Wegen 400 Euro Nutzungsgebühr: Schaftlacher Leichenhaus bleibt leer


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Von: Christina Jachert-Maier

Das neue Leichenhaus auf dem Schaftlacher Friedhof wurde zu Allerheiligen 2019 fertiggestellt. Doch genutzt wird es fast gar nicht.
Das neue Leichenhaus auf dem Schaftlacher Friedhof wurde zu Allerheiligen 2019 fertiggestellt. Doch genutzt wird es fast gar nicht. © Stefan Schweihofer

Die Gemeinde Waakirchen hatte eine halbe Million Euro ins Leichenhaus auf dem Schaftlacher Friedhof investiert. Jetzt wird es so gut wie nicht genutzt – wohl wegen 400 Euro Nutzungsgebühr.

Schaftlach – Die Grundsatz-Entscheidung, das alte Schaftlacher Leichenhaus mit Walmdach und Glockentürmchen abzureißen, fiel schon 2014 in der Amtszeit von Bürgermeister Sepp Hartl (FWG). Im Rathaus gingen damals viele Beschwerden über den Zustand des alten Gemäuers ein: Es werde den Bedürfnissen nicht gerecht. Die Planung zog sich, gleiches galt für die Fertigstellung.

Im Sommer 2018 stand die gerade begonnene Baustelle monatelang still. Bürgermeister Hartl entzog dem ursprünglich beauftragten Bauleiter-Büro das Projekt und engagierte ein neues Team. „Da war von Anfang an der Wurm drin“, erinnert sich der jetzige Bürgermeister Norbert Kerkel (FWG), der damals dem Gemeinderat angehörte. Die Ewigkeitsbaustelleauf dem Friedhof sorgte für reichlich Spott. Als der schmucke Neubau, wie sein Vorgänger mit einem Glockentürmchen ausgestattet, zu Allerheiligen 2019endlich eingeweiht werden konnte, schien ein schwieriges Kapitel einen glücklichen Abschluss gefunden zu haben.

Nutzungsgebühr zu hoch: Sarg wird meist nur unters Vordach gestellt

Aber dem ist nicht so. Das neue Leichenhaus, berichtet Kerkel, werde so gut wie gar nicht benutzt. Er kennt auch den Grund: Die Nutzungsgebühr von 400 Euro ist den Hinterbliebenen einfach zu teuer. „Aber das sagt natürlich keiner“, meint Kerkel. In der Praxis sei es aber so, dass der Sarg bei Beerdigungen meist unter das Vordach der Aussegnungshalle gestellt werde. Das kostet nichts. Ansonsten bleibe der Sarg bis zur Beerdigung beim Bestatter, beim Gottesdienst stehe er oft in der Kirche. „Das machen die Allermeisten so“, berichtet Kerkel. Nicht nur in Schaftlach, auch in Waakirchen. Das dortige Leichenhaus hat die Gemeinde sanieren lassen. „Wir haben beide Friedhöfe schön hergerichtet“, meint Kerkel. Die Gebühr für die Nutzung der Leichenhäuser ist in beiden Orten gleich hoch.

Defizit beim Friedhofs-Betrieb „Wir dachten erst, das liegt an Corona“

Dass die von den Bürgern sehr gewünschten Neuerungen auf den Friedhöfen nach Fertigstellung nicht genutzt werden, hatte die Gemeindeverwaltung nicht erwartet. „Wir dachten erst, das liegt an Corona“, berichtet Kerkel. Doch nun sei die Pandemie schon eine Weile vorbei, das Nutzungsverhalten habe sich aber nicht geändert. Geblieben ist ein Defizit, weil die Kalkulation, die der Friedhofssatzung zugrunde liegt, nicht aufgeht. Bei der Bürgerversammlung sprach Kerkel von 60 000 Euro.

Wie hoch die Nutzungsgebühr fürs Leichenhaus vor dem Neubau war, kann Kerkel nicht mehr genau sagen. „Aber es war deutlich günstiger.“ Angesichts der Gesamtkosten einer Beerdigung halte er den Betrag für vertretbar – und den Neubau nicht für überzogen. Der Ort, an dem man sich von den Verstorbenen verabschiede, solle eine würdige Feier ermöglichen, findet Kerkel: „Der sollte schon ein bisschen was hermachen.“

„Wir müssen das Problem lösen“: Fachbüro soll Kalkulation überarbeiten

Klar ist: Das aufgelaufene Defizit kann die Gemeinde nicht einfach so schlucken. Der Betrieb eines Friedhofs muss kein Geld einbringen, aber kostendeckend sein. „Wir müssen das Problem lösen“, weiß Kerkel. Dabei will sich die Gemeinde von einem Fachbüro helfen lassen. Nur ungern wolle er die Kosten auf die Grabstätten umlegen, meint Kerkel. Die Gebührensatzung müsse zudem rechtssicher sein. Darum, so der Bürgermeister, werde man wohl Experten mit der Überarbeitung der Satzung beauftragen.

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Quellenlink https://www.tz.de/muenchen/region/zu-teuer-leichenhaus-bleibt-leer-92332806.html