Eltern entsetzt: Kita-Gebühren steigen massiv


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Wehren sich gegen die angepeilte Erhöhung der Gebühren: Kerstin Tetzel (links) und Cornelia Neidhart mit Tochter Cleo. Teile des Gemeinderats sind absolut nicht kinder- oder familien-freundlich. Kerstin Tetzel
Wehren sich gegen die angepeilte Erhöhung der Gebühren: Kerstin Tetzel (links) und Cornelia Neidhart mit Tochter Cleo. Teile des Gemeinderats sind absolut nicht kinder- oder familien-freundlich. Kerstin Tetzel © sas

Ein Plus von satten 80 Prozent: Die Marktgemeinde Altomünster will die Kindergartengebühren massiv erhöhen. Dort bei den Eltern formiert sich Widerstand.

Altomünster – Hohe Wellen schlägt derzeit die 80-prozentige Erhöhung der Kindergartengebühren in der Marktgemeinde Altomünster. Die Elternbeiräte sind entsetzt. Die meisten Gemeinderatsmitglieder stehen indes hinter dem Beschluss, der mit nur drei Gegenstimmen gefasst wurde.

„Wir waren so geschockt, dass wir nach diesem Tagesordnungspunkt die Sitzung verlassen haben“, sagen Kerstin Tetzel, Elternbeiratsvorsitzende des Kindergartens Pipinsried, und Cornelia Neidhart, Vorsitzende der Kleinen Strolche in Altomünster. Geschockt waren die beiden Mütter, weil der Marktgemeinderat in der April-Sitzung nach langer Diskussion mit nur drei Gegenstimmen (Susanne Luz und Stefan Gailer, beide FWG, sowie Susanne Köhler, FDP) eine 80-prozentige Anhebung der Elterngebühren beschlossen hatte. Die Verwaltung hatte in der Tischvorlage eine Steigerung von fünf, zehn oder 20 Prozent vorgeschlagen.

Zweiter Bürgermeister Hubert Güntner (FWG) indes hatte die mit Zahlen unterfütterte Erhöhung von 80 Prozent ins Spiel gebracht (wir haben berichtet). In den Fraktionen war dieser Vorschlag bereits im Vorfeld diskutiert worden, jedoch nicht mit den Elternbeiräten, wie Kerstin Tetzel gegenüber den Dachauer Nachrichten erklärte. Sie hatte bisher zwei Kinder im Kindergarten, ab September, wenn die Anhebung in Kraft treten soll, ist es nur noch ein Kind.

Für sie ist das ein einfaches Rechenbeispiel: Bisher habe sie für eine Betreuung von fünf bis sechs Stunden 148,20 Euro im Monat bezahlt, jetzt würden es 266,76 Euro. Cornelia Neidhart hatte für ihre Tochter sechs bis sieben Stunden gebucht, zahlte dafür bisher 172,80 Euro, ab September wären es 311,04 Euro. Abziehen muss man bei allen Beträgen allerdings 100 Euro, die der Freistaat monatlich für jedes Kind bezahlt. Die Verwaltung zieht lediglich den verbleibenden Betrag ein.

Die Elternbeiträge decken jedoch die Finanzierung der Kitas nur zum kleinen Teil. Die wesentlichen Mittel stammen vom Freistaat und der Kommune, zu deren Pflichtaufgaben die Bereitstellung von Kinderbetreuungsplätzen zählt. Prekär sind die steigenden Lohn- und Energiekosten, die Tariferhöhungen bei 33 Beschäftigten in den Kindertagesstätten und ein Defizit im Kindergartenbereich von jährlich etwa 900 000 Euro.

20 bis 30 Prozent Erhöhung würden die Eltern ja hinnehmen, „aber 80 Prozent sind zu viel“, so Cornelia Neidhart. Deswegen wollen die Elternbeiräte der vier kommunalen Einrichtungen (Altomünster, Wollomoos, Pipinsried und Oberzeitlbach) sowie des BRK-Kindergartens „Am Brechfeld“ alles Mögliche versuchen, diese Erhöhung zu verhindern.

Zunächst suchten sie das Gespräch mit Bürgermeister Michael Reiter (FWG). Sie rechnen ihm sehr hoch an, dass er sich eine Stunde Zeit genommen und den etwa 20 Eltern im Sitzungssaal Zahlenmaterial präsentiert und erklärt hat. Doch nach 20 Minuten habe man sich im Kreis gedreht, so Kerstin Tetzel. Parallel dazu wurden Unterschriften gesammelt – in den Kindergärten und bei allen möglichen Gelegenheiten, wie etwa den Maibaumfesten. 453 Unterzeichner insgesamt hätten sich gegen eine Erhöhung in dieser Art ausgesprochen. Als Erfolg werten die beiden Mütter auch den Rücklauf von 128 Fragebögen, die in den Kindertageseinrichtungen verteilt wurden (bei derzeit rund 260 Kindern, einschließlich Vorschulkindern).

Mittlerweile wurde zudem ein Anwalt eingeschaltet. Auch der habe die beschlossene Steigerung als „zu hoch“ bewertet. „Bei 81 Prozent spreche man von Sittenwidrigkeit“, so Cornelia Neidhart zur Aussage des Anwalts. Manche Eltern würden nun überlegen, die Betreuungsstunden zu reduzieren, elf Prozent der Befragten würden möglicherweise ihre Kinder sogar aus den Kindergärten herausnehmen und die Kleinen entweder von Großeltern betreuen lassen oder den Kindergarten wechseln. „Teile des Gemeinderats sind absolut nicht kinder- oder familienfreundlich“, urteilt Kerstin Tetzel.

Sie ist im Übrigen nicht unbedingt begeistert vom Kindergarten Pipinsried. Das Personal sei „super, aber wir haben alte Möbel, keinen Turnraum, und ein Essensangebot oder längere Betreuungszeiten sind auch nicht möglich“.

Roland Schweiger, CSU-Fraktionssprecher, hält die beschlossene Anhebung für richtig: „Es wurden in der Vergangenheit Fehler gemacht. Man hätte viel früher die Gebühren anpassen müssen.“ Jetzt kämen die Tariferhöhungen massiv zum Tragen: die Einmalzahlungen heuer, die eigentliche Lohnerhöhung in 2024. Aber alle fälligen Sanierungen oder die neuen Gruppen, die eingerichtet werden sollen, wie etwa eine Integrationsgruppe und eine vierte Kindergartengruppe im Kinderhaus Regenbogen – „das ist doch alles für die Kinder und die Möglichkeit, dass alle einen Platz in den Kinderhäusern bekommen“, betont Schweiger.

Marianne Kerle (CSU), die sich auch mit den Elternbeiräten unterhalten hat, gibt zu, dass die Kommunikation nicht optimal gelaufen sei. Aber man müsse auch dazu sagen, dass die Gebühren bisher immer im unteren bis mittleren Bereich gelegen hätten.

Ganz pragmatisch hat Susanne Luz gehandelt: Zusammen mit Tina Setzmüller, Elternbeirätin bei den Kleinen Strolchen, hat sie einen Antrag verfasst, in dem es um eine sozial verträgliche Erhöhung geht. Dieser Antrag wird vermutlich in der Sitzung am 27. Juni behandelt.



Quellenlink https://www.merkur.de/lokales/dachau/altomuenster-ort28160/eltern-entsetzt-kita-gebuehren-steigen-massiv-92331969.html