China will den Ukraine-Krieg unbedingt beenden

In der deutschen Politik gehen die Meinungen über die angekündigte Reise des chinesischen Präsidenten nach Moskau teils weit auseinander. „Die Allianz undemokratischer Staaten wird durch diesen Besuch gefestigt“, sagt der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt, der Berliner Zeitung.
Am Freitag hatten das chinesische Außenministerium und der Kreml einen dreitägigen Besuch von Xi Jinping in der russischen Hauptstadt angekündigt. Dort werde Chinas Staatschef am kommenden Montag den russischen Präsidenten Wladimir Putin treffen. Geplant seien ein Vieraugengespräch und ein informelles Abendessen, bevor es am Dienstag weitere Gespräche in größerer Runde geben werde.
„Es ist klar, dass Xi und Putin ein Bündnis der Unanständigen schmieden, das die internationale Ordnung hintertreiben will“, sagt der CDU-Politiker Hardt. Für ihn ist der Staatsbesuch ein Zeichen, das der Westen „endgültig als Weckruf begreifen“ müsse. Auch nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hatte sich China nicht von Russland distanziert.
Zwar legte Peking kürzlich einen 12-Punkte-Plan für die Beendigung des Krieges vor und bezeichnete den Einsatz von Nuklearwaffen als inakzeptabel. Allerdings sprach China am Freitag erneut von einer „grenzenlosen Freundschaft“ mit Russland. Die Frage ist also, ob und wie der chinesische Präsident auf Kremlchef Putin einwirken will, um eine Ende des Krieges in der Ukraine zu erreichen.
SPD-Politiker Roth bezeichnet China als Nutznießer des Ukraine-Kriegs
„Der Besuch wird keinen Beitrag zu Beendigung des Krieges leisten“, sagt Jürgen Hardt. Xi könne über den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen jederzeit eine seriöse Friedensinitiative einbringen. Das habe er bislang vermieden, so der CDU-Politiker.
Von russischer Seite hieß es am Freitag, dass eines der zentralen Gesprächsthemen die Vertiefung der „strategischen Zusammenarbeit“ beider Länder sein werde. Das erwartet auch der SPD-Außenpolitiker Michael Roth. „Und das trotz Russlands verbrecherischem Angriffskrieg gegen die Ukraine“, sagt der Bundestagsabgeordnete der Berliner Zeitung. Roth betont, dass Russland ohne die politische und wirtschaftliche Unterstützung durch China international isoliert und wirtschaftlich noch tiefer in der Krise wäre.
„Darüber hinaus liefert China weiterhin Dual-Use-Güter nach Moskau, die Russland bei seinem Angriffskrieg helfen“, sagt der SPD-Politiker. Dabei handelt es sich um Produkte, die zur zivilen Nutzung deklariert sind, aber auch militärisch verwendet werden können. China sei ein Nutznießer des Krieges, da es dem Land gelungen sei, Russland noch abhängiger von sich zu machen, so Roth weiter.
Grünen-Politiker Trittin: Brauchen demilitarisierte Zonen um AKW
Roth sieht den Staatsbesuch und die chinesischen Aussagen zum russischen Angriffskrieg als „Teil einer globalen Strategie, sich als verantwortungsvolle Friedensmacht zu positionieren, die die Interessen des Globalen Südens ernst nimmt“. China gehe es weniger um Frieden, sondern vor allem um seine weltpolitischen Ambitionen. „Nichtsdestotrotz würde ich es sehr begrüßen, wenn Präsident Xi nach seinem Besuch in Russland auch mit dem ukrainischen Präsident Selenskyj spräche.“
Das US-amerikanische Wall Street Journal hatte berichtet, dass der chinesische Präsident nach seiner Moskaureise auch Kiew besuchen wolle. Eine offizielle Bestätigung für ein Treffen mit Wolodymyr Selenskyj gibt es bislang nicht.
„Man muss Xi Jinping an den Maßstäben messen, die China in dem 12-Punkte-Papier selbst konstatiert hat“, sagt der außenpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Jürgen Trittin, der Berliner Zeitung. „Die Glaubwürdigkeit dieser Positionen wird sich daran messen, ob er Putin und seine nukleare Drohungen in die Schranken weist.“
In dem Papier heißt es unter anderem, dass Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Integrität aller Länder wirksam aufrechterhalten werden müssten. Auch fordert Peking, dass die „legitimen Sicherheitsinteressen aller Länder ernst genommen“ werden müssten – was nach Einschätzung von Diplomaten nur so verstanden werden kann, dass Russland sich gegen den Westen, also gegen die Nato mit den USA an der Spitze verteidige.
Der Grünen-Politiker Trittin sagt, Chinas Präsident müsse auf seinen Partner Putin einwirken, „dass endlich eine demilitarisierte Zone um die Atomkraftwerke wie zum Beispiel in Saporischja eingerichtet wird“. Trittin meint: Da Russland ein günstiger Rohstofflieferant für China sei, könne Peking kein Interesse an einer Fortführung des Ukraine-Krieges haben, der auch die russische Wirtschaft zunehmend destabilisiere.
Linke und AfD: China will Krieg in der Ukraine beenden
Er habe von Anfang an davor gewarnt, dass es eine Blockbildung von BRICS-Staaten gegen die USA und die Nato geben könne, sagt der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Gregor Gysi, der Berliner Zeitung. Zu der Vereinigung ehemaliger Schwellenländer gehören auch Russland und China. Der Besuch des chinesischen Präsidenten in Moskau unterstreiche diese Möglichkeit, sagt der Linke-Politiker. „Allerdings hoffe ich, dass auch über die Friedensbemühungen Chinas gesprochen wird.“
Gysi glaubt, dass China den Krieg unbedingt beenden wolle. „Es könnte schon deshalb Wirkung zeigen, weil Russland auf China mehr angewiesen ist als auf andere Staaten.“ Voraussetzung sei jedoch auch eine Übereinstimmung mit den USA, der Nato und der Ukraine, betont der Außenpolitiker.
Dass Peking und Moskau ihre strategische Zusammenarbeit ausbauen wollen, sei „ein Ergebnis der Ignorierung russischer Interessen seit Beginn des völkerrechtswidrigen Nato-Krieges gegen Serbien und auch der Verletzung von Interessen Chinas“, so Gysi weiter. „Allerdings ändern die vorher gemachten Fehler der Nato und der EU nichts daran, dass der völkerrechtswidrige Krieg Russlands gegen die Ukraine scharf kritisiert werden muss.“
Wie die Linke drängt auch die AfD auf mehr diplomatische Bemühungen für eine Beendigung des Ukraine-Krieges. Dabei kritisiert die Partei vor allem die Bundesregierung. Durch die Waffenlieferungen an die Ukraine trage Deutschland zu einer Eskalation des Kriegs bei, heißt es.
„Wir als Friedenspartei begrüßen jede diplomatische Anstrengung, den Krieg zu beenden“, sagt der außenpolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Petr Bystron, der Berliner Zeitung. „Wir hätten uns gewünscht, Olaf Scholz würde in der Tradition der großen Friedenskanzler Willy Brandt und Helmut Schmidt nach Moskau reisen und nicht das Feld den Chinesen überlassen.“
Bystron verweist darauf, dass das diplomatische Gewicht der Chinesen auch als Mittler zwischen verfeindeten Nationen immer größer werde. Das habe Peking zuletzt bei der Vermittlung zwischen Saudi-Arabien und dem Iran bewiesen. „Bei den Verhandlungen in Moskau kommt hinzu, dass China bereits einen großen Einfluss auf Russland hat. Xi und Putin kommen auch persönlich gut miteinander aus“, sagt Bystron.
Davon abgesehen, dass China ein politisches und wirtschaftliches Interesse an einem Ende des Krieges habe, wolle es einen gesichtswahrenden Ausweg für Russland. „Auch wünscht China keine Schwächung Russlands als Gegengewicht zu den USA“, sagt der AfD-Außenpolitiker. Überhaupt teilten beide Staaten das Interesse, „die unipolare, US-amerikanisch dominierte Weltordnung zu transformieren und eine eigene Hegemonie in Eurasien herzustellen“.