In diesem Zelt feiert die Welt


Zum 50. Mal hat die Käfer-Schänke auf dem Oktoberfest heuer geöffnet. Gerd Käfer feierte 1971 mit der urigen Almhütte Premiere – seitdem ist sie das Lieblingsziel von Stars und Sternchen aus aller Welt.
Es waren fünf ganz besondere Minuten in Michael Käfers Leben: „Als Bill Clinton zu Gast war, haben wir uns in etwa so lange unterhalten“, erzählt der 65-Jährige. „Er gab mir das Gefühl, mein bester Freund zu sein.“ Unvergessen ist auch der Wirbel, der bei dem Besuch des ehemaligen US-Präsidenten im Jahr 2018 herrschte. „Das war ein Gefühl wie im Film“, erinnert sich der Gastronom. Acht Mann vom Secret Service oberservierten jede Ecke und alle Fluchtwege seiner Wiesn-Schänke. Was folgte, war dann doch ein ganz normaler Abend – dort, wo man ja seit jeher eine hohe Promi-Dichte gewohnt ist. Clinton kam in Lederhose, trank ein Bier, aß Hendl.
50 Jahre ist es heuer her, dass Michael Käfers Vater Gerd die Schänke auf der Wiesn eröffnete – wenn man die beiden „verlorenen“ Corona-Jahre abzieht. Spontan hatte die Stadt 1971 Ersatz für einen überraschend gestorbenen Wirt gesucht. Seitdem feiern hier Normalos neben Hollywood-Größen, Politikern aus aller Welt und Fußballern des FC Bayern.

1995 übernahm Michael Käfer die Schänke von seinem Vater, 2006 funkte es dann genau hier zwischen ihm und seiner heutigen Ehefrau Clarissa. Ein Goldenes Buch führen die Käfers nicht. „Erinnerungen sind viel mehr wert“, sagt Clarissa Käfer und erzählt, wie sie zuletzt Apple-Geschäftsführer Timothy Cook eine Führung an der Bavaria gegeben hat. „Dass die Welt hier zu Gast ist, lieben wir so sehr an der Wiesn.“
Gerd Käfers Vision: Kein Zelt, aber eine Almhütte auf dem Oktoberfest
Unterm Jahr schlummert die verwinkelte Almhütte in 100 000 Einzelteile zerlegt in 150 Containern und 20 Sattelaufliegern. „Der Aufbau dauert drei Monate und ist eine noch größere logistische Herausforderung als bei den großen Festzelten“, erklärt Michael Käfer. Im ersten Jahr war die Schänke nur sechs auf zehn Meter groß und für 65 Personen ausgelegt. „Da war sie in acht Tagen aufgebaut und lagerte im Speicher von Freunden.“

Es war Gerd Käfers Vision, kein Zelt, sondern eine Hütte auf der Wiesn aufzubauen. Der damals 38-Jährige hatte sich gerade mit seinem Party-Service einen Namen gemacht und bat den Schreiner Karl Rauffer, ihm ein altes Bauernhaus aus dem Chiemgau vor dem Schottenhamel-Festzelt aufzubauen. Dort stand die Schänke zwei Jahre lang, zog dann an ihren heutigen Platz und wuchs.

„Unterhalb der Bavaria war die Wiesn früher aus“, erinnert sich Käfer, der ab 1973 als Teenager mithalf. Die Randlage war Grund dafür, dass die Käfers bis ein Uhr nachts ausschenken durften. Die Konzession gilt bis heute.
Käfer-Schänke punktet mit Kulinarik
„Neben dem urigen Ambiente, hatte mein Vater die Schänke von Anfang an als Restaurant konzipiert“, erklärt Käfer. Das kulinarische Gesamt-Angebot auf der Wiesn beschränkte sich in den 70er-Jahren noch auf Hendl, Brezn und Bier. Bis heute setzt die Käfer-Schänke auf exklusive Küche, Klassiker aber auch Hasenfilet, Ganserlkragen und Scampi können bestellt werden.
Nach 50 Jahren sind Michael und Clarissa Käfer sicher, dass die Schänke auch am 100. Geburtstag noch in Familienhand sein wird. Ihre zwölfjährigen Zwillinge Nikolas und Raphael können es schon jetzt kaum abwarten, bis wieder Wochenende ist – und sie an der Kaffeeausgabe fleißig mithelfen können. (sco)
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