Dieses SUV soll die Elektro-Offensive von Ford einleiten – mithilfe von VW

Das Auto soll noch dieses Jahr bei Ford in Köln vom Band laufen.
Köln Die Elektro-Offensive von Ford in Europa kommt spät. Am Dienstag stellte der Konzern in Köln sein erstes vollelektrisches Kompakt-SUV vor. Der Explorer soll die neuen Markengene von Ford verkörpern – rauer und amerikanischer sein. Vor allem aber soll er den Rückstand zu Konkurrenten wie Volkswagen oder Opel aufholen, die im Segment bereits Elektroautos anbieten.
Hilfe bekommt Ford dabei ausgerechnet von Volkswagen selbst. Technisch basiert das Fahrzeug auf Volkswagens Elektrobaukasten MEB, und zumindest bei den Maßen ist die Verwandtschaft auch sichtbar: Mit 4,46 Meter Länge und 1,87 Meter Breite ist der Explorer etwa so groß wie der VW ID.4 – auch wenn er sich optisch abhebt. Außen setzt Ford auf Geländewagenoptik, innen überrascht das Auto mit einem großen Display, ähnlich wie man es vom US-Elektroautobauer Tesla kennt.
Für das Ford-Werk in Köln ist der Explorer nach dem Abschied des Fiesta von enormer Bedeutung. Entsprechend optimistisch gibt sich Deutschlandchef Martin Sander bei der Präsentation des neuen Modells im Kölner Motorenwerk: „Heute ist ein großer Tag für Ford.“ Noch in diesem Jahr soll das SUV in Köln vom Band laufen. Die Ladezeit auf 80 Prozent liegt bei 25 Minuten. Weitere Details – wie die Batteriechemie und konkrete Leistungsdaten – will Ford erst vor dem Produktstart bekanntgeben. Zum Start soll das Auto weniger als 45.000 Euro kosten.
Ford: Nachzügler bei der Elektromobilität in Europa
Damit wird der neue Elektro-Explorer unwesentlich günstiger sein als der VW ID.4. Trotz der Konkurrenzsituation glaubt UBS-Analyst Patrick Hummel nicht, dass sich Volkswagen mit dem Verkauf seiner Elektroplattform selbst das Wasser abgraben könnte. „Für VW bedeutet die Lieferung bessere Skaleneffekte für die Plattform.“
Im Gegenzug bringt die Technologie von VW für Ford vor allem einen Zeitvorteil. In den kommenden Jahren will der US-Konzern eine eigene Plattform für Elektroautos bis zur Marktreife entwickeln. Im Jahr 2020 hatten VW und Ford eine strategische Allianz geschlossen und diese zuletzt vertieft. Insgesamt ist die Kooperation auf sechs Produktionsjahre ausgelegt und soll 1,2 Millionen Fahrzeuge umfassen.
Erstes vollelektrisches Volumenmodell in Europa als Meilenstein.
(Foto: obs)
„Ford ist in Europa eindeutig Nachzügler und kommt enorm spät mit seinem ersten Volumen-Elektromodell“, sagt Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach. Dem Konzern sei deshalb nicht viel anderes übriggeblieben, als sich bestehender Lösungen zu bedienen. Auch UBS-Experte Hummel sagt: „Ford steht vor großen strukturellen Herausforderungen im Europageschäft.“
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Tatsächlich ist der amerikanische Autohersteller im Elektrobereich zum Erfolg verdammt. Bis 2030 will der US-Konzern in Europa ausschließlich rein elektrisch angetriebene Autos produzieren und verkaufen. Dafür ist der Explorer entscheidend. In Amerika hatte Ford darum einen rein elektrischen F-150 angeboten. Das Pick-up-Modell ist das meistverkaufte Auto der USA. Nach Europa hat man es bislang aber nicht gebracht.
Der Explorer soll die Ford-Elektrooffensive in Europa nun einleiten. Das ist auch dringend notwendig: Zuletzt hatten der Hersteller in Europa massiv Marktanteile verloren und große Verluste geschrieben. Allein für das abgelaufene Geschäftsjahr fiel zuletzt ein Minus von rund 2,2 Milliarden Dollar an. In Amerika steht Ford als Nummer zwei im Markt schlechter da als etwa der große Rivale General Motors.
Wegen E-Wende: Ford streicht 3800 Stellen – vor allem in Deutschland
Um langfristig aus der Verlustzone zu kommen, trimmt Konzernchef Jim Farley die Traditionsmarke aktuell auf Effizienz und setzt sich ambitionierte Ziele. Bis 2025 soll die Marge bei Elektroautos acht Prozent betragen. Dafür muss Ford auch in Europa höhere Preise durchsetzen. Gegenüber den Wettbewerbern müsse man einen Gesamtkostennachteil von bis zu 7,5 Milliarden Euro wettmachen, heißt es aus dem Konzern. Allein dieses Jahr will Ford darum weltweit gut zwei Milliarden Euro Kosten einsparen.
Große Displays wie bei Tesla.
Der neue Sparkurs trifft vor allem Deutschland: 3800 Stellen will der Konzern in den kommenden Jahren in Europa abbauen – vor allem am Standort Köln. Dort endet im Juli die Produktion des Kleinwagens Fiesta, danach soll der Explorer vor Ort gefertigt werden. Doch in den Elektroautos werden weit weniger Teile verbaut, vor Ort braucht Ford darum auch weniger Personal. Gegenüber dem Handelsblatt hatte Deutschlandchef Sander zuletzt von „Gegenwind auf dem europäischen Automarkt“ gesprochen und damit die jüngste Sparrunde begründet.
Bei der Präsentation des neuen Elektro-Explorers stimmte Marketing- und Vertriebschef Christian Weingärtner die 1200 Mitarbeiter im Kölner Motorenwerk auf die Transformation ein. „Der Wettbewerb wird größer“, mahnte der Manager. Namentlich nannte er VW und Opel-Mutter Stellantis als Konkurrenten, die mit ihren Marken etwa viermal so groß wie Ford seien.
Statt dem Elektro-SUV einen neuen Namen zu geben, setzt Ford auf ein etabliertes Modell. Das Kompakt-SUV Explorer war schon als Verbrenner lange Zeit eines der profitabelsten Fahrzeuge des US-Autobauers. Größentechnisch ist der elektrische Nachfolger zwischen dem vollelektrischen SUV Mustang Mach-E und dem Fiesta-Nachfolger Puma anzusiedeln. Die Elektrovariante des kleinen SUV soll ab 2024 in Rumänien vom Band laufen. Und auch die Kooperation mit VW soll weitere Modelle hervorbringen. In Köln ist für das kommende Jahr ein weiteres vollelektrisches Ford-Modell auf MEB-Basis eingeplant.
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