Eine Ode an die legendäre Autofahrt von München nach Italien


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Von: Lucas Sauter Orengo

Über den Brenner nach Italien: Für viele Generationen bedeutete das die Sehnsuchtsfahrt in den Urlaub. Das Gefühl hält bis heute an.
Über den Brenner nach Italien: Für viele Generationen bedeutete das die Sehnsuchtsfahrt in den Urlaub. Das Gefühl hält bis heute an. © IMAGO / Frank Sorge, IMAGO / UIG

Die Autofahrt von München nach Italien: Seit Generationen Sinnbild grenzenloser Freiheit. Von Garmisch, über Innsbruck, den Brenner, Trentino bis nach Italien. Eine Ode an die legendäre Sehnsuchtsreise. 

„I“. Auf dem Autobahn-Schild, kurz nach München, steht es bereits angeschrieben. Weiß umrandet. Wie ein Denkmal. „I“ – Italien. Da ist man also, auf dem Weg in die andere Welt. Die Welt, die nicht erst am Ziel beginnen wird. Sie beginnt jetzt. Mit dem Bauchkribbeln, das dieses magische „I“ auf dem Schild bei Reisenden seit Generationen auslöst. Schon die Großeltern packte, trotz beschwerlicher Fahrt entlang von endlosen Pässen, die Faszination nach dem leichten Leben im nahen, und doch so fernen Süden. Seit Jahrzenten reihen sich seitdem die Blechlawinen Richtung Stiefel Jahr für Jahr neu ein.

Dann geht es also wieder los. Kaum die Stadtgrenze verlassen, ist der Alltag in der Heimat schon ganz weit. Direzione Brennero auf dem Weg nach Italien – die Sehnsuchtsreise auf vier Rädern, sie kann beginnen.

Reise in eine andere Welt: Eine Ode an die legendäre Autofahrt von München nach Italien

Die ersten Kilometer sind geschafft. Die Verpackung der noch vor Abfahrt gekauften Brezn – wie ein Relikt der gefühlt längst weit entfernten Heimat – wartet darauf, aufgerissen zu werden. Das Leben ist jetzt ein anderes. Es geht nicht mehr um Samstagseinkäufe, Bürotermine oder verregnete Feierabende. Das Leben will jetzt gelebt werden. Der Kauf der Vignette kurz vor Österreich, er ist keine Last. Zwölf Euro für ein besseres Leben.

Knapp zwei Stunden rollt das vollbepackte Auto, so wie bereits in den 1960er Jahren, gen Süden, schon knarzt bereits das Radio zwischen Innsbruck und Brenner. Die ersten Laute italienischer Stimmen mischen sich in den Frequenzbereich. „Traffico nel Brennero“ – auf Kilometer 170 lösen kaum verständliche Verkehrsdurchsagen mehr Emotionen aus als ein Solo von Luciano Pavarotti.

Die Europabrücke passiert, der Brenner erklommen. Benvenuti in Trentino-Südtirol. Jetzt ist die Zeit reif: Der erste Kaffee, das erste Panino, es will genossen werden. „Arrividerci“, die Verabschiedung an der in die Jahre gekommene Raststätte, die Begegnung mit dem ersten „Einheimischen“, sie geht leicht von den Lippen. Das in Plastik verpackte Brötchen, belegt mit Schinken und Käse – selten war eine Stärkung reichhaltiger für die Seele, als für den Magen.

Von München nach Italien: Der Beginn einer wunderbaren Reise

Jetzt fehlt nicht mehr viel. Verona, das südliche Alpentor, das Pendant zur bayerischen Landeshauptstadt im Norden, es ist nicht mehr weit. Das Meer, das süße Leben, ab dann in greifbarer Nähe. Kilometer für Kilometer verändert sich um einen herum die Landschaft. Zwischen Bolzano und Trient begleiten einen keine Fichten und Tannen mehr. Die ersten robusten Palmen mischen sich zwischen Weinhänge. Grüne Autobahnschilder haben die blauen aus dem alten Leben längst abgelöst. Milano? Bologna? Venezia? Falsch abzubiegen wäre jetzt kein Fehler mehr, es wäre der Beginn einer wunderbaren Reise.

Kilometer für Kilometer werden die Berge flacher, die Landschaft hat sich jetzt fast gänzlich verändert. Keine 80 Kilometer mehr bis zum Ziel. Schnell lässt man, entlang am letzten Zipfel des Gardasees, endgültig die heimisch anmutende Berglandschaft zurück. Die letzten Kilometer, ein Tanz mit dem Leben. Ausfahrt der Autostrada, die letzte Maut will bezahlt werden. „Grazie“ wirft einem der Angestellte nach Zahlung hinüber. Nein, man hat selbst zu danken. Das „I“, es hat einen nicht falsch geleitet. All die Jahrzehnte über schon nicht. Das Leben in der anderen Welt, es kann einmal mehr beginnen.

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Quellenlink https://www.tz.de/muenchen/stadt/urlaub-italien-urlaub-muenchen-reise-brenner-auto-verona-92417604.html