Deutscher Klima-Kleber Christian Bläul will Tote „in unserem Stau ein Stück weit riskieren“


Ein deutscher Klima-Kleber kalkuliert in einer Dokumentation mit ein, dass Menschen in einem durch versperrte Straßen provozierten Stau sterben könnten.
München/Dresden – Es war ein tragischer Todesfall, der auch international für Aufsehen sorgte. Am 31. Oktober wurde eine Radfahrerin in Berlin von einem Betonmischer eingeklemmt und verstarb daraufhin. Gleichzeitig hatte Klima-Kleber der Protestgruppe „Letzte Generation“ in der Umgebung einen Stau verursacht, weswegen ein Spezialfahrzeug zum Anheben des LKW nicht zur Unfallstelle durchkam.
Klima-Kleber der „Letzten Generation“: Rettungseinsätze durch Staus im Straßenverkehr gefährdet
Laut der Berliner Feuerwehr hatte der Stau letztlich keinen Einfluss auf den Tod der Radfahrerin. Das stand offenbar in einem internen Vermerk der Feuerwehr, wie die Süddeutsche Zeitung berichtete. Die Entrüstung war in Teilen der deutschen Gesellschaft dennoch riesig, auch im Bundestag kam das Thema auf die Agenda. Die Klima-Kleber klebten sich in den darauffolgenden Tagen wieder auf die Straßen der Hauptstadt – und nicht nur dort.
Begleitet von neuerlicher Kritik, Rettungskräfte kämen durch die provozierten Staus nicht zu ihren Einsätzen. Oder dass zum Beispiel ein Krankenwagen mit einer Patientin oder einem Patientin in kritischem Zustand im Verkehr stecken bleibt. Ein bekannter Klima-Kleber aus Dresden hat nun in einem Video-Interview erklärt, er kalkuliere mögliche Todesfälle bei solchen Staus ein.
Im Video: „Letzte Generation“ wohl nicht schuld am Tod einer Radfahrerin in Berlin
„Eine Sache, auf die ich zumindest im Hinterkopf mental darauf vorbereitet bin, ist, dass in unserem Stau jemand stirbt. Das ist etwas, was wir zumindest ein Stück weit riskieren müssen“, erklärt Christian Bläul in der Dokumentation „Letzte Generation – Ein Jahr mit einem radikalen Klima-Kleber“ des erst 18-jährigen Filmemachers Benedict Bartsch. Diese ist bei YouTube abrufbar.
Klima-Kleber der „Letzten Generation“: Polizei Sachsen warnt vor Gefahren für Dritte
Die Polizei Sachsen übt deutliche Kritik an dieser Einstellung. „Diese Versammlungen haben erhebliche Auswirkungen auf Dritte“, sagt Jörg Kubiessa, Landespolizeipräsident von Sachsen, in derselben Doku: „Ich würde mir Sorgen machen, wenn ich Leute hören würde, die sagen: ‚Ich nehme auch eine Grenzüberschreitung in Kauf.‘ Und ich nehme auch in Kauf, dass es Gefahren für Dritte gibt. Das ist eine Sache, die mir Sorgen bereitet.“ Bläul rechtfertigte in dem Beitrag dagegen seinen klebenden Klima-Protest.
„Hey, ich bin Christian Bläul. Ich bin 41 Jahre alt, bin verheiratet und habe zwei Kinder. Eigentlich bin ich ein ganz schüchterner Mensch und scheu die Aufmerksamkeit“, meint Bläul am Anfang des Interviews: „Aber: Wir sind mitten in einer Klima-Katastrophe und den ‚Weiter-so-Pfad‘ kann ich nicht zulassen. Das kann ich nicht akzeptieren. Deswegen klebe ich mich auf Straßen. Deswegen bin ich Klima-Kleber.“ Er sei „zuversichtlich, dass wir als Dresden unseren kleinen Teil auch beitragen können“, sagt er zu den umstrittenen Protest-Aktionen der Klima-Kleber. Bläul liefert auch Einblicke, wie die „Letzte Generation“ bei einem Einschreiten der Polizei handelt.
Die Sachen, die polarisieren, über die besonders gesprochen wird, sind die wirksamsten.

„Wenn die Polizei kommt, wertet sie das erstmal als Versammlung. Deswegen dürfen wir erstmal bleiben. Nach einer Weile bekommen wir dann gesagt, dass wir wir auf den Fußgängerweg gehen sollen. Dem kommen wir dann nicht nach. Weil uns das Anliegen zu dringend ist“, erklärt er.
Klima-Kleber der „Letzten Generation“: Christian Bläul aus Dresden rechtfertigt Straßen-Aktionen
Bläul schildert, dass er früher für sich selbst entschieden habe, was gegen den Klimawandel zu tun. Deshalb ernähre er sich vegan und verzichte auf Flugreisen. Er habe darin aber letztlich keinen großen Einfluss erkannt. „Ich weiß nicht, ob politische Aktionen was verändern können. Ich weiß aber schon, dass es in der Vergangenheit funktioniert hat“, sagt er und meint: „Die Sachen, die polarisieren, über die besonders gesprochen wird, sind die wirksamsten. Das ist meine Theorie der Veränderung, dass wenn ein Thema richtig präsent ist, dass dann dazu auch positive Entscheidungen gefällt werden.“ (pm)