5 bis 7 Tage Präventivhaft für Hooligans und Terrorverdächtige

Bodycams, Elektroschocker, längere Präventivhaft: In Berlin haben sich CDU und SPD auf ein schärferes Polizeigesetz geeinigt. Der Gesetzentwurf zum Sicherheits- und Ordnungsgesetz (Asog), der der Berliner Zeitung vorliegt, wird nun in den Ausschüssen behandelt und soll dann vom Abgeordnetenhaus beschlossen werden.
Die Novelle des Asog regelt unter anderem den Einsatz von Bodycams in Wohnungen, wenn die Polizei etwa wegen häuslicher Gewalt alarmiert wird. Für Polizisten und Betroffene soll Rechtssicherheit hergestellt werden, indem der Hergang eines Polizeieinsatzes per Videoaufzeichnung rekonstruiert werden kann.
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Bislang werden mit der Pre-Recording-Funktion an den Geräten mit dem Starten der Aufnahme auch die vorherigen 30 Sekunden aufgezeichnet. Das Pre-Recording soll nun auf maximal 60 Sekunden erweitert werden, um das Einsatzgeschehen besser nachvollziehen zu können.
Taser sollen den Gebrauch von Schlagstock oder Schusswaffe vermeiden
Die Befürworter von Bodycams hoffen zudem, dass diese deeskalierend wirken, wenn beide Seiten wissen, dass gerade gefilmt wird. Auch Betroffene können künftig von Polizisten verlangen, die Bodycam einzuschalten – das war ein Anliegen der SPD.
Neu geregelt wird im Gesetz über die Anwendung unmittelbaren Zwanges der Einsatz von Tasern. Diese „Distanzelektroimpulsgeräte“, wie sie korrekt heißen, verschießen zwei an Drähten hängende Pfeile. Treffen sie einen Menschen, kann der Bediener des Geräts einen Stromimpuls auslösen, der die Zielperson kurzzeitig lähmt. Taser, die seit vielen Jahren in Berlin lediglich im Probebetrieb sind, sollen künftig als Einsatzmittel die Lücke zwischen Schlagstock und Pistole schließen und somit den Schusswaffeneinsatz vermeiden helfen.
Das soll dem Umstand Rechnung tragen, dass auch der Einsatz eines Schlagstocks erhebliche Gesundheitsbeeinträchtigungen wie etwa Knochenbrüche verursachen kann, weshalb sich der Einsatz eines Tasers im Einzelfall auch gegenüber dem Gebrauch des Schlagstocks als das mildere Mittel darstellen könnte. Zudem dürfen Taser laut Gesetzentwurf nur gebraucht werden, wenn dadurch der Schuss- oder Hiebwaffengebrauch vermieden werden kann oder „wenn dies zur Verhinderung einer unmittelbar bevorstehenden Selbsttötung oder erheblichen Selbstbeschädigung der betroffenen Person erforderlich ist“.
SPD: Tagelange Präventivhaft für Klima-Kleber wäre unverhältnismäßig
Bei den Themen Bodycams und Taser entspricht die Gesetzesnovelle laut dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Burkard Dregger vollständig den langjährigen Forderungen seiner Partei. Beim Präventivgewahrsam musste seine Partei Kompromisse eingehen. Personen, von denen schwere Straftaten erwartet werden, können künftig auf richterliche Anordnung bis zu fünf Tage in sogenannten Präventivgewahrsam genommen werden. Dazu gehören etwa Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, Geiselnahme oder schwerer Landfriedensbruch.
Wenn Anhaltspunkte für eine Terrorgefahr vorliegen, sollen sieben Tage möglich sein. Ein Beispiel: Vor einigen Jahren hatte die Polizei mehrere Männer im Blick, die als islamistische Gefährder eingestuft waren und offenbar die Route des anstehenden Berlin-Marathons ausspionierten. Weil es aber an der rechtlichen Grundlage fehlte, konnten diese nicht mittels Präventivhaft vorübergehend aus dem Verkehr gezogen werden.
Bisher waren in Berlin maximal zwei Tage Präventivhaft möglich. Im Fall von Nötigung soll es dabei auch bleiben. Laut Dregger würden theoretisch auch Aktionen der Klima-Kleber der Letzten Generation darunter fallen, die derzeit immer wieder Straßen blockieren. „Wir wollten hier aber eine Differenzierung haben“, sagt der innenpolitische Sprecher der SPD, Martin Matz. Die Klima-Kleber würden meistens zu Geld- oder zu kürzeren Bewährungsstrafen verurteilt. Es sei deshalb unverhältnismäßig, Menschen wegen des Verdachts, dass sie wieder eine Blockade planten, tagelang einzusperren.
Ohnehin sind aus Sicht von CDU und SPD die viel wichtigeren Szenarien, vor denen Berlin geschützt werden muss, Terror oder schwerer Landfriedensbruch und Gefährdung von Leib und Leben, etwa durch Hooligans am Rande von Fußballspielen.
CDU, SPD und Polizeigewerkschaft sind zufrieden
Im Vergleich mit den Regelungen anderer Bundesländer liegt Berlin mit der neuen Höchstdauer des Gewahrsams weiterhin am unteren Ende der Skala. In anderen Bundesländern gilt zumeist eine höchstzulässige Dauer von vier bis zu 14 Tagen. Teilweise ist auch ein noch deutlich längerer Gewahrsam zulässig – etwa in Bayern mit einem Monat.
„Das jetzt erreichte Ergebnis entspricht fast vollständig den langjährigen Forderungen meiner Partei“, sagte Burkard Dregger der Berliner Zeitung, „Dinge, die jahrelang von Grünen und Linken verhindert wurden, werden wir jetzt nachholen.“ Und Martin Matz sagt: „Wir haben weitgehend umgesetzt, was im Koalitionsvertrag steht.“
Die geplanten Änderungen werden den Handlungsrahmen für Berlins Sicherheitsbehörden auf die realen Gegebenheiten anpassen und die Sicherheit verbessern, glaubt Stephan Weh, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei. „Die vereinbarten Regelungen entsprechen durchgehend unseren Erwartungen und werden in den Bereichen Häusliche Gewalt, Gewalt gegen Einsatzkräfte, Umgang mit psychisch erkrankten und unter Einfluss von Substanzen stehenden Menschen, Alltagskriminalität und Terrorismus sinnvolle praxistaugliche Gesetzesgrundlagen bieten.“
Lob kommt auch von der Deutschen Polizeigewerkschaft. Deren Landeschef Bodo Pfalzgraf begrüßt, dass der „Endlosprobelauf des Tasers“ beendet werde. „Bedauerlich ist, dass der Präventivgewahrsam nur bei schweren Straftaten oder mutmaßlichen Terroristen verlängert werden soll. Auch für Klimakriminelle wäre eine Änderung im Sinne einer Verlängerung sinnvoll gewesen.“