Mehrfamilienhaus als Flüchtlingsunterkunft? Landrat bereitet sich wohl auf Ärger vor


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Von: Hans Moritz

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In Straßberg bei St. Wolfgang könnte eine größere Asylunterkunft entstehen. Doch derzeit riecht es nach Streit zwischen Landkreis, Gemeinde und Investor. Bürgermeister darf nicht reden Landrat will keine Traglufthallen © J. Furch

Der Landkreis Erding muss jeden Monat 100 Geflüchtete aufnehmen. Da ihm die Unterkünfte ausgehen, erhöht er den Druck auf die Gemeinden. In Straßberg könnte eine neue größere Asylunterkunft entstehen.

St. Wolfgang – Im November vergangenen Jahres hat der Gemeinderat am südöstlichen Ortsrand nahe der B 15 und der Goldach einen Bebauungsplan für den Bereich Straßberg beschlossen. Das Areal ist knapp 12 000 Quadratmeter groß. Vorgesehen sind gut 70 Wohneinheiten als Reiheneinzelhäuser und Geschosswohnungsbau. Dahinter steht das Unternehmen Bayerische Liegenschaften mit Sitz in Erding. Und eben hier in Straßberg könnte eine – größere – Asylunterkunft entstehen.

Informationen unserer Zeitung bestätigte am Donnerstag Landrat Martin Bayerstorfer (CSU). Bürgermeister Ullrich Gaigl (FW) informierte am Mittwochabend den Gemeinderat in nicht-öffentlicher Sitzung. Danach war er zu einem Gespräch mit unserer Zeitung nicht bereit – Nachrichtensperre. Vermutlich ist der Gemeinderat nicht einverstanden beziehungsweise fürchtet den Zorn der Anwohner. Gaigl dazu nur: „Kein Kommentar.“

Mehrfamilienhaus soll als Unterkunft für Geflüchtete vermietet werden

Das steckt dahinter: Weil dem Landreis die Unterkünfte ausgehen, hat sich Matthias Huber, Abteilungsleiter Landkreisaufgaben im Landratsamt, selbst auf die Suche begeben – indem er im gesamten Erdinger Land nach grundsätzlich bebaubaren Grundstücken Ausschau gehalten hat. So stieß er auf das Bebauungsplangebiet Straßberg. Ende Januar hat Huber nach unseren Recherchen den Bürgermeister kontaktiert. Der nannte ihm die Bayerischen Liegenschaften als Investor. Die wiederum soll Interesse an einer Vermietung gezeigt haben.

Das heißt: Die Erdinger würden in St. Wolfgang bauen und eines der Mehrfamilienhäuser – von der Größe ist noch nichts bekannt – dem Landkreis als Flüchtlingsunterkunft vermieten. Ein Sprecher des Unternehmens bestätigte dies auf Anfrage.

Gemeinde kann alternativ andere Wohnungen, aber auch Turnhallen anbieten

Huber und Bayerstorfer ist es wichtig, dass die Gemeinden bereits im Vorfeld in Überlegungen mit einbezogen werden. Die Kreisverwaltung stellt auch klar, dass es Sache des Eigentümers sei, was und wie er baut. Sie könne nur das anmieten, was ihr angeboten werde.

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Nach einem unserer Zeitung vorliegenden Schreiben an den Bürgermeister und alle Gemeinderäte, das erst dieser Tage versandt worden ist, zu urteilen, scheint man im Landratsamt den Ärger in St. Wolfgang zu ahnen. Denn dort heißt es, dass der Landkreis das Angebot in Straßberg nicht annehmen müsse, sollte die Gemeinde alternative Unterbringungsmöglichkeiten anbieten, etwa Wohnungen und Häuser, aber auch Turnhallen und Bürgersäle.

St. Wolfgang hat erst wenige Geflüchtete aufgenommen – Landrat will Spannungen vermeiden

St. Wolfgang gehört zu den Gemeinden, die noch nicht allzu viele Flüchtlinge aufgenommen haben. Laut Fachbereich Asyl sind es derzeit 22, darunter sechs Fehlbeleger sowie zwei weitere Geflüchtete, die privat untergekommen sind. Mit einer an der Einwohnerzahl errechneten Aufnahmequote von 34 Prozent liegt St. Wolfgang laut Ausländerbehörde „deutlich unter“ dem Landkreisdurchschnitt.

Bayerstorfer stellt noch einmal klar, „dass ich weiterhin auf Turn- und vor allem Leichtbauhallen mit mehreren hundert Bewohnern als Quartiere verzichten will.“ Das sorge nur für Spannungen – bei Bewohnern wie Nachbarn.

Auch andere Gemeinden wie Neuching an der Aufnahme Geflüchteter beteiligen

Bewegung gibt es auch in anderen Gemeinden. Wie berichtet, hat Neuching mit seinem CSU-Bürgermeister Thomas Bartl noch nie Geflüchtete aufgenommen. Nun soll im Gewerbegebiet Lüßwiesen einen Platz für Wohncontainer ausgewiesen werden.

Kuriosität am Rande: Um das Baugebiet Straßberg wird schon seit Jahren gerungen, unter anderem gab es Probleme wegen der Hochwassergefahr. Ausgerechnet das Landratsamt war es, das im Aufstellungsverfahren Zweifel an der Notwendigkeit einer so üppigen Bebauung geäußert hatte.

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