EZB kritisiert: Banken unterschätzen Klimarisiken erheblich


Klima-Protest vor der Deutschen Bank

Die Europäische Zentralbank sieht zwar Fortschritte bei den Banken, was die Berücksichtigung von Klima- und Umweltrisiken angeht, mahnt aber weitere Schritte an. 


(Foto: dpa)

Frankfurt Die Bankenaufseher der Europäischen Zentralbank (EZB) sehen bei europäischen Banken noch große Defizite bei der Berücksichtigung von Klima- und Umweltrisiken in ihrem Risikomanagement und ihrer Strategie. Das geht aus einer Untersuchung hervor, für die die Notenbank den Umgang mit solchen Gefahren bei 186 Instituten überprüft hatte, darunter auch 39 Geldhäuser aus Deutschland. Der Bericht gibt Aufschluss darüber, ob Banken die Umweltaspekte angemessen identifizieren und managen.

Zwar beobachtet die EZB Fortschritte bei den Banken bei der Berücksichtigung solcher Gefahren in ihrem Risikomanagement und in ihrer Strategie: Rund 85 Prozent der Banken wenden demnach mittlerweile zumindest Basisverfahren in den meisten Bereichen an. Allerdings fehlen den meisten ausgefeiltere Methoden und granulare Informationen über Klimarisiken.

„In der Folge unterschätzen Banken erheblich Größe und Ausmaß solcher Risiken und fast alle Banken (96 Prozent) haben blinde Flecken bei ihrer Ermittlung“, schreibt die EZB. „Einfach gesagt, das Glas füllt sich langsam, aber es ist noch nicht einmal halb voll“, schrieb EZB-Direktor Frank Elderson, der auch Vizechef der EZB-Bankenaufsicht ist, in einem Blogbeitrag.

Elderson listet in seinem Blogbeitrag drei Punkte auf, die ihn stören: Zum einen sind das eben diese blinden Flecken der Institute bei der Identifizierung von Umweltrisiken – mit Blick auf Branchen, Regionen und Risikotreiber. Dort, wo Banken die Risiken ermitteln, würden sie oft nicht das Ausmaß erkennen und könnten meistens nicht abschätzen, wie sich diese Gefahren in der Zukunft weiterentwickeln.

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Der zweite Kritikpunkt Eldersons: „Die meisten Strategiepapiere der Banken sind voller Referenzen zum Klimawandel, aber Verschiebungen in den Ertragsquellen sind rar“, moniert er. Banken seien zwar sehr interessiert an neuen Formen nachhaltigen Geschäfts und würden klimaschädlichere Aktivitäten auslaufen lassen. Doch die wenigsten Banken, die bis 2050 klimaneutral arbeiten wollen, hätten sich bereits Zwischenziele gesetzt. 

Und „die meisten Banken haben nicht die Frage beantwortet, was sie mit Kunden tun werden, die wegen des grünen Umbaus der Wirtschaft nicht länger nachhaltige Ertragsquellen haben“, so Elderson. „Zu viele Banken hoffen noch immer auf das Beste und bereiten sich nicht auf das Schlimmste vor.“

Banken machen Ausnahmen für Klimasünder

Ein weiteres Problem aus Sicht des Bankenaufsehers: Zwar hätten mehr als die Hälfte der Banken Richtlinien eingeführt, würden diese aber nicht anwenden. So hätten einige Banken Richtlinien, die beschreiben, wie man mit Kunden umgehen muss, die in riskanten Aktivitäten engagiert sind. „Wenn wir aber reale Fälle auswerten, sehen wir, dass Kunden – sogar notorische Verschmutzer – manchmal von diesen Richtlinien ausgenommen wurden“, moniert Elderson.

Nun fordert die EZB von den Instituten mehr Tempo bei der Berücksichtigung von Klima- und Umweltrisiken. Die EZB habe den Instituten individuelle Fristen gesetzt, um bis Ende des Jahres 2024 alle Erwartungen zu erfüllen, die die Bankenaufseher der Notenbank in einem Leitfaden zum Umgang mit Klima- und Umweltrisiken veröffentlicht hatten.

In einem ersten Schritt sollen alle Institute bis spätestens März 2023 in der Lage sein, Klima- und Umweltrisiken zu kategorisieren und deren Auswirkungen auf die Bankaktivitäten vollständig zu beurteilen.

Die EZB betonte, dass Banken, denen das nicht gelingt, auch mit Sanktionen rechnen müssen. Denn die Bankenaufsicht berücksichtigt Faktoren wie den Umgang der Banken mit Klimarisiken zunehmend in ihren individuellen Aufsichtsgesprächen mit Banken. Dabei geht es auch um die Frage, wie hoch die individuellen Eigenkapitalpuffer sind, die die Notenbank den Instituten auferlegt. Diese individuellen Puffer ermittelt die EZB anhand des Risikoprofils der Banken, in das auch organisatorische Defizite etwa beim Umgang mit Umweltrisiken einfließen.

Mehr: Die EZB-Aufsicht macht Druck – Banken sollen „grüner“ werden



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