„Vegetation ist zwei Wochen zurück“


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Erst viel Regen, jetzt viel Sonne: Das hat die Wiesen kräftig wachsen lassen. Unser Bild zeigt einen Landwirt in Oberbierbach beim Graswenden. Am Horizont lugt der Kirchturm Großwimpasing hervor.
Erst viel Regen, jetzt viel Sonne: Das hat die Wiesen kräftig wachsen lassen. Unser Bild zeigt einen Landwirt in Oberbierbach beim Graswenden. Am Horizont lugt der Kirchturm Großwimpasing hervor. © Peter Bauersachs

Erst zu nass, jetzt zu trocken: Die extreme Wetterlage hat Folgen für die Landwirtschaft. Die Vegetation ist zwei Wochen zurück. Jetzt bräuchte das Korn Wasser, um zu keimen.

Landkreis – Die Landwirte im Landkreis haben mit großen Herausforderungen zu kämpfen. Auf den Dauerregen folgt seit zwei Wochen anhaltende Trockenheit. Auch Gärtnereien und Hobbygärtner sind von diesem Wetterumschwung betroffen. Wie wirkt sich das auf Ertrag und Ernte aus?

So viel Niederschlag wie sonst in einem Monat: „Das ist so früh selten“

„Starkregen hat es immer gegeben, aber diese Ereignisse nehmen in den letzten Jahren zu“, erklärt Josef Schächtl, Sachgebietsleiter im Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Ebersberg-Erding. Ihm zufolge ist mit „70 bis 80 Liter pro Quadratmeter“ in kürzester Zeit so viel Niederschlag gefallen wie sonst in einem ganzen Monat. „Das ist so früh selten“, sagt er. Normalerweise rechne man erst im Juni oder Juli mit derartigen Niederschlagsereignissen. Doch anders als in den vergangenen Jahren gab es heuer ein „nasses, feuchtes Frühjahr“, wodurch sich der Boden vollsaugen konnte.

Die Landwirte mussten sich deshalb in Geduld üben. Denn durch einen verfrühten Arbeitseinsatz wäre es zu einer Bodenverdichtung in tieferen Schichten kommen, die sich negativ auf das Pflanzenwachstum auswirken könnte. Normalerweise werden insbesondere Mais, Kartoffeln und Sojabohnen im Frühjahr angebaut und sind am stärksten von anhaltenden Niederschlägen betroffen. So ist man aktuell bei der Aussaat von Mais „zwei bis drei Wochen, teils sogar vier Wochen später dran“, sagt Schächtl, gibt aber gleichzeitig Entwarnung. „Mit einer günstigen Witterung im Sommer und Herbst kann der Mais das kompensieren.“

Regen hat alles verzögert: Landwirtschaft mit geringerem Ertrag

Doch die Landwirte, die das kurze Schönwetter-Fenster vor den Regen-Ereignissen genutzt haben, kämpfen nun mit einer Kruste auf den Feldern, die maschinell aufgebrochen werden muss.

BBV-Kreisobmann Jakob Maier berichtet von Maisfeldern, die nach der Aussaat erneut umgebrochen und neu angesät werden mussten. Teilweise seien die Landwirte dabei auf frühreife Sorten ausgewichen, bei denen mit einem geringeren Ertrag zu rechnen sei. Maier erklärt, der Regen habe alles verzögert. „Die Vegetation ist circa zwei Wochen zurück.“

„Man muss es nehmen, wie’s kommt“: Niederschlag sorgt für Probleme

Zusätzlich sei es durch die andauernde Nässe zu Strukturschäden gekommen. Doch „man muss es nehmen, wie’s kommt, Geduld haben und individuelle Entscheidungen treffen“, so Maier. Optimal war das Wetter für den Grünlandschnitt. Und auch die „Winterkulturen stehen gut draußen“, hat der BBV-Kreischef beobachtet.

Allerdings hat sich viel Arbeit angestaut, weil die Felder so lange nicht befahren werden konnten. Um die verlorene Zeit aufzuholen, werde oft bis in die Nacht gearbeitet. „Jetzt wäre es wichtig, wieder etwas Regen zu bekommen“, sagt Maier. Denn das Korn benötigt Wasser, um zu keimen.

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Auch in den Gärtnereien hat sich durch den vielen Regen einiges nach hinten verschoben. Zwar hat Andrea Hagl „die Frühlingsblumen gut verkauft“. Doch diese hat es „komplett verwaschen“. Deshalb kaufen viele Kunden die Sommerblüter dieses Jahr deutlich früher. Von einem wirklichen Schaden geht die Inhaberin der Gärtnerei Hagl in Erding bisher nicht aus.

„Jetzt kommen alle gleichzeitig“: Gärtnereien bemerken Auswirkungen auf das Geschäft

Vielmehr merke man bereits seit der Pandemie den Trend zum Selbstversorger. Denn Obst und Gemüse aus dem Supermarkt ist teuer, weshalb die Gärtnerei mit der Arbeit aktuell fast nicht mehr nachkommt. „Auf einem guten Weg, das, was uns der April gekostet hat, wieder reinzuholen“, sieht sich Claudia Warneke. Die Staudenmeisterin der Erdinger Gärtnerei Strohmair und Hirsch rechnet damit, dass nach den Pfingstferien vermehrt gepflanzt wird.

Einige Kunden haben sich sogar selbst um die früh gekauften Setzlinge gekümmert, und auch in der Gärtnerei kann man die widrigen Witterungsbedingungen gut meistern: „Deshalb wird kein Topf weggeschmissen.“ In der Dorfener Gärtnerei Gauster haben die Kunden anfangs deutlich verhaltener eingekauft. Doch Inhaber Robert Gauster ist sich sicher: „Sobald das Wetter schön ist, wird das aufgeholt.“

Aus seiner Sicht hätte Kälte eine viel größere Auswirkung auf die Pflanzen, der Regen dagegen sei sogar gebraucht worden. Auch fürchtet er nicht, dass es zu einem deutlichen Verzug bei der Ernte kommen wird. „Das frühe Gemüse verschiebt sich vielleicht um zwei Wochen“, sagt Gauster. Bei Gurken, Tomaten und Paprika beginne die Pflanzung sowieso erst Ende Mai. Auf Gurkenpflanzen geben es aktuell sogar einen regelrechten Ansturm. „Jetzt kommen alle gleichzeitig“, sagt der Gärtnermeister.

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Quellenlink https://www.tz.de/muenchen/region/erding-vegetation-ist-zwei-wochen-zurueck-92332971.html