20 Jahre Irakkrieg: Keine Ermittlungen

Der Generalbundesanwalt wird nicht wegen möglicher Kriegsverbrechen im Irak ermitteln.

Häftlinge im Gefängnis Abu Ghraib, 35 Kilometer nordwestlich von Bagdad, am 20. Oktober 2002. AP
20 Jahre nach der Invasion einer westlichen Allianz im Irak teilt die Bundesregierung mit, dass der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (GBA) keine Ermittlungen gegen Angehörige der US-Streitkräfte oder gegen Angehörige verbündeter Staaten wegen des Irak-Kriegs führt. Es geht, so eine Anfrage der Linkspartei, um den Verdacht der Begehung von Kriegsverbrechen beziehungsweise von Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Zusammenhang.
Die Bundesregierung verweist in ihrer Antwort, die der Berliner Zeitung vorliegt, auf den Umstand, dass „sich die als Tatverdächtige in Betracht kommenden Personen nicht im Inland aufgehalten haben und ein solcher Aufenthalt auch nicht zu erwarten war“. Deutsche Soldaten seien an Kampfhandlungen im Irak seinerzeit nicht beteiligt gewesen. Rein rechtlich ist diese Bewertung nicht stichhaltig, da nach Ansicht von Juristen der Generalbundesanwalt auch ohne den Aufenthalt in Deutschland ein Ermittlungsverfahren hätte aufnehmen können.
Die Bundesregierung verweist auf die Tatsache, dass „mögliche Straftaten wegen Kriegsverbrechen im Zusammenhang mit dem Irak-Krieg vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) untersucht und verfolgt“ worden seien. Dieser habe nach Bekanntwerden entsprechender Vorwürfe gegen britische Soldaten umfangreiche Ermittlungen aufgenommen. Der IStGH sei in seinem Abschlussbericht zu dem Ergebnis gelangt, „dass zwar ein begründeter Verdacht bestehe, dass Angehörige der britischen Streitkräfte insbesondere von April 2003 bis September 2003 Straftaten gegen irakische Zivilisten im Irak begangen hätten“. Der IStGH habe jedoch nicht feststellen können, „dass die britischen Strafverfolgungsbehörden die Taten nicht, nur verzögert oder nicht mit der erforderlichen Sorgfalt verfolgen würden, sodass die Ermittlungen entsprechend Artikel 17 des Römischen Statuts des IStGH eingestellt wurden“.
Sevim Dagdelen, Obfrau im Auswärtigen Ausschuss, sagte der Berliner Zeitung, es sei „ein moralischer Offenbarungseid der Bundesregierung, dass Kriegsverbrechen von US-Soldaten in Deutschland nicht verfolgt wurden“. Wer nicht bereit sei, „den Angriffskrieg der USA und ihrer Verbündeten im Irak mit Hunderttausenden zivilen Toten ahnden zu lassen, der verliert international jede Glaubwürdigkeit“. Statt „weiterhin einen derart subalternen Umgang mit der US-Administration zu pflegen, muss sich die Bundesregierung endlich mit aller Kraft für die Freilassung des Journalisten Julian Assange einsetzen, dem wegen der Enthüllung von US-Verbrechen im Irak-Krieg 175 Jahre Gefängnis in den USA drohen“.
Im Zusammenhang mit dem russischen Angriff auf die Ukraine hatte der Generalbundesanwalt aufgrund des Weltrechtsprinzips bereits am 8. März 2022 ein Strukturermittlungsverfahren eingeleitet.