Circus Krone distanziert sich – Mieteinnahmen werden gespendet


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Von: Lia Stoike

Daniele Ganser
Daniele Ganser wird in München auftreten © Andreas Weihs/Imago

Daniele Ganser gilt als hochumstritten. Dennoch wird er am Donnerstag, 11. Mai, im Circus Krone Bau auftreten. Jetzt distanziert sich die Familie von Ganser.

Update vom 11. Mai, 13.51 Uhr: Die Erfolgsaussichten einer Absage der Veranstaltung mit Daniele Ganser hat die Familie Lacey-Krone bereits Anfang der Woche juristisch von zwei Anwaltskanzleien prüfen lassen. „Wie bereits in ähnlich gelagerten Fällen in anderen Städten bestehen danach jedoch auch in München keine Erfolgsaussichten für eine Kündigung des Mietvertrages mit der Veranstaltungsagentur“, teilt die Familie Lacey-Krone über die Website des Circus Krone mit. Auch eine Untersagung durch eine gerichtliche Anordnung ist nicht möglich.

Kein Verbot von Ganser-Auftritt möglich: Familie Lacey-Krone will Mieteinnahmen spenden

Die Veranstaltung um Daniele Ganser, für die ein Mitarbeiter des Circus Krone Bau ohne Wissen der Familie Lacey-Krone vermietet hat, wird somit am heutigen Donnerstag, 11. Mai, stattfinden. Dennoch zieht die Familie Konsequenzen daraus. „Die Familie Lacey-Krone wird die Mieteinnahmen aus der Verpachtung des Krone-Baus für eine gemeinnützige Einrichtung spenden, die gemeinsam mit der Stadt München ausgewählt werden soll.“ Diese sind laut Familie Lacey-Krone die einzigen Einnahmen, die der Circus aus diesem Event erhält. Weiter teilt die Familie mit, dass sie die Anschauungen des Herrn Ganser nicht teilt.

Circus Krone Bau Manege
Die Manege des Circus Krone Baus wird regelmäßig für Events bereitgestellt. So auch für den Auftritt von Daniele Ganser am heutigen Donnerstag, 11. Mai. (Symbolbild) © dpa/Peter Kneffel

Update vom 9. Mai, 13:51 Uhr: In einer Stellungnahme der Familie Lacey-Krone gegenüber tz.de distanziert sich diese klar von dem Plan, Daniele Ganser im Circus Krone Bau auftreten zu lassen. Die Familie lege Wert auf die Feststellung, dass sie sich mit den Anschauungen des Herrn Ganser „ausdrücklich nicht gemein macht“. „Derzeit lässt die Familie daher juristisch prüfen, ob eine Unterbindung dieser Veranstaltung möglich wäre.“

Die Entscheidung für den Auftrit habe ein Mitarbeiter eigenständig getroffen, der für die Vermietung der Halle in Zeiten verantwortlich sei, in denen sich der Circus auf Tournee befinde. Der Circus Krone fungiere hierbei zudem nicht als Veranstalter, veräußere somit auch keine Tickets, sondern stelle lediglich den Circus-Bau zur Verfügung.

Erstmeldung vom 9. Mai, 11:14 Uhr: München – Ein Mann spaltet Deutschland in zwei Lager: Die einen jubeln ihm zu, feiern ihn für das, was er vor Menschenmassen ausspricht – andere wollen ihn genau deshalb nicht mehr auf die Bühne lassen. Gemeint ist Daniele Ganser, ein Schweizer, der sich selbst als Historiker und Friedensforscher bezeichnet, aber für Verschwörungstheorien und antisemitische Äußerungen in die Kritik geraten ist. Er wird am Donnerstag, 11. Mai, im Circus Krone Bau München auftreten. Ein Verein möchte das verhindern. Doch der Veranstalter zeigt keine Einsicht.

Verschwörungstheoretiker Daniele Ganser tritt in Circus Krone Bau auf – Herbe Kritik

„Wir kritisieren das entschieden“, stellt der Verein München ist bunt auf seiner Facebook-Seite klar. Grund hierfür seien Gansers verschwörungsideologischen und antisemitischen Aussagen. Beispiele seien NS-Vergleiche während der Covid-Pandemie. Ungeimpfte seien nach Gansers Aussagen behandelt worden, wie Juden und Jüdinnen im Dritten Reich. Auch andere Holocaust-Relativierungen habe Daniele Ganser öffentlich geäußert. Darüber hinaus relativiert er auch den russischen Vernichtungskrieg gegen die Ukraine. „Er behauptet, Schuld am Krieg seien die USA und die NATO, unter anderem durch die Osterweiterung“, so München ist bunt.

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Fachbegriffe kurz erklärt

Was sind Verschwörungstheorien? Verschwörung bedeutet, dass Menschen sich im Verborgenen zusammen tun, ohne, dass es die Gesellschaft mitbekommt. Diese Menschen nennt man Verschwörer. Gemeinsam wollen sie ein Ziel erreichen. Dieses Ziel schadet oft anderen Menschen. Deshalb wird es geheim gehalten. Eine Verschwörungstheorie ist eine Vermutung über solche Vorgänge. (Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung)

Was ist Antisemitismus? Kurz gesagt, handelt es sich um Judenfeindschaft oder Judenhass. Dabei hat Antisemitismus mit realen Menschen, nichts zu tun. Er entsteht unabhängig von ihrem tatsächlichen Verhalten. Nach Definition der International Holocaust Remebrance Alliance ist Antisemitismus „eine bestimmte Wahrnehmung von Juden. Diese dominiert, anstatt die Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit wahrzunehmen. (Quelle: Antisemitismus Beauftragte)

Wie gefährlich diese Theorien sein können, stellte die Geschäftsführerin der Liberalen Jüdischen Gemeinde Hannover, gegenüber der Jüdischen Allgemeine klar: „Verschwörungserzählungen sind keine Meinung, sondern spalten die Gesellschaft und greifen unsere demokratischen Grundwerte an. Zudem muss man sich bewusst sein: Es kann Antisemitismus geben ohne Verschwörungserzählungen, aber nicht umgekehrt.“ Der Verein München ist bunt führt zudem auf, dass auch Demokratieforscher Daniele Ganser als gefährlich einstufen. „Daniele Ganser ist in rechtsextremen Medien wie dem Magazin Compact vertreten.“ Er trat außerdem auf der „Anti-Zensur-Koalition“, einer Bühne für Holocaust-Leugner und Verschwörungstheoretiker, auf.

Wegen Antisemitismus und Verschwörungstheorien: Verein fordert Absage von Gansers Vortrag

Der Verein erklärt deshalb ausdrücklich: „Wir fordern die Verantwortlichen auf, die Veranstaltung abzusagen.“ Das durchzusetzen, dürfte eine Herausforderung werden. In Hannover konnte Gansers Auftritt trotz reger Proteste und kritischer Stimmen nicht verhindert werden. Ebenso scheiterten Nürnberg und Dortmund bei diesem Vorhaben. Zuvor hatte der Bayerische Antisemitismus-Beauftrage Dr. Ludwig Spaenle betont: „Auch in einem demokratischen Staat, in dem die Meinungsfreiheit ein hohes Gut darstellt, müssen die demokratischen Räume verteidigt werden. Verschwörungsideologen verfolgten nur das eine Ziel, die Gesellschaft zu spalten, um schlussendlich die Demokratie zu zerstören.“

Die von der Stadt geförderte Fachinformationsstelle Rechtsextremismus in München (Firm) verweist auf Gansers Vernetzung im verschwörungsideologischen Milieu, berichtet kürzlich die Süddeutsche Zeitung (SZ). Leiterin Anne Wild sagt gegenüber der SZ: „Es ist unverständlich und gefährlich, wenn ihm für seinen Auftritt im Circus Krone eine große Bühne geboten wird, als ob es sich um einen ganz alltäglichen Redner handelt. Die Verantwortlichen helfen ihm so dabei, seine Verschwörungserzählungen zu normalisieren.“ Die Reaktion des Veranstalters auf diese Kritik wirkt ernüchternd.

Veranstalter zu Daniele Gansers Auftritt: „Eine ganz normale Veranstaltung“

Es handele sich um „eine ganz normale Veranstaltung“, so Georg Klötzing gegenüber der SZ, in punto Gansers Auftritt im Circus-Krone-Bau. Die Veranstaltungsplanung liegt in Klötzings Händen. Zuvor habe man sich „schlau gemacht“, auch bei der Polizei und dem Kreisverwaltungsreferat. Hier geht es aber weniger um die inhaltliche Ausrichtung, das sei lediglich eine Meinung, sondern darum, dass die Vorträge „sehr gesittet und ruhig“ verlaufen sein, so Klötzing gegenüber der SZ.

Hinweise auf antisemitisches Gedankengut sowie Verschwörungstheorien sind auch nicht auf der Veranstaltungswebsite zu finden. Hier wird Ganser als „Historiker und Friedensforscher, spezialisiert auf internationale Zeitgeschichte seit 1945“ dargestellt. Seine Vorträge werfen laut Circus Krone Bau „einen Blick hinter die Kulissen“, so auch sein Vortrag „Warum ist der Ukraine-Krieg ausgebrochen“, am kommenden Donnerstag.

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Quellenlink https://www.tz.de/muenchen/stadt/auftritt-verhindern-zirkus-krone-bau-muenchen-verein-daniele-ganser-92265291.html