BASF erwartet Besserung frühestens im zweiten Halbjahr

Düsseldorf Der Chemiekonzern BASF hält nach einem vergleichsweise schwachen Jahresstart an seinen Zielen für 2023 fest. Allerdings ruhen alle Hoffnungen auf einer konjunkturellen Erholung im zweiten Halbjahr. „Erwarten Sie vom zweiten Quartal dieses Jahres nicht allzu viel“, sagte CEO Martin Brudermüller am Donnerstag im Vorfeld der Hauptversammlung des Dax-Konzerns.
BASF hatte zuvor ein Minus von 31 Prozent in der Gewinnentwicklung für die ersten drei Monate vermeldet, lag damit aber besser als die Markterwartungen. Die Lage der Weltwirtschaft sei aber weiterhin sehr unsicher, das erste Halbjahr „hart und zäh“, sagte der BASF-Chef. Er sprach von „stürmischen Zeiten“.
Die jüngste Stabilisierung der Nachfrage sei größtenteils darauf zurückzuführen, dass Konsumenten mehr Dienstleistungen nachfragten. Die Konsumgüternachfrage und die damit verbundene Industrieproduktion hingegen seien weiter verhalten, die Chemieproduktion weltweit im ersten Quartal deutlich rückläufig gewesen.
Die Verbraucher hielten sich vor allem in Europa wegen der hohen Inflation, der hohen Energiekosen und der unsicheren Entwicklung weiter zurück. Der vorsichtige Ausblick schreckte auch die Anleger. Der Aktienkurs von BASF gab bis zum Nachmittag um vier Prozent auf knapp 48 Euro nach und gehört damit zu den schwächsten Werten im Dax.
Dazu beigetragen haben Sorgen um künftige Dividendenzahlungen. Der freie Cashflow lag im ersten Quartal bei minus einer Milliarde Euro. Aus diesen frei verfügbaren Mitteln wird die Ausschüttung finanziert. BASF könnte gezwungen sein, für Dividendenzahlungen an die Substanz gehen zu müssen, kommentiert die Baader Bank.
Die Hoffnungen des Konzerns richten sich auf China und auf die globale Automobilindustrie. „Um die Nachfrage aus diesem Segment machen wir uns wenige Sorgen“, sagte Brudermüller. Anders sieht es in nahezu allen anderen Branchen, etwa in der angeschlagenen Bauindustrie und im Konsumgüterbereich aus.
Brudermüller verteidigt China-Investitionen von BASF
Im ersten Quartal sank der BASF-Umsatz um 13 Prozent auf 19,99 Milliarden Euro. Der bereinigte Gewinn brach um nahezu ein Drittel auf 1,93 Milliarden Euro ein. Das war deutlich besser als von Analysten erwartet. Allerdings zeugt dies nicht von einer breiten Stabilisierung im BASF-Geschäft, das nahezu alle Industrien weltweit beliefert.
Stark entwickelte sich nur das Agrarbusiness mit Saatgut und Pflanzenschutzmitteln. Die Autoindustrie war für BASF im ersten Quartal ebenfalls eine Stütze. Der Umsatz mit diesen Kunden legte um 5,7 Prozent auf 1,9 Milliarden Euro zu, auch der Gewinn verbesserte sich. In der Basischemie und bei Kunststoffen ging das Ergebnis um mehr als 60 Prozent zurück.
Regional gesehen kommen aus Europa und den USA – abgesehen von der Autoindustrie – aktuell wenige Impulse, spürt BASF. Die erwartete Besserung im zweiten Halbjahr werde vor allem von einer dynamischeren Nachfrage aus China getrieben. Brudermüller verteidigte vor diesem Hintergrund die hohen Investitionen von BASF in China. Der Konzern baut im Süden des Landes einen neuen Verbundstandort für die Belieferung der dortigen Industrie im Volumen von zehn Milliarden Euro und investiert in die Batteriechemie für Elektroautos.
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Investoren zeigten sich auf der Hauptversammlung am Donnerstag dem Konzern gegenüber kritisch eingestellt. Sie zielten auf die schwache Kursentwicklung im Vergleich zum Dax und anderen großen Chemiekonzernen. BASF sei nicht mehr das „Maß alles Dinge“ in der Chemie, sondern eher ein „träger Tanker“, sagte Arne Rautenberg, Fondsmanager von Union Investment. Aus Sicht der Fondsgesellschaft Deka agieren einzelne Wettbewerber in der Spezialchemie zum Teil deutlich profitabler als BASF.
Viele Aktionäre zeigten sich zudem besorgt wegen des starken China-Engagements und den damit verbundenen Risiken im Fall eines geopolitischen Konflikts mit China. Der russische Angriff auf die Ukraine habe gezeigt, wie schnell geopolitische Albträume Realität werden könne, sagte Rautenberg. „Doch Sie halten unbeirrt an Ihrer China-Strategie fest, die am Kapitalmarkt als Hochrisikostrategie gesehen wird.“ Auch die Fondsgesellschaft DWS unterstrich die „Risiken“.
Brudermüller äußerte in seiner Rede Verständnis für die Sorgen. „Wir haben die Chancen und Risiken unserer Investitionen in China tiefgehend analysiert, auch mit externen Fachleuten. Im Ergebnis bewerten wir die Chancen für BASF deutlich höher als die Risiken“, sagte er.
China seit schon jetzt der größte Chemiemarkt der Welt und wird in wenigen Jahren mehr Volumen auf sich vereinigen als Europa und die USA zusammen. Doch auch Nordamerika sieht BASF als Wachstumsmarkt, beflügelt von den Subventionen bei der Umstellung der dortigen Wirtschaft auf grüne Technologien.
Standort Deutschland bereitet BASF Sorgen
„Ein starkes Standbein in Wachstumsmärkten gleicht fehlendes Wachstum in Europa aus. Und damit finanzieren wir unsere Investitionen für eine klimaneutrale Zukunft weltweit“, rief Brudermüller den Aktionären zu. Heißt: Das Geld, das BASF vor allem für die Umstellung des riesigen Verbundstandorts Ludwigshafen braucht, wird im Ausland verdient.
„Unser Heimatmarkt macht uns zunehmend Sorgen. Die Profitabilität ist bei Weitem nicht mehr so, wie sie sein soll“, sagte Brudermüller. 2022 verbuchte BASF in Deutschland einen operativen Verlust von rund 130 Millionen Euro. Das Geschäft in China sei hingegen hochprofitabel.
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Der Konzern reagiert auf die Probleme in Ludwigshafen mit Kostensenkungen und einem Stellenabbau. Sehr energieintensive Produktionen wie etwa die von Ammoniak werden dauerhaft stillgelegt. Im ersten Quartal haben sich die Abschaltung und die technischen Schritte zur Einsparung von Erdgas ausgezahlt: Global sanken die Energiekosten von BASF im ersten Quartal um 700 Millionen Euro. Grundsätzlich sei das Niveau der Gaspreise aktuell aber noch drei- bis fünfmal so hoch wie im Schnitt von 2015 bis 2020.
Bei der seit Langem geplanten Trennung vom Öl- und Gaskonzern Wintershall Dea prüft der Konzern weiterhin verschiedene Optionen. „Ein Börsengang von Wintershall Dea bleibt unsere bevorzugte Alternative“, sagte Brudermüller. „Denkbar wäre auch ein Verkauf an Investoren.“ Für den Ausstieg seien noch viele Zustimmungen erforderlich, von Behörden und Joint-Venture-Partnern. „Wir sind aber sehr zuversichtlich, dass wir das in absehbarer Zeit schaffen.“