Ampel-Einigung bei Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung

Mit Kompromissen will Robert Habeck sein umstrittenes Heizgesetz retten. Eine Einigung gab es nun beim Gesetz für kommunale Wäremplanung.
Update vom 30. Mai. 21.50 Uhr: Die Ampel-Koalition hat sich nach Angaben aus dem Bauministerium grundsätzlich auf ein Gesetz für kommunale Wärmepläne geeinigt. Der zuvor umstrittene Entwurf werde am Mittwoch zur Anhörung an die Bundesländer und an Verbände geschickt, sagte eine Ministeriumssprecherin am Dienstagabend. „Der bisherige Versendewiderspruch während der Ressortabstimmung wurde aufgehoben.“ Zuvor hatten FDP-geführte Ministerien Bedenken angemeldet.
Der Gesetzesentwurf ist eng mit dem umstrittenen Heizungsgesetz verknüpft und kann nun „in einer angemessenen Zeit beraten werden“, wie es aus dem Bauministerium hieß. Das Wärmeplanungsgesetz nimmt Länder und Kommunen in die Pflicht: Sie sollen in den kommenden Jahren konkrete Pläne vorlegen, wie sie ihre Heizinfrastruktur klimaneutral umbauen wollen. Für Großstädte sollen diese Wärmepläne bis Ende 2026 fertig sein, kleinere Städte sollen zwei Jahre länger Zeit haben. Dazu sollen unter anderem Netzbetreiber und Industrieunternehmen Daten zu Energieträgern und Verbräuchen bereitstellen.

Ende im Heizungsstreit? Habeck will sein Gesetz noch retten
Erstmeldung vom 30. Mai:
Berlin – In der Debatte um das umstrittene Heizungsgesetz will Robert Habeck (Grüne) einen Schritt auf die Koalitionspartner zugehen. Am heutigen Dienstag (30. Mai) trifft Habeck sich mit Abgeordneten aus SPD, Grüne und FDP, um Nachbesserungen beim Gebäudeenergiegesetz ausloten. Habeck hatte zuvor betont, er hoffe, dass die Diskussion nun „eine konstruktive, lösungsorientierte“ Richtung einschlage. Noch bevor es zum Gespräch kommt, erneuert FDP-Vize Wolfgang Kubicki seine Kritik am Heizgesetz.
Habeck will sein Gesetz retten – FDP stellt sich quer, Grüne wirft „Blockade“ vor
Kubicki stellte das Gebäudeenergiegesetz grundsätzlich infrage. „Es ist kein Geheimnis, dass die Freien Demokraten eine Lösung bevorzugen, die sich vornehmlich auf den Emissionshandel stützt“, sagte Kubicki den Funke-Zeitungen. Kubicki fügte hinzu, „wir bleiben aber für konstruktive Vorschläge, die sozialverträglich sind und keine Überforderung der Menschen verursachen, offen.“ Kubicki rief Habeck dazu auf, den von der FDP-Bundestagsfraktion eingereichten Fragenkatalog zum Heizungsgesetz schriftlich zu beantworten. Die Antworten müssten dann von der FDP-Fraktion bewertet werden.
Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge warnte die FDP davor, das Gesetz weiterhin zu blockieren. „Die FDP-Bundestagsfraktion sollte nun den Weg freimachen, damit wir endlich in ein ordentliches parlamentarisches Verfahren zum Gesetz einsteigen können“, sagte Dröge den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Kompromiss bei Heizgesetz: Änderung von Startzeit und „Fernwärmeoffensive“
Habecks Gesetzespläne zielen darauf, dass von Anfang 2024 an jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit Öko-Energie betrieben werden muss. Möglichst noch vor der Sommerpause soll das Regelwerk durchs Parlament. Nach mehrfacher Kritik hat Habeck im Heizungsplan Bereiche genannt, in denen „offensichtlich Nachbesserungsbedarf“ besteht.
So könnte es Spielraum beim Starttermin geben. Statt ab 1. Januar 2024 gleich für alle Gebäude zu gelten, könnte der Beginn zunächst nur für Neubauten greifen. Beim Altbaubestand könnte mehr Zeit eingeräumt werden. Auch bei den zugelassenen Heizungen gibt es wohl mehr Freiheiten, etwa bei der weiteren Nutzung von Holz oder Holzpellets. Besonders mit Blick auf die Städte, wo die Bebauung eng ist, will Habeck der Fernwärme eine größere Bedeutung zukommen lassen und sprach von „Fernwärmeoffensive“. Für schwierige Konstellationen will Habeck Förderungen und Ausnahmen von der Pflicht zum Heizungs-Umstieg ausbauen und „großzügiger“ sein.
Energieexperten kritisieren Heizgesetz und warnen vor Ansturm auf neue Öl- und Gasheizungen
Dass es Nachbesserungsbedarf gibt, gaben auch Energieexperten zu bekennen. Die Chefin des Energieverbands BDEW, Kerstin Andreae, kritisierte, dass nicht frühzeitig das Gespräch mit den Praktikern gesucht wurde. Vor allem die Infrastruktur sei bei den bisherigen Planungen zu wenig mitgedacht worden, sagte sie gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Sie forderte eine „substanzielle Verbesserung“ des Entwurfs.
Der Deutsche Städtetag hält den Aus- und Umbau kommunaler Wärmenetze für notwendig. „Es ist gut, dass Minister Habeck jetzt von einer Fernwärmeoffensive spricht. Dafür müssen dann auch die geplanten Förderprogramme noch einmal angepasst werden“, sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy der Rheinischen Post. Der Unions-Energieexperte Andreas Jung warnt angesichts der hohen Zahlen vor einem Ansturm auf neue Öl- und Gasheizungen bei weiterer Unklarheit über die Reform des Gebäudeenergiegesetzes. Habeck müsse an die Grundfesten seiner Wärme-Pläne ran, „allein mit dem Drehen an ein paar Schrauben des Heizungsentwurfs ist es nicht getan.“
Heizgesetz sorgt für Ampel-Zoff – Mehrheit fordert Scholz-Machtwort, Kühnert lobt Kanzler
Die Diskussion um Habecks Heizgesetz stieß auch bei vielen Bürgern auf Unzufriedenheit, wie sich in den Umfragewerten erkennen lässt. Im Sonntagstrend, den das Forschungsinstitut Insa wöchentlich für die Bild am Sonntag erhebt, erreicht die Partei nur noch 13 Prozent. 63 Prozent der Befragten seien der Meinung, dass Kanzler Olaf Scholz (SP) im Streit der Ampel-Koalition ein Machtwort sprechen solle.
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert verteidigte dagegen den Führungsstil des Kanzlers. „Gute moderne Führung besteht nicht darin, der lauteste Maxe zu sein“, sagte Kühnert am Dienstag (30. Mai 2023) im ZDF-Morgenmagazin. Wenn ein Regierungschef nur auf den Tisch haue, um zu zeigen, was für ein toller Hengst er sei, dann sei das Pseudostärke. „Es ist immer besser, wenn im parlamentarischen Verfahren gemeinsam ein Weg gefunden wird.“ Der Zeitpunkt für ein Machtwort des Kanzlers sei noch nicht gekommen, sagte Kühnert. (bohy/dpa)