Brandenburg hat den höchsten Strompreis – wegen der vielen Windräder

Die Landesregierung kämpft dafür, dass auch Bundesländer mit weniger Engagement bei der Energiewende an den hohen Kosten beteiligt werden.

Windräder sind nicht bei allen beliebt.imago images
Mit Windrädern ist es ein wenig wie mit Lakritz. Entweder werden sie geliebt oder gehasst. Neutral verhalten sich da die wenigsten. Für die einen gehören Windkraftanlagen zu den wichtigsten Instrumenten der Energiewende: Sie sollen neben der Sonnenkraft die meiste regenerative Energie liefern, um spätestens 2038 aus der Kohleverstromung auszusteigen. Andere kämpfen gegen Windräder, protestieren gegen die „Verspargelung“ der Landschaft und bilden Bürgerinitiativen.
Dazu kommt noch eine finanzielle Ungerechtigkeit, die Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) nun angehen will: Es ärgert ihn, dass der Strompreis ausgerechnet in jenen Bundesländern hoch ist, in denen am meisten auf regenerative Energien gesetzt wird. Der Grund: Dort stehen so viele Windkraftanlagen.
Woidke sagt, dass das Land Brandenburg führend im Ausbau der regenerativen Energien sei. „Wir haben die höchste Produktion an Erneuerbarer Energie pro Kopf der Bevölkerung“, sagte er. „Aber aufgrund unseres guten Ausbaus haben wir auch mit Abstand die höchsten Strompreise in Deutschland.“ Das liegt an den sogenannten Netzentgelten, also den Kosten für den Anschluss der Windräder.
Der SPD-Mann sagt, dass für den Anschluss jedes Windrades an das Netz zwischen einer halben und einer Million Euro bezahlt werden müssen. Das Problem: Die Kosten werden nicht auf alle Bundesbürger umgelegt und damit die Lasten gerecht verteilt, sondern die Kosten für den Anschluss können nur auf jene Bürger umgelegt werden, die in den Gebieten wohnen, in denen die regionalen Stromproduzenten die Windräder aufstellen. Dass dadurch ausgerechnet die vorbildlichen Bundesländer die höchsten Strompreise haben, sei ein „klassischer Fehlanreiz“, sagte Woidke. Er müsste sich nun eigentlich zum Wohle der Brandenburger Bevölkerung für niedrigere Strompreise einsetzen und dafür, dass weniger Windräder gebaut werden.
Dreimal mehr Windräder als Bayern
Nach Angaben der Branche sind die Zahlen eindeutig. Von den bundesweit 29.663 Windkraftanlagen standen Ende April in Brandenburg 4123, im fast dreimal so großen Bayern sind es 1150.
Woidke rechnet vor, dass in Bayern, das viel weniger grünen Strom produziert, für jede Kilowattstunde 8,03 Cent Netzentgelt fällig sind, in Brandenburg seien es 12,88 Cent. Das seien 60 Prozent mehr. „Das muss sich endlich radikal ändern“, sagte Woidke. „Das macht mich wütend.“ Denn in Brandenburg seien nicht nur die Strompreise besonders hoch, sondern auch die durchschnittlichen Einkommen deutlich niedriger als in Bayern. Doch alle Versuche, in dieser Sache bei Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen weiterzukommen, seien bislang gescheitert.
Die Brandenburger Landesregierung will eine Veränderung. Nur so könne die Akzeptanz von Windrädern erhöht werden. Noch besser wäre es, wenn der Strom aus den Windanlagen nicht in die zentralen Netze eingespeist werde, sondern ganz regional verbraucht werde. Wenn an jeder Windanlage stünde: Unser Strom wird in der benachbarten Fabrik eingesetzt.
Der Protest gegen Windräder ist flächendeckend. In Brandenburg hatte sich schon vor Jahren die Volksinitiative „Rettet Brandenburg“ gegründet, in der sich mehr als 100 lokale Bürgergruppen zusammengeschlossen haben und die zum Beispiel dagegen protestieren, dass Windräder zu nahe an Siedlungen gebaut werden.
Brandenburg produziert schon jetzt 96 Prozent des im eigenen Bundesland verbrauchten Stroms aus regenerativen Quellen. Das Land könnte das Tempo bei der Energiewende auch drosseln. Doch Brandenburg will eine Energieregion bleiben und weiterhin Strom in andere Bundesländer exportieren. Deshalb soll die Lausitzer Kohleregion auf regenerative Energien umgestellt werden. Doch der weitere Ausbau wird schwierig, wenn die Regionen dadurch auch noch finanzielle Nachteile haben.