Doping-Beichte von Jan Ullrich: “Wer mithalten will, muss mitmachen”

Ex-Radrennprofi
Jan Ullrich gesteht jahrelanges Doping: “Wer mithalten will, muss mitmachen”
Offen wie nie spricht Jan Ullrich über Doping, Alkohol- und Drogenexzesse – und wie ihm die Liebe zu seinen Kindern das Leben rettete
© Nico Kurth / stern
“Ich habe niemanden betrogen”, hat Jan Ullrich einst gesagt. Nun ist klar: Der Sportler hat nicht die Wahrheit gesagt. Im Interview mit dem stern spricht er erstmals über seine Gründe dafür.
Erstmals äußert sich der ehemalige Tour-de-France-Sieger Jan Ullrich ausführlich zum Blutdoping, das er während seiner Zeit als Telekom-Profi betrieben hat, um seine Leistung zu steigern. “Wenn du mithalten willst, musst du mitmachen”, sagte Ullrich im Interview mit dem stern. Diesem Zwang habe er sich sehr schnell unterworfen, nachdem er sich 1995 als Profi dem Team Telekom angeschlossen hatte.
Doping habe sich damals “völlig normal” angefühlt. “Allgemein überwog die Einstellung: Wenn man das nicht macht – wie will man dann in einem Rennen bestehen?” Ullrich beschreibt das Doping als Notwendigkeit, um mithalten zu können. “Ohne nachzuhelfen, so war damals die weitverbreitete Wahrnehmung, wäre das so, als würdest du nur mit einem Messer bewaffnet zu einer Schießerei gehen.”
Jan Ullrich: “Ich wollte kein Verräter sein”
Ullrich war 2006 von der Tour de France ausgeschlossen worden, weil ihm Verbindungen zum spanischen Dopingarzt Eufemiano Fuentes nachgewiesen wurden. Dem stern sagte er, er bereue es heute, nicht früher reinen Tisch gemacht zu haben. Aber damals wäre das nicht gegangen. “2006 war es mir nicht möglich zu reden, denn ich wollte kein Verräter sein.” Dieses Szenario sei ihm immer wieder skizziert worden: “Die Anwälte haben mir gesagt: Entweder du gehst raus und reißt alles ein, oder du sagst gar nichts. Ich habe mich damals für die zweite Empfehlung entschieden. Denn alles einzureißen hätte auch bedeutet, dass ich viele Menschen mit in den Schlund hinunterziehe.”