Kritik: das Preiträgerkonzert des ARD-Musikwettbewerbs – München


So bunt gemischt in der Besetzung wie die alljährlichen Preisträgerkonzerte des ARD-Musikwettbewerbs waren auch klassische Konzerte im 19. Jahrhundert: Symphonie und Streichquartett, Solokonzert und ein paar Arien nebeneinander! Entscheidender Unterschied dürfte sein, dass seinerzeit alle Werke aus einer Epoche und damit meist von Zeitgenossen stammten.

Heute reicht das Spektrum beim ersten Preisträgerkonzert im Prinzregententheater von der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts mit Carl Philipp Emanuel Bachs Konzert für Flöte, Streicher und Basso continuo d-Moll Wq 22 bis zum Ende des 20. Jahrhunderts mit “Capriccio da camera” von Bernhard Krol (1920-2013). Damit konnten die beiden dritten Preisträger in zwei von einem Dutzend Fächern brillieren, für die der ARD-Wettbewerb das international Wichtigste darstellt: also in diesem Jahr Flöte und Posaune.

Leonie Virginia Bumüller spielte nicht zuletzt im stürmisch dahinrasenden Finale überragend das Bach’sche Flötenkonzert, immer im perfekten Flow mit dem Münchner Rundfunkorchester unter Leitung von Christian Reif, der ohne Stab, aber mit sehr sprechender Gestik und Handhaltung einen sprühend vorklassischen Ton aus dem Orchester kitzelte. Nur sieben Instrumente bilden das Mini-Orchester für den spanischen Posaunisten Roberto de la Guía Martínez: Flöte, Bassklarinette, Fagott, Horn, Trompete, Klavier und Kontrabass. In vier Sätzen verströmt das Oktett inklusive der Posaune als Primus inter pares so richtig gute Laune und bietet für den Solisten jede Menge Gelegenheiten, solistisch und als Kammermusiker zu überzeugen.

Auf ganz andere Weise verzauberte das Quartet Integra aus Japan – wie schon im zweiten Durchgang – mit Robert Schumanns a-Moll-Quartett op. 41 Nr. 1. Mit einem großartigen Spektrum an Farben und Ausdruck wurden sie den Innenwelten des Komponisten gerecht, immer auf dem schmalen Grat zwischen zu viel Expression und zu schönem Klang. Dass sie am Ende den zweiten Preis und den Publikumspreis errangen, beglaubigten sie hier aufs Schönste.

Zum Beschluss spielte Johannes Obermeier wie schon im Semifinale das Konzert für Klavier und Orchester Nr. 19 F-Dur KV 459 von Wolfgang Amadé Mozart. Würde er alleine eine Sonate spielen, wäre das vielleicht berückend, aber mit Orchester so verhalten, ja solipsistisch zu agieren, erzeugt permanent den Eindruck von Monochromie, und man möchte den 24-jährigen, vielseitig interessierten Münchner, der gut Saxofon spielt, BWL studiert und Komposition, immer mal schütteln und ihm sagen: Wage mehr, spiele plastischer und farbiger mit mehr Mut zum Risiko, du kannst es doch!



Quellenlink https://www.sueddeutsche.de/muenchen/preistraeger-konzert-ard-musikwettbewerb-prinzregententheater-muenchen-1.5657897