gewalttaten auch jüngerer Kinder zu reagieren. Buschmann verwies dabei etwa auf eine geschlossene Unterbringung in Heimen oder der Psychiatrie. Hintergrund der Debatte ist die Tötung der Zwölfjährigen Luise aus dem nordrhein-westfälischen Freudenberg. Tatverdächtig sind zwei etwa gleichaltrige Mädchen.

Experten skeptisch

In der Folge hatte sich die Union dafür ausgesprochen, eine Senkung des Strafmündigkeits-Alters auf unter 14 zu erwägen. Auch Experten sind skeptisch. Der Bernauer Jugendrichter, Andreas Müller, zum Beipsiel sprach sich dagegen aus. Damit verhindere man keine Taten nicht, sagte er im Deutschlandfunk. Eine 12- oder 13-Jährige werde nicht vorher darüber nachdenken, wie lange sie für ein Verbrechen ins Gefängnis gehe. Das Heruntersetzen auf 12 Jahre werde nichts bringen.

Ein Fall wie in Freudenberg ist Müller in seiner Berufstätigkeit noch nie untergekommen. Der Jurist kann auch keinen Anstieg an Jugendgewalt erkennen. Er stelle geradezu das Gegenteil fest, betonte er. Vor 15 oder 20 Jahren habe er viel schlimmere Gewalt gehabt als heute. Heute seien viele junge Leute nicht mehr so frustriert wie früher, hätten Lehrstellen, Perspektiven und könnten was aus ihrem Leben machen. Die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit ist seinen Beobachtungen zufolge verzerrt. Eine Ursache dafür seien die Medien, führte Müller aus. Früher sei eben nicht jede Gewalttat so in den Medien gewesen wie heute.
Auch Psychologen warnen vor einer vorschnellen Senkung des Strafbarkeitsalters. Eine gesetzliche Entscheidung etwa auf politischen Druck durch Petitionen oder aus der Allgemeinbevölkerung heraus könnte “fatale Folgen” für Kinder und Jugendliche und somit auch für die Gesellschaft als Gemeinschaft haben, teilte der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen mit. Er rief zur Besonnenheit auf. Auch der Präsident der Psychotherapeutenkammer NRW, Höhner, ist absolut dagegen. Das sei ein Appell, der mehr mit den Fordernden zu tun habe, als mit der Forderung selbst. Man wolle damit die eigene Hilflosigkeit überwinden, sagte er der “Rheinischen Post”.

Polizei warnt vor Gerüchten in Sozialen Medien über Hintergründe der Gewalttat in Freudenberg

Polizei und Staatsanwaltschaft in Freudenberg warnte, durch das breite Interesse der Öffentlichkeit und die damit verbundene Anteilnahme kämen immer wieder Gerüchte über die mutmaßlichen Hintergründe des Vorfalls auf. Die Kreispolizeibehörde Siegen-Wittgenstein führte aus, offenkundig gebe es besonders in den Sozialen Medien Spekulationen, die sich nicht mit dem aktuellen Stand der Ermittlungen deckten. Die Ermittlungsbehörden baten die Bevölkerung ausdrücklich darum, sich an solchen Diskussionen nicht zu beteiligen, auch zum Schutz der Angehörigen.

Diese Nachricht wurde am 19.03.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.



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