Archäologen stellen neue Funde aus Erding-West sowie das aktuelle Jahrbuch vor


Einmal mehr sind die Archäologen in Erding-West fündig geworden. Vor allem ein Fund ragt heraus.
Erding – Der älteste namentlich bekannte Erdinger könnte Serenianus oder Sereninus geheißen haben, aus der Römerzeit stammen und auf dem Gebiet des künftigen Industriegebietes Erding-West gesiedelt haben. Zumindest haben Archäologen diesen Namen gefunden, in eine Urne gekratzt. Möglicherweise hat er in einer Villa Rustica gelebt, der die Forscher weiter auf der Spur sind.
Dies ist nur ein Detail aus den umfangreichen Funden im Westen der Herzogstadt. Die wurden am Dienstagnachmittag im Museum Erding ebenso vorgestellt wie der druckfrische Sammelband „Das Archäologische Jahr in Bayern 2021“, herausgegeben vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege und der Gesellschaft für Archäologie in Bayern. Beides zeigt: Immer wieder neue Funde prägen den Ruf Erdings als „archäologischen Hotspot“, so Museumsleiter Harald Krause.
Das Jahrbuch geht auch auf die zwischen 2019 und 2021 entdeckten Funde – die Rede ist von etwa 70 Kisten – in Erding-West zurück, „und das, obwohl es keine konkreten Hinweise, sondern nur Vermutungen gab“, so Krause.
Untersucht wurde eine 19,5 Hektar große Fläche südlich der Dachauer Straße, die dem Neuburger Unternehmen VIB Vermögen AG gehört. Dabei wurden archäologische Befunde vom Spätneolithikum, etwa 4000 vor Christus, bis zur römischen Kaiserzeit, etwa 200 nach Christus, ausgegraben – laut Grabungsleiter Stefan Biermeier „dicht unter der Humusschicht“. Was das Ergebnis für die Forschung bedeutsam macht, sind 96 Gräber vom Beginn der Frühbronzezeit um 2200 vor Christus. Es handelt sich laut der Doktorandin Sabrina Kutscher um eine der größten frühgeschichtlichen Totenstädte („Nekropole“) in Süddeutschland. „Das war überraschend, weil es mit Ausnahme einiger Gräber in Langenpreising bislang dazu kaum etwa gab“, so Kutscher.
Biermeier berichtete, dass man im Bereich des geplanten Wertstoffhofes an der Sigwolfstaße auf Reste eine größere Besiedlung gestoßen sei. Wider Erwarten habe man wenige Zeugnisse auf die Römer gefunden.
Im Jahrbuch heißt es in einem eigenen Kapitel über die Grabung, dass der fruchtbare Boden auf der Westseite des Sempttals beste Siedlungsmöglichkeiten geboten habe. Der Itzlinger Graben habe über Jahrtausende Wasser für eine intensive Landwirtschaft geliefert. Nachweisbar sei eine durchgehende Besiedlung seit dem 4. Jahrtausend vor Christus. Mit Unterbrechung seien so lange auch Altenerding und Klettham bewohnt gewesen.
Bemerkenswert seien zudem die Grundrisse etlicher Totenhütten und die Pfostenreihen, die von einer komplexen Gräberfeldkonzeption zeugten. Entdeckt wurden zudem mehrere Gold und Silberringe als Grabbeilagen.
OB Max Gotz und Nicolai Greiner als Vertreter des Investors betonten das gute Miteinander. „Unser Vorhaben wurde nicht verzögert“, betonte Greiner. Die Funde gehen per Vertrag ins Eigentum der Stadt Erding über. Gotz äußerte den Wunsch, in dem neuen Industriegebiet einen weiteren „Ort der Erinnerung“ zu schaffen, um Geschichte erlebbar zu machen. Und Museumsleiter Krause kündigte an, dass die Dauerausstellung demnächst um die zahlreichen Funde in den vergangenen Jahren ergänzt werde. Zunächst einmal müssten die jüngsten davon aber wissenschaftlich aufgearbeitet werden. ham