Atomkraft, nein danke, aber die Forschung nicht vergessen

Castorbehälter mit Brennelementen – Zwischenlager in Gorleben.
(Foto: imago images/photothek)
Düsseldorf Deutschland steigt aus der Atomkraft aus. Jetzt auch wirklich. Jahrzehntelang haben große Teile der Bevölkerung dafür gekämpft. Dabei war die Begeisterung Anfang der 50er-Jahre riesig, als es endlich gelang, elektrischen Strom aus Kernenergie herzustellen. Damals war noch die Rede von Atomautos und Minikraftwerken in Kellern von Einfamilienhäusern.
Ein paar Jahrzehnte später dann die Ernüchterung: Tschernobyl, radioaktiver Müll, Fukushima. Die Kernenergie ist die mit Abstand risikoreichste und eine der teuersten Technologien zur Erzeugung von Energie überhaupt – so viel steht fest.
Aber es gibt mittlerweile Ideen, die Atomenergie fast ohne radioaktiven Abfall versprechen. Und Forscher, die längst neue Wege zur Nutzung der Kernenergie untersuchen. Die Stichworte heißen Fusionskraft oder Small Modular Reactors. Ob sie jemals den Durchbruch schaffen? Schwer zu sagen.
Dass allein die Grundlagenforschung des Öfteren bahnbrechende Entdeckungen hervorbringen kann, hat die Wissenschaft allerdings mehr als einmal bewiesen. Die Entdeckung des Riesenmagnetowiderstands führte zum Beispiel zur Entwicklung von Festplatten mit Terabytekapazität. Auch der Laser ist ein Nebenprodukt der Grundlagenforschung.
Die Abschaltung der letzten drei Atomkraftwerke in Deutschland darf deswegen nicht das Ende der nuklearen Forschung hierzulande bedeuten. Und, nein, das soll jetzt bitte nicht als Appell für einen Weiterbetrieb der verbliebenen Kraftwerke verstanden werden.
Know-how im Land behalten
Während das Ende der Atomkraft laut Wirtschaftsminister Robert Habeck „unumkehrbar“ ist, fließen in anderen Ländern Milliarden in die Forschung neuer Kerntechnologien. Auch in Deutschland hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung erst Ende vergangenen Jahres eine eigene Expertengruppe zum Thema Fusionsenergie eingerichtet. An dem ersten Versuchsmodell eines Kernfusionsreaktors (Iter), der seit 2007 im Aufbau ist, ist Deutschland über die Europäische Union (EU) außerdem nach wie vor beteiligt.
Wenn es gelingt, das Know-how für den Umgang mit nuklearen Stoffen im Land zu halten, muss der Atomausstieg in Deutschland also nicht zwangsweise das Ende nuklearer Innovationen bedeuten. Dafür müssten allerdings Lehrstühle wieder besetzt, Ausbildungen gefördert und aussichtsreiche Start-ups finanziell unterstützt werden.
Wer weiß, vielleicht wird der Traum der Fusionsenergie wirklich irgendwann wahr – in 30 Jahren vermutlich. Vielleicht bietet die Forschung und Entwicklung dieser Idee aber auch noch ganz andere neue Möglichkeiten.
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