München: “Weil Du mir gehörst” am Tams – München


Im August 2013 wird Saskia von ihrem Lebensgefährten Winfried B. in Traunstein durch mehrere Messerstiche getötet. Er wird wegen Totschlags verurteilt, nicht wegen Mordes. Saskia ist die Cousine des Münchner Schauspielers Burchard Dabinnus. Ihn lassen die Tat und das Urteil nicht los. Er beginnt mit Hilfe der Journalistin Tatjana Thamerus zu recherchieren und fördert immer mehr Puzzlestücke einer grausamen Geschichte zutage: Winfried B. hat ein Leben lang seine Partnerinnen misshandelt und auch getötet. Im Bayerischen Rundfunk veröffentlichen Dabinnus und Thamerus 2020 einen siebenteiligen True-Crime-Podcast. Dieser macht einen fassungslos: Jahrelang versagte das System, es schützte die Frauen nicht, es lieferte sie vielmehr aus. So konnte Winfried B. in den Achtzigerjahren in Wien die Wohnung seiner Partnerin zertrümmern, sie vergewaltigen – er wurde trotzdem aus der Haft entlassen, besorgte sich eine Waffe und erschoss sie.

Für Dabinnus ist der Podcast nicht das Ende der Auseinandersetzung. Am Theater am Sozialamt (Tams) hat er nun den Abend “Weil Du mir gehörst. Die Gesichter des Winfried B.” eingerichtet. Er funktioniert als pars pro toto: Anhand der Schicksale der Frauen, denen Winfried B. das Leben zerstört oder genommen hat, wird fassbar, was sonst in Statistiken steckt, etwa: In Deutschland wird alle drei Tage eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet. Wovon die Zahlen aber nicht erzählen, ist von diesem üblen Gemisch aus Wegschauen, Zulassen, Verbrüderung mit dem Täter, männlichem Machtgehabe und Besitzansprüchen, das die Taten ermöglicht. Das wird auf der Bühne greifbar.

Marion Freundorfer, Pia Kolb, Catalina Navarro Kirner, Olaf Becker und Arno Friedrich teilen sich im Tams die Täter- und Opferrollen. Einzelne Elemente seiner Recherchen hat Dabinnus klug montiert. Die Details werden nüchtern erzählt, Handgreiflichkeiten, Angstzustände angedeutet, kurze Szenen angenehm zurückhaltend gespielt. Die Tatsachen sind krass genug, die Inszenierung setzt nicht auf Schock, bedient nicht die voyeuristischen Interesse einer Reality-TV-Sendung. Bedrohlich fühlt sich die Szenerie dennoch an, schutzlos darin die Frauen. “Weil Du mir gehörst” ist ein starker Dokumentartheater-Abend, der über sich hinausweist – und dessen erschreckende Details nachwirken.

Weil Du mir gehörst, bis 19. Nov., Tams, Haimhauserstr. 13 a, Telefon: 34 58 90



Quellenlink https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-tams-weil-du-mir-gehoerst-burchard-dabinnus-kritik-1.5683749