Ein Star, der sich nicht wichtig nahm


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Von: Elisabeth Schlammerl

Sorgte für ihre Liebsten: Das Glück ihrer Familie war für Rosi Mittermaier immer das Wichtigste – hier kocht sie mit Sohn Felix.
Sorgte für ihre Liebsten: Das Glück ihrer Familie war für Rosi Mittermaier immer das Wichtigste – hier kocht sie mit Sohn Felix. © Imago

Rosi Mittermaier ist tot. Der Ski-Star starb im Alter von 72 Jahren. Eine Autorin erinnert sich an eine Begegnung in Garmisch-Partenkirchen.

Garmisch-Partenkirchen – Der erste Termin hat sich fast angefühlt wie ein Besuch bei Freunden. Er war bei Rosi Mittermaier daheim in Garmisch-Partenkirchen. Sie und ihr Mann Christian Neureuther baten ins Esszimmer an den Tisch mit der Eckbank. Der Anlass war ein Jubiläum. 20 Jahre zuvor hatte sie bei den Olympischen Winterspielen in Innsbruck die Abfahrt und den Slalom gewonnen, war zur Gold-Rosi geworden für eine ganze Nation.

Rosi Mittermaier fand eigentlich nicht, dass dieser Jahrestag eine größere Erwähnung verdienen würde. Aber sie erzählte dann doch von damals, kam von einem zum nächsten, und was ihr nicht einfiel, fügte Christian Neureuther hinzu. Es war mehr Unterhaltung als ein Interview für diese Zeitung, und die Stunden vergingen. Irgendwann war Mittagszeit, die Kinder kamen von der Schule. Wie selbstverständlich wurde man gebeten, zum Essen zu bleiben. Dass es nur kalten Schweinebraten gab, war Rosi Mittermaier auch Jahre danach noch peinlich.

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Als Felix Neureuther 2010 sein ersten Weltcuprennen gewann, sorgte sie sich erst einmal um seine Gesundheit

Am Mittagstisch saß auch ein fröhlicher Bub von knapp zwölf Jahren, Sohn Felix. Er versuchte, eine mittelprächtige Schulaufgabennote dem Papa als Erfolg zu verkaufen. Es gelang ihm nicht ganz. Die Mama sah das etwas entspannter. Die fand sowieso, es sei viel wichtiger, dass es Felix gut ginge, dass er gesund und glücklich sei.

Langjährige Wegbegleiterin von Rosi Mittermaier: Unsere Autorin Elisabeth Schlammerl.
Langjährige Wegbegleiterin von Rosi Mittermaier: Unsere Autorin Elisabeth Schlammerl. © Marcus Schlaf

Das war Rosi Mittermaier. Kein getriebener Mensch, der sich über Medaillen und Trophäen definierte. Sie suchte nicht den Erfolg, aber vielleicht gerade deshalb fand der Erfolg sie. Als Felix Neureuther 2010 in Kitzbühel sein ersten Weltcuprennen gewann, sorgte sie sich erst einmal um dessen Gesundheit, weil er in dünnen Turnschuhen lange im Schnee stehen musste. Dass er gewonnen hatte, aus dem Schatten der so erfolgreichen Mama getreten war, spielte in diesem Moment überhaupt keine Rolle. Rosi Mittermaier sah immer in erster Linie den Menschen und dann erst den Sportler oder die Sportlerin.

Immer das Positive zu sehen, ist auch etwas, was bleibt von Rosi Mittermaier

Seine Frau, sagte Christian Neureuther vor ein paar Jahren, sei „das Wertvollste, was mir der Sport gegeben hat“ – stets freundlich, immer bescheiden, geerdet, offen und mit einer riesigen Herzlichkeit gesegnet. Bei den vielen Gesprächen im Esszimmer oder auch einmal auf der Terrasse bei Kaffee und Kuchen mit Blick auf die Zugspitze ging es meistens ums Skifahren, aber oft einfach über die Menschen, über Freundschaften, über das Leben. Sie habe viel Glück, sagte Rosi Mittermaier oft. Ein schlechtes Wort über andere war nur ganz, ganz selten zu hören. Immer das Positive zu sehen, ist auch etwas, was bleibt von Rosi Mittermaier.

Wenn Rosi Mittermaier von ihrer Kindheit erzählte, leuchteten ihre Augen noch mehr als sonst. Obwohl sie mittlerweile weit gereist war, viel gesehen und erlebt hatte, schien sie immer ein wenig die Rosi von der Winklmoosalm geblieben zu sein. Auf dem Schoß vom Papa hatte sie in einem Hotel im Skigebiet 1954 das Finale der Fußball-WM 1954 gesehen. Später wurde der Kapitän der Mannschaft, Fritz Walter, ein guter Freund der Familie.

Leben, Karriere, Familie: Das ist Skilegende Rosi Mittermaier

Die Tage von Innsbruck haben Rosi Mittermaiers Leben verändert, aber nicht sie selbst. Als sich anlässlich ihres 70. Geburtstages Verwandte und Freunde aus Reit im Winkl einen Bus mieten wollten, um mit ihr eine kleine Party zu feiern, lehnte sie ab, fuhr mit ihrem Christian lieber in die Berge. Den Rummel um sich wollte sie nicht. Sie sagte damals, sie habe doch jeden Tag Geburtstag, „weil es mir gut geht“. Rosi Mittermaier nahm sich nie wichtig. Und war gerade deshalb ein Vorbild.

Garmisch-Partenkirchen trauert um Rosi Mittermaier: Der Wintersportort hat nicht nur eine Ski-Ikone verloren, sondern ebenso eine große Sympathieträgerin. Freunde und Wegbegleiter beschreiben „Gold-Rosi“, die im Alter von 72 Jahren nach schwerer Krankheit gestorben ist, als einen Menschen, der bodenständig, hilfsbereit und herzlich war.

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